Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.von Lustschlössern. Waldstück von alten und jungen Buchen, mehr frey und heiter. Allein was dieseScene interessant macht, das ist ihre Ausstaffirung. Sie ist mit einer Menge Sta- tüen[Spaltenumbruch] *) in natürlicher Lebensgröße angefüllt, die rings umher auf den drey Absätzen zwischen den Linden stehen, das Gesicht nach der Säule in der Mitte des Thals ge- richtet. Die Statüen sind von weißem Sandstein gearbeitet, und stehen auf kleinen Fußgestellen. Sie machen eine wichtige Nationalgruppe; denn sie stellen Untertha- nen des Königs, Einwohner beyderley Geschlechts, aus allen Stiften und Inseln von Norwegen in ihren verschiedenen Trachten, Beschäftigungen und Lustbarkeiten vor. Man sieht hier Arbeiter des Feldes und des Waldes, Fischer, Jäger, See- fahrer, Musicanten, Tänzer, Anwerber, Bräute, Hausfrauen, Mätter, alle mit wahrem Ausdruck der Gesichtsbildung, mit ihren Werkzeugen und Putzzierrathen. Die Gesellschaft besteht schon aus vier und sechszig Personen, und wird noch jährlich vermehrt; man fängt schon an die oberste Gallerie zu besetzen. Gleich der Eingang kündiget Fröhlichkeit an; man sieht zur Rechten zwo tanzende Figuren, und zur Lin- ken zwey Musicanten mit einer Trommel und einer Violin. Diese Scene ist überaus reizend. Der weiße Schimmer der vielen Statüen ist zwischen dem heitern Grün der Rasen und der Linden, um welche sich rings umher die hohen dunkeln Laubdecken der Waldung ziehen, von einer trefflichen Wirkung, zumal wenn man hereintritt, oder bey der Annäherung von der linken Seite den Schein der Scene durch die leichte Dämmerung der Bäume brechen sieht. Die Anlage hat Neuheit und zugleich eine große Mannigfaltigkeit; sie hat Wahrheit mit Nationalinteresse vereinigt. Das Thal liegt einsam und verschlossen; und ist doch so gesellig. Man geht von einer Person zur andern, glaubt sich mit ihr in eine Unterredung einzulassen, zu fragen, woher sie kommt, und wer sie ist, was sie daheim macht, was dieses Werkzeug, die- ser Zierrath bedeutet; man sieht auf die Inschriften am Fußgestell, die das Vater- land angeben. Man macht eine angenehme Bekanntschaft, und unterhält sich mit einer Gesellschaft aus einer der schätzbarsten Nationen in Europa, berühmt durch die Einfalt ihrer Sitten und durch die Liebe und Treue gegen ihren König. Und sie fand *) Die Statüen sind von dem Königl.
Hofbildhauer, Herrn Grund, gearbeitet. Man hat sie in Kupfer gestochen, unter dem Titel: Abbildung des Normannsthals in dem Königl. Lustgarten zu Friedensburg. Herausgegeben von Joh. Gottfr. Grund, Königl. Hof-Bild- und Steinhauer. Fol. Kopenhagen, 1773. mit einer kurzen Be- [Spaltenumbruch] schreibung, dänisch und deutsch. Die Fi- guren sind von Heckel gut gestochen. Allein das Ganze muß man in keiner Kunstvor- stellung, worinn es immer verliert, son- dern auf dem Platze selbst schen. Seit der Ausgabe dieser Abbildung hat sich die Zahl der Statüen schon merklich ver- mehrt. von Luſtſchloͤſſern. Waldſtuͤck von alten und jungen Buchen, mehr frey und heiter. Allein was dieſeScene intereſſant macht, das iſt ihre Ausſtaffirung. Sie iſt mit einer Menge Sta- tuͤen[Spaltenumbruch] *) in natuͤrlicher Lebensgroͤße angefuͤllt, die rings umher auf den drey Abſaͤtzen zwiſchen den Linden ſtehen, das Geſicht nach der Saͤule in der Mitte des Thals ge- richtet. Die Statuͤen ſind von weißem Sandſtein gearbeitet, und ſtehen auf kleinen Fußgeſtellen. Sie machen eine wichtige Nationalgruppe; denn ſie ſtellen Untertha- nen des Koͤnigs, Einwohner beyderley Geſchlechts, aus allen Stiften und Inſeln von Norwegen in ihren verſchiedenen Trachten, Beſchaͤftigungen und Luſtbarkeiten vor. Man ſieht hier Arbeiter des Feldes und des Waldes, Fiſcher, Jaͤger, See- fahrer, Muſicanten, Taͤnzer, Anwerber, Braͤute, Hausfrauen, Maͤtter, alle mit wahrem Ausdruck der Geſichtsbildung, mit ihren Werkzeugen und Putzzierrathen. Die Geſellſchaft beſteht ſchon aus vier und ſechszig Perſonen, und wird noch jaͤhrlich vermehrt; man faͤngt ſchon an die oberſte Gallerie zu beſetzen. Gleich der Eingang kuͤndiget Froͤhlichkeit an; man ſieht zur Rechten zwo tanzende Figuren, und zur Lin- ken zwey Muſicanten mit einer Trommel und einer Violin. Dieſe Scene iſt uͤberaus reizend. Der weiße Schimmer der vielen Statuͤen iſt zwiſchen dem heitern Gruͤn der Raſen und der Linden, um welche ſich rings umher die hohen dunkeln Laubdecken der Waldung ziehen, von einer trefflichen Wirkung, zumal wenn man hereintritt, oder bey der Annaͤherung von der linken Seite den Schein der Scene durch die leichte Daͤmmerung der Baͤume brechen ſieht. Die Anlage hat Neuheit und zugleich eine große Mannigfaltigkeit; ſie hat Wahrheit mit Nationalintereſſe vereinigt. Das Thal liegt einſam und verſchloſſen; und iſt doch ſo geſellig. Man geht von einer Perſon zur andern, glaubt ſich mit ihr in eine Unterredung einzulaſſen, zu fragen, woher ſie kommt, und wer ſie iſt, was ſie daheim macht, was dieſes Werkzeug, die- ſer Zierrath bedeutet; man ſieht auf die Inſchriften am Fußgeſtell, die das Vater- land angeben. Man macht eine angenehme Bekanntſchaft, und unterhaͤlt ſich mit einer Geſellſchaft aus einer der ſchaͤtzbarſten Nationen in Europa, beruͤhmt durch die Einfalt ihrer Sitten und durch die Liebe und Treue gegen ihren Koͤnig. Und ſie fand *) Die Statuͤen ſind von dem Koͤnigl.
Hofbildhauer, Herrn Grund, gearbeitet. Man hat ſie in Kupfer geſtochen, unter dem Titel: Abbildung des Normannsthals in dem Koͤnigl. Luſtgarten zu Friedensburg. Herausgegeben von Joh. Gottfr. Grund, Koͤnigl. Hof-Bild- und Steinhauer. Fol. Kopenhagen, 1773. mit einer kurzen Be- [Spaltenumbruch] ſchreibung, daͤniſch und deutſch. Die Fi- guren ſind von Heckel gut geſtochen. Allein das Ganze muß man in keiner Kunſtvor- ſtellung, worinn es immer verliert, ſon- dern auf dem Platze ſelbſt ſchen. Seit der Ausgabe dieſer Abbildung hat ſich die Zahl der Statuͤen ſchon merklich ver- mehrt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0202" n="191"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von Luſtſchloͤſſern.</hi></fw><lb/> Waldſtuͤck von alten und jungen Buchen, mehr frey und heiter. Allein was dieſe<lb/> Scene intereſſant macht, das iſt ihre Ausſtaffirung. Sie iſt mit einer Menge Sta-<lb/> tuͤen<cb/> <note place="foot" n="*)">Die Statuͤen ſind von dem Koͤnigl.<lb/> Hofbildhauer, Herrn Grund, gearbeitet.<lb/> Man hat ſie in Kupfer geſtochen, unter<lb/> dem Titel: Abbildung des Normannsthals<lb/> in dem Koͤnigl. Luſtgarten zu Friedensburg.<lb/> Herausgegeben von Joh. Gottfr. Grund,<lb/> Koͤnigl. Hof-Bild- und Steinhauer. Fol.<lb/> Kopenhagen, 1773. mit einer kurzen Be-<lb/><cb/> ſchreibung, daͤniſch und deutſch. Die Fi-<lb/> guren ſind von Heckel gut geſtochen. Allein<lb/> das Ganze muß man in keiner Kunſtvor-<lb/> ſtellung, worinn es immer verliert, ſon-<lb/> dern auf dem Platze ſelbſt ſchen. Seit<lb/> der Ausgabe dieſer Abbildung hat ſich<lb/> die Zahl der Statuͤen ſchon merklich ver-<lb/> mehrt.</note> in natuͤrlicher Lebensgroͤße angefuͤllt, die rings umher auf den drey Abſaͤtzen<lb/> zwiſchen den Linden ſtehen, das Geſicht nach der Saͤule in der Mitte des Thals ge-<lb/> richtet. Die Statuͤen ſind von weißem Sandſtein gearbeitet, und ſtehen auf kleinen<lb/> Fußgeſtellen. Sie machen eine wichtige Nationalgruppe; denn ſie ſtellen Untertha-<lb/> nen des <hi rendition="#fr">Koͤnigs,</hi> Einwohner beyderley Geſchlechts, aus allen Stiften und Inſeln<lb/> von <hi rendition="#fr">Norwegen</hi> in ihren verſchiedenen Trachten, Beſchaͤftigungen und Luſtbarkeiten<lb/> vor. Man ſieht hier Arbeiter des Feldes und des Waldes, Fiſcher, Jaͤger, See-<lb/> fahrer, Muſicanten, Taͤnzer, Anwerber, Braͤute, Hausfrauen, Maͤtter, alle mit<lb/> wahrem Ausdruck der Geſichtsbildung, mit ihren Werkzeugen und Putzzierrathen.<lb/> Die Geſellſchaft beſteht ſchon aus vier und ſechszig Perſonen, und wird noch jaͤhrlich<lb/> vermehrt; man faͤngt ſchon an die oberſte Gallerie zu beſetzen. Gleich der Eingang<lb/> kuͤndiget Froͤhlichkeit an; man ſieht zur Rechten zwo tanzende Figuren, und zur Lin-<lb/> ken zwey Muſicanten mit einer Trommel und einer Violin. Dieſe Scene iſt uͤberaus<lb/> reizend. Der weiße Schimmer der vielen Statuͤen iſt zwiſchen dem heitern Gruͤn<lb/> der Raſen und der Linden, um welche ſich rings umher die hohen dunkeln Laubdecken<lb/> der Waldung ziehen, von einer trefflichen Wirkung, zumal wenn man hereintritt,<lb/> oder bey der Annaͤherung von der linken Seite den Schein der Scene durch die leichte<lb/> Daͤmmerung der Baͤume brechen ſieht. Die Anlage hat Neuheit und zugleich eine<lb/> große Mannigfaltigkeit; ſie hat Wahrheit mit Nationalintereſſe vereinigt. Das<lb/> Thal liegt einſam und verſchloſſen; und iſt doch ſo geſellig. Man geht von einer<lb/> Perſon zur andern, glaubt ſich mit ihr in eine Unterredung einzulaſſen, zu fragen,<lb/> woher ſie kommt, und wer ſie iſt, was ſie daheim macht, was dieſes Werkzeug, die-<lb/> ſer Zierrath bedeutet; man ſieht auf die Inſchriften am Fußgeſtell, die das Vater-<lb/> land angeben. Man macht eine angenehme Bekanntſchaft, und unterhaͤlt ſich mit<lb/> einer Geſellſchaft aus einer der ſchaͤtzbarſten Nationen in <hi rendition="#fr">Europa,</hi> beruͤhmt durch die<lb/> Einfalt ihrer Sitten und durch die Liebe und Treue gegen ihren <hi rendition="#fr">Koͤnig.</hi> Und ſie<lb/> <fw place="bottom" type="catch">fand</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [191/0202]
von Luſtſchloͤſſern.
Waldſtuͤck von alten und jungen Buchen, mehr frey und heiter. Allein was dieſe
Scene intereſſant macht, das iſt ihre Ausſtaffirung. Sie iſt mit einer Menge Sta-
tuͤen
*) in natuͤrlicher Lebensgroͤße angefuͤllt, die rings umher auf den drey Abſaͤtzen
zwiſchen den Linden ſtehen, das Geſicht nach der Saͤule in der Mitte des Thals ge-
richtet. Die Statuͤen ſind von weißem Sandſtein gearbeitet, und ſtehen auf kleinen
Fußgeſtellen. Sie machen eine wichtige Nationalgruppe; denn ſie ſtellen Untertha-
nen des Koͤnigs, Einwohner beyderley Geſchlechts, aus allen Stiften und Inſeln
von Norwegen in ihren verſchiedenen Trachten, Beſchaͤftigungen und Luſtbarkeiten
vor. Man ſieht hier Arbeiter des Feldes und des Waldes, Fiſcher, Jaͤger, See-
fahrer, Muſicanten, Taͤnzer, Anwerber, Braͤute, Hausfrauen, Maͤtter, alle mit
wahrem Ausdruck der Geſichtsbildung, mit ihren Werkzeugen und Putzzierrathen.
Die Geſellſchaft beſteht ſchon aus vier und ſechszig Perſonen, und wird noch jaͤhrlich
vermehrt; man faͤngt ſchon an die oberſte Gallerie zu beſetzen. Gleich der Eingang
kuͤndiget Froͤhlichkeit an; man ſieht zur Rechten zwo tanzende Figuren, und zur Lin-
ken zwey Muſicanten mit einer Trommel und einer Violin. Dieſe Scene iſt uͤberaus
reizend. Der weiße Schimmer der vielen Statuͤen iſt zwiſchen dem heitern Gruͤn
der Raſen und der Linden, um welche ſich rings umher die hohen dunkeln Laubdecken
der Waldung ziehen, von einer trefflichen Wirkung, zumal wenn man hereintritt,
oder bey der Annaͤherung von der linken Seite den Schein der Scene durch die leichte
Daͤmmerung der Baͤume brechen ſieht. Die Anlage hat Neuheit und zugleich eine
große Mannigfaltigkeit; ſie hat Wahrheit mit Nationalintereſſe vereinigt. Das
Thal liegt einſam und verſchloſſen; und iſt doch ſo geſellig. Man geht von einer
Perſon zur andern, glaubt ſich mit ihr in eine Unterredung einzulaſſen, zu fragen,
woher ſie kommt, und wer ſie iſt, was ſie daheim macht, was dieſes Werkzeug, die-
ſer Zierrath bedeutet; man ſieht auf die Inſchriften am Fußgeſtell, die das Vater-
land angeben. Man macht eine angenehme Bekanntſchaft, und unterhaͤlt ſich mit
einer Geſellſchaft aus einer der ſchaͤtzbarſten Nationen in Europa, beruͤhmt durch die
Einfalt ihrer Sitten und durch die Liebe und Treue gegen ihren Koͤnig. Und ſie
fand
*) Die Statuͤen ſind von dem Koͤnigl.
Hofbildhauer, Herrn Grund, gearbeitet.
Man hat ſie in Kupfer geſtochen, unter
dem Titel: Abbildung des Normannsthals
in dem Koͤnigl. Luſtgarten zu Friedensburg.
Herausgegeben von Joh. Gottfr. Grund,
Koͤnigl. Hof-Bild- und Steinhauer. Fol.
Kopenhagen, 1773. mit einer kurzen Be-
ſchreibung, daͤniſch und deutſch. Die Fi-
guren ſind von Heckel gut geſtochen. Allein
das Ganze muß man in keiner Kunſtvor-
ſtellung, worinn es immer verliert, ſon-
dern auf dem Platze ſelbſt ſchen. Seit
der Ausgabe dieſer Abbildung hat ſich
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