Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.Anhang. Beschreibungen dahin gleiten, allmählig über das jenseitige Ufer, das sie mit einem falben von demaufsteigenden Duft sanft gebrochenen Schimmer übergießt, in Holsteins glücklichen Gefilden niederzusinken scheint; ein Schauspiel, das in den Gemächern auf der Abend- seite nicht vergebens zur Empfindung seiner Wonne ruft. Man hört indessen das Ge- murmel des Meeres, auch bey geringer Lust, vom Ufer heraufsteigen, und die Seele zur ruhigen Behagung in der Abendfeyer einladen. Auf der Westseite des Wohngebäudes liegen Rasenstücke mit Blumen um- Die Natur hat zuerst für die Anlage durch einen Wald gesorgt, der zwar in Beym Eingange von dem Hofplatz tritt man in eine lange natürliche Allee, die Man hat in diesem Schattensitz gerade vor sich einen kleinen Teich, in welchem entzückt.
Anhang. Beſchreibungen dahin gleiten, allmaͤhlig uͤber das jenſeitige Ufer, das ſie mit einem falben von demaufſteigenden Duft ſanft gebrochenen Schimmer uͤbergießt, in Holſteins gluͤcklichen Gefilden niederzuſinken ſcheint; ein Schauſpiel, das in den Gemaͤchern auf der Abend- ſeite nicht vergebens zur Empfindung ſeiner Wonne ruft. Man hoͤrt indeſſen das Ge- murmel des Meeres, auch bey geringer Luſt, vom Ufer heraufſteigen, und die Seele zur ruhigen Behagung in der Abendfeyer einladen. Auf der Weſtſeite des Wohngebaͤudes liegen Raſenſtuͤcke mit Blumen um- Die Natur hat zuerſt fuͤr die Anlage durch einen Wald geſorgt, der zwar in Beym Eingange von dem Hofplatz tritt man in eine lange natuͤrliche Allee, die Man hat in dieſem Schattenſitz gerade vor ſich einen kleinen Teich, in welchem entzuͤckt.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0239" n="228"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anhang. Beſchreibungen</hi></fw><lb/> dahin gleiten, allmaͤhlig uͤber das jenſeitige Ufer, das ſie mit einem falben von dem<lb/> aufſteigenden Duft ſanft gebrochenen Schimmer uͤbergießt, in <hi rendition="#fr">Holſteins</hi> gluͤcklichen<lb/> Gefilden niederzuſinken ſcheint; ein Schauſpiel, das in den Gemaͤchern auf der Abend-<lb/> ſeite nicht vergebens zur Empfindung ſeiner Wonne ruft. Man hoͤrt indeſſen das Ge-<lb/> murmel des Meeres, auch bey geringer Luſt, vom Ufer heraufſteigen, und die Seele<lb/> zur ruhigen Behagung in der Abendfeyer einladen.</p><lb/> <p>Auf der Weſtſeite des Wohngebaͤudes liegen Raſenſtuͤcke mit Blumen um-<lb/> kraͤnzt; und gegen Norden verbreitet ſich der Park. Er eroͤffnet ſich mit drey ſchoͤ-<lb/> nen Pflanzungen von Linden in der Ordnung des Quincunx, neben welchen Eingaͤnge<lb/> von den Blumenſtuͤcken, von der Seite des Wohngebaͤudes und von dem Hofplatz<lb/> hineinfuͤhren.</p><lb/> <p>Die Natur hat zuerſt fuͤr die Anlage durch einen Wald geſorgt, der zwar in<lb/> der Ebene liegt, aber aus vortrefflichen Eichen, Buchen und Eſchen, mit vielem di-<lb/> cken Untergebuͤſch, beſteht, zwiſchen welchen Linden und Roßkaſtanien angepflanzt<lb/> ſind. Durch dieſe Grundlage hat das Ganze nicht allein viel Schatten und angeneh-<lb/> me Wildniſſe erhalten, aus welchen einheimiſche bluͤhende Geſtraͤucher ihre Wohlge-<lb/> ruͤche verbreiten; ſondern man hoͤrt auch uͤberall die frohen Geſaͤnge der Waldvoͤgel,<lb/> die ihren Aufenthalt preiſen.</p><lb/> <p>Beym Eingange von dem Hofplatz tritt man in eine lange natuͤrliche Allee, die<lb/> zwiſchen den Waldbaͤumen, mit einem Raſen in der Mitte, deſſen regulaͤre Laͤnge hie<lb/> und da durch kleine bluͤhende Straͤucher anmuthig wird unterbrochen werden, hinauf<lb/> laͤuft, und oben von einem offenen Pavillon begraͤnzt wird. Aus dieſem Gange,<lb/> welcher der laͤngſte in dem Park iſt, biegt man bald zur Rechten zwiſchen Obſtbaͤu-<lb/> men in einen dunklen Weg, aus welchem auf beyden Seiten andre Pfade unter einer<lb/> angenehmen Daͤmmerung der umherhangenden Laubdecken ablaufen, und verfolgt ihn,<lb/> bis er ſich oben aus einem ſchattenvollen Winkel in einen geraden Gang mit einer<lb/> freyern Ausſicht wendet. Nicht weit nach der Wendung fuͤhrt er uͤber einen kleinen<lb/> Bach, und von hier zur Rechten nach einem herrlichen Sitz in einer Laube hin.</p><lb/> <p>Man hat in dieſem Schattenſitz gerade vor ſich einen kleinen Teich, in welchem<lb/> das abfließende Waſſer rauſchet, zur Rechten ein Fortunaſpiel und zur Linken eine<lb/> Kegelbahn. Gerade uͤber den Teich hin eroͤffnet ſich zwiſchen den Baͤumen eine lange<lb/> weite Ausſicht, die jenſeits der Graͤnzlinie des Parks uͤber eine Wieſe ſtreicht, und<lb/> ſich, durch eine in einem entfernten Gebuͤſch gemachte runde Oeffnung, auf das Meer<lb/> hin verliert. Man wird hier in einer gewiſſen Zeit des Sommers von einem zaube-<lb/> riſchen Schauſpiel uͤberraſcht. Indem die Sonne untergeht, ſo erſcheint ihre feurige<lb/> Kugel gerade in dieſer Oeffnung des Gebuͤſches mit einer Wirkung, die jedes Auge<lb/> <fw place="bottom" type="catch">entzuͤckt.</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [228/0239]
Anhang. Beſchreibungen
dahin gleiten, allmaͤhlig uͤber das jenſeitige Ufer, das ſie mit einem falben von dem
aufſteigenden Duft ſanft gebrochenen Schimmer uͤbergießt, in Holſteins gluͤcklichen
Gefilden niederzuſinken ſcheint; ein Schauſpiel, das in den Gemaͤchern auf der Abend-
ſeite nicht vergebens zur Empfindung ſeiner Wonne ruft. Man hoͤrt indeſſen das Ge-
murmel des Meeres, auch bey geringer Luſt, vom Ufer heraufſteigen, und die Seele
zur ruhigen Behagung in der Abendfeyer einladen.
Auf der Weſtſeite des Wohngebaͤudes liegen Raſenſtuͤcke mit Blumen um-
kraͤnzt; und gegen Norden verbreitet ſich der Park. Er eroͤffnet ſich mit drey ſchoͤ-
nen Pflanzungen von Linden in der Ordnung des Quincunx, neben welchen Eingaͤnge
von den Blumenſtuͤcken, von der Seite des Wohngebaͤudes und von dem Hofplatz
hineinfuͤhren.
Die Natur hat zuerſt fuͤr die Anlage durch einen Wald geſorgt, der zwar in
der Ebene liegt, aber aus vortrefflichen Eichen, Buchen und Eſchen, mit vielem di-
cken Untergebuͤſch, beſteht, zwiſchen welchen Linden und Roßkaſtanien angepflanzt
ſind. Durch dieſe Grundlage hat das Ganze nicht allein viel Schatten und angeneh-
me Wildniſſe erhalten, aus welchen einheimiſche bluͤhende Geſtraͤucher ihre Wohlge-
ruͤche verbreiten; ſondern man hoͤrt auch uͤberall die frohen Geſaͤnge der Waldvoͤgel,
die ihren Aufenthalt preiſen.
Beym Eingange von dem Hofplatz tritt man in eine lange natuͤrliche Allee, die
zwiſchen den Waldbaͤumen, mit einem Raſen in der Mitte, deſſen regulaͤre Laͤnge hie
und da durch kleine bluͤhende Straͤucher anmuthig wird unterbrochen werden, hinauf
laͤuft, und oben von einem offenen Pavillon begraͤnzt wird. Aus dieſem Gange,
welcher der laͤngſte in dem Park iſt, biegt man bald zur Rechten zwiſchen Obſtbaͤu-
men in einen dunklen Weg, aus welchem auf beyden Seiten andre Pfade unter einer
angenehmen Daͤmmerung der umherhangenden Laubdecken ablaufen, und verfolgt ihn,
bis er ſich oben aus einem ſchattenvollen Winkel in einen geraden Gang mit einer
freyern Ausſicht wendet. Nicht weit nach der Wendung fuͤhrt er uͤber einen kleinen
Bach, und von hier zur Rechten nach einem herrlichen Sitz in einer Laube hin.
Man hat in dieſem Schattenſitz gerade vor ſich einen kleinen Teich, in welchem
das abfließende Waſſer rauſchet, zur Rechten ein Fortunaſpiel und zur Linken eine
Kegelbahn. Gerade uͤber den Teich hin eroͤffnet ſich zwiſchen den Baͤumen eine lange
weite Ausſicht, die jenſeits der Graͤnzlinie des Parks uͤber eine Wieſe ſtreicht, und
ſich, durch eine in einem entfernten Gebuͤſch gemachte runde Oeffnung, auf das Meer
hin verliert. Man wird hier in einer gewiſſen Zeit des Sommers von einem zaube-
riſchen Schauſpiel uͤberraſcht. Indem die Sonne untergeht, ſo erſcheint ihre feurige
Kugel gerade in dieſer Oeffnung des Gebuͤſches mit einer Wirkung, die jedes Auge
entzuͤckt.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |