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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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Zweyter Abschnitt. Von kleinern
haben. Eine Anhöhe, die etwas über die Waldung emporragt, und wovon das Au-
ge einen Theil der Jagdplätze überschauen kann, scheint die vortheilhafteste Lage zu
seyn. Weil man in dieser Jahreszeit die Erwärmung der Sonne liebt, so müssen
die Fenster zum reichen Empfang ihrer Strahlen angelegt seyn. Das Gebäude ver-
langt keine Pracht, nur Bequemlichkeit und einen mäßigen Grad von Zierlichkeit.
Die gemeinen Verzierungen von Hirschgeweih und Jagdhörnern können mit feinern
Sinnbildern, mit mythologischen Vorstellungen, die auf die Jagd eine Beziehung
haben, vertauscht werden. Eine Venus in der rührenden Stellung, da sie ihren
schönen von einem Eber auf der Jagd getödteten Adonis, ein Opfer seiner Unvor-
sichtigkeit, beklagt, ist wenigstens eine viel mehr anziehende Vorstellung, als ein über
der Thüre gemaltes Windspiel. Am meisten interessant müssen hier Gemälde seyn,
die Handlungen des Mitleidens gegen Thiere vorstellen, und den Menschen von der
rohen Jagdlust wieder zu sanftern Gefühlen zurückrufen.

Zu den Ergötzungen des Vogelfangs können ebenfalls in herbstlichen Revieren
besondere Gebäude bestimmt werden. Ihre Lage muß einsam, von Gebüschen um-
schlossen seyn; Bäume und Sträucher mit Beeren, welche die Vögel lieben, empfeh-
len sich hier zu einer Pflanzung, die zugleich das Auge ergötzt. Ein kleiner ruhiger
Bach dient nicht blos zur Verzierung, sondern auch zum Bedürfniß. Das Gebäude
kann aus einem einfachen Lustkabinetchen bestehen; es bedarf gar keines Umfangs:
denn man verweilt da nur in einigen Stunden, um die kleinen Anstalten zum Fang
vorzubereiten, und ihre Wirkung zu belauschen. Das Kabinet muß ein leichtes und
luftiges Ansehen haben. Man muß sich auf versteckten Gängen unvermerkt zu ihm
heranschleichen können.

Die Vogelhäuser, worinn man allerley lebendiges Geflügel erzieht, sind be-
kannt, und waren schon bey den Römern üblich. Sie erfordern vornehmlich Grün,
frisches Wasser, Schatten, und einen nicht zu feuchten und kalten Ort; man über-
zieht sie mit einem Gitter von Drath, das so hoch seyn kann, daß Bäume darunter
bequem emporwachsen können. Ein kleiner Springbrunnen erhält das Wasser frisch,
und trägt zur Belebung bey. In einem Kabinetchen zur Seite kann man die ver-
schiedene Haushaltung der Familien beobachten. Für einheimische Sangvögel ist
ein Vogelhaus doch immer ein unverdientes Gefängniß.

Eine reinliche aber nachläßig gebauete Hütte oder ein freyes Lusthäuschen, das
nur Pfeiler anstatt zugemachter Wände, nur ein beschützendes Dach hat, würde zu
den Belustigungen des Fischfangs dienen. Es kann ein so sorgloses hingeworfenes
Werk seyn, daß es gar keine Verzierungen verstattet, daß man schon zufrieden ist,
wenn es nur nicht zu sehr gegen alle Richtigkeit der Verhältnisse anstößt. Es muß

weg

Zweyter Abſchnitt. Von kleinern
haben. Eine Anhoͤhe, die etwas uͤber die Waldung emporragt, und wovon das Au-
ge einen Theil der Jagdplaͤtze uͤberſchauen kann, ſcheint die vortheilhafteſte Lage zu
ſeyn. Weil man in dieſer Jahreszeit die Erwaͤrmung der Sonne liebt, ſo muͤſſen
die Fenſter zum reichen Empfang ihrer Strahlen angelegt ſeyn. Das Gebaͤude ver-
langt keine Pracht, nur Bequemlichkeit und einen maͤßigen Grad von Zierlichkeit.
Die gemeinen Verzierungen von Hirſchgeweih und Jagdhoͤrnern koͤnnen mit feinern
Sinnbildern, mit mythologiſchen Vorſtellungen, die auf die Jagd eine Beziehung
haben, vertauſcht werden. Eine Venus in der ruͤhrenden Stellung, da ſie ihren
ſchoͤnen von einem Eber auf der Jagd getoͤdteten Adonis, ein Opfer ſeiner Unvor-
ſichtigkeit, beklagt, iſt wenigſtens eine viel mehr anziehende Vorſtellung, als ein uͤber
der Thuͤre gemaltes Windſpiel. Am meiſten intereſſant muͤſſen hier Gemaͤlde ſeyn,
die Handlungen des Mitleidens gegen Thiere vorſtellen, und den Menſchen von der
rohen Jagdluſt wieder zu ſanftern Gefuͤhlen zuruͤckrufen.

Zu den Ergoͤtzungen des Vogelfangs koͤnnen ebenfalls in herbſtlichen Revieren
beſondere Gebaͤude beſtimmt werden. Ihre Lage muß einſam, von Gebuͤſchen um-
ſchloſſen ſeyn; Baͤume und Straͤucher mit Beeren, welche die Voͤgel lieben, empfeh-
len ſich hier zu einer Pflanzung, die zugleich das Auge ergoͤtzt. Ein kleiner ruhiger
Bach dient nicht blos zur Verzierung, ſondern auch zum Beduͤrfniß. Das Gebaͤude
kann aus einem einfachen Luſtkabinetchen beſtehen; es bedarf gar keines Umfangs:
denn man verweilt da nur in einigen Stunden, um die kleinen Anſtalten zum Fang
vorzubereiten, und ihre Wirkung zu belauſchen. Das Kabinet muß ein leichtes und
luftiges Anſehen haben. Man muß ſich auf verſteckten Gaͤngen unvermerkt zu ihm
heranſchleichen koͤnnen.

Die Vogelhaͤuſer, worinn man allerley lebendiges Gefluͤgel erzieht, ſind be-
kannt, und waren ſchon bey den Roͤmern uͤblich. Sie erfordern vornehmlich Gruͤn,
friſches Waſſer, Schatten, und einen nicht zu feuchten und kalten Ort; man uͤber-
zieht ſie mit einem Gitter von Drath, das ſo hoch ſeyn kann, daß Baͤume darunter
bequem emporwachſen koͤnnen. Ein kleiner Springbrunnen erhaͤlt das Waſſer friſch,
und traͤgt zur Belebung bey. In einem Kabinetchen zur Seite kann man die ver-
ſchiedene Haushaltung der Familien beobachten. Fuͤr einheimiſche Sangvoͤgel iſt
ein Vogelhaus doch immer ein unverdientes Gefaͤngniß.

Eine reinliche aber nachlaͤßig gebauete Huͤtte oder ein freyes Luſthaͤuschen, das
nur Pfeiler anſtatt zugemachter Waͤnde, nur ein beſchuͤtzendes Dach hat, wuͤrde zu
den Beluſtigungen des Fiſchfangs dienen. Es kann ein ſo ſorgloſes hingeworfenes
Werk ſeyn, daß es gar keine Verzierungen verſtattet, daß man ſchon zufrieden iſt,
wenn es nur nicht zu ſehr gegen alle Richtigkeit der Verhaͤltniſſe anſtoͤßt. Es muß

weg
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[38/0042] Zweyter Abſchnitt. Von kleinern haben. Eine Anhoͤhe, die etwas uͤber die Waldung emporragt, und wovon das Au- ge einen Theil der Jagdplaͤtze uͤberſchauen kann, ſcheint die vortheilhafteſte Lage zu ſeyn. Weil man in dieſer Jahreszeit die Erwaͤrmung der Sonne liebt, ſo muͤſſen die Fenſter zum reichen Empfang ihrer Strahlen angelegt ſeyn. Das Gebaͤude ver- langt keine Pracht, nur Bequemlichkeit und einen maͤßigen Grad von Zierlichkeit. Die gemeinen Verzierungen von Hirſchgeweih und Jagdhoͤrnern koͤnnen mit feinern Sinnbildern, mit mythologiſchen Vorſtellungen, die auf die Jagd eine Beziehung haben, vertauſcht werden. Eine Venus in der ruͤhrenden Stellung, da ſie ihren ſchoͤnen von einem Eber auf der Jagd getoͤdteten Adonis, ein Opfer ſeiner Unvor- ſichtigkeit, beklagt, iſt wenigſtens eine viel mehr anziehende Vorſtellung, als ein uͤber der Thuͤre gemaltes Windſpiel. Am meiſten intereſſant muͤſſen hier Gemaͤlde ſeyn, die Handlungen des Mitleidens gegen Thiere vorſtellen, und den Menſchen von der rohen Jagdluſt wieder zu ſanftern Gefuͤhlen zuruͤckrufen. Zu den Ergoͤtzungen des Vogelfangs koͤnnen ebenfalls in herbſtlichen Revieren beſondere Gebaͤude beſtimmt werden. Ihre Lage muß einſam, von Gebuͤſchen um- ſchloſſen ſeyn; Baͤume und Straͤucher mit Beeren, welche die Voͤgel lieben, empfeh- len ſich hier zu einer Pflanzung, die zugleich das Auge ergoͤtzt. Ein kleiner ruhiger Bach dient nicht blos zur Verzierung, ſondern auch zum Beduͤrfniß. Das Gebaͤude kann aus einem einfachen Luſtkabinetchen beſtehen; es bedarf gar keines Umfangs: denn man verweilt da nur in einigen Stunden, um die kleinen Anſtalten zum Fang vorzubereiten, und ihre Wirkung zu belauſchen. Das Kabinet muß ein leichtes und luftiges Anſehen haben. Man muß ſich auf verſteckten Gaͤngen unvermerkt zu ihm heranſchleichen koͤnnen. Die Vogelhaͤuſer, worinn man allerley lebendiges Gefluͤgel erzieht, ſind be- kannt, und waren ſchon bey den Roͤmern uͤblich. Sie erfordern vornehmlich Gruͤn, friſches Waſſer, Schatten, und einen nicht zu feuchten und kalten Ort; man uͤber- zieht ſie mit einem Gitter von Drath, das ſo hoch ſeyn kann, daß Baͤume darunter bequem emporwachſen koͤnnen. Ein kleiner Springbrunnen erhaͤlt das Waſſer friſch, und traͤgt zur Belebung bey. In einem Kabinetchen zur Seite kann man die ver- ſchiedene Haushaltung der Familien beobachten. Fuͤr einheimiſche Sangvoͤgel iſt ein Vogelhaus doch immer ein unverdientes Gefaͤngniß. Eine reinliche aber nachlaͤßig gebauete Huͤtte oder ein freyes Luſthaͤuschen, das nur Pfeiler anſtatt zugemachter Waͤnde, nur ein beſchuͤtzendes Dach hat, wuͤrde zu den Beluſtigungen des Fiſchfangs dienen. Es kann ein ſo ſorgloſes hingeworfenes Werk ſeyn, daß es gar keine Verzierungen verſtattet, daß man ſchon zufrieden iſt, wenn es nur nicht zu ſehr gegen alle Richtigkeit der Verhaͤltniſſe anſtoͤßt. Es muß weg

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/42>, abgerufen am 23.11.2024.