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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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Monumenten und Inschriften.
[Spaltenumbruch] Er gab der Sonne Glut, den Elephan-
ten Stärke,
Den Blumen Duft, und Sammt dem
Moos.


Was nützt die Rose, wenn man sie nicht
bricht?
Man geht unfühlend vorbey,
Fragt nicht, wie schön sie sey;
Sie stirbt, der Jüngling beklaget sie
nicht!


O! Chloe, in dem Schatten hier
Genieß mit mir dein Leben!
Die Götter können dir und mir
Kein größer Glücke geben.
Der Baum, der uns jetzt Schatten
giebt,
Wird bald den Lenz betrauern;
Doch soll auch unsre Zärtlichkeit
Des Lebens Winter dauern.
Was brauchen wir des Glückes
Gunst
Mit seinen Gütern allen?
Die Liebe lehrt uns ja die Kunst,
Uns ewig zu gefallen.


Willkommen schöner Morgen!
Wär ich nicht früh erwacht,
[Spaltenumbruch] So bliebst du mir verborgen
Mit deiner ganzen Pracht.
Rings um mich her ist Freude,
Im Feld und auf der Weide;
Schön ists, wohin ich seh,
Im Thal und auf der Höh!


Unmuth ist oft bloßer Wahn;
Laßt uns ewig ihm entfliehn!
Selbst auf unbesuchter Bahn
Findet man ein Beilchen blühn;
Glücklich, wer es dankbar pflückt,
Und nicht achtlos niederdrückt.


O! Freund! dem unterm niedern
Dach
Die selge Zeit verfließt,
So wie der sanfte Silberbach
Sich durch die Au' ergießt!
Du siehst die Flur sich ihre Brust
Mit Perlen überziehn,
Du siehst voll jugendlicher Lust
Des Himmels Wange glühn.
Du fühlst, wie Zephyrs linder Hauch
Den schwülen Mittag kühlt,
Indem er hier mit Baum und Strauch,
Und dort mit Aehren spielt.
Du trinkst den süßen Traubenmost
Und schöpfest frischen Muth;
Dein
Monumenten und Inſchriften.
[Spaltenumbruch] Er gab der Sonne Glut, den Elephan-
ten Staͤrke,
Den Blumen Duft, und Sammt dem
Moos.


Was nuͤtzt die Roſe, wenn man ſie nicht
bricht?
Man geht unfuͤhlend vorbey,
Fragt nicht, wie ſchoͤn ſie ſey;
Sie ſtirbt, der Juͤngling beklaget ſie
nicht!


O! Chloe, in dem Schatten hier
Genieß mit mir dein Leben!
Die Goͤtter koͤnnen dir und mir
Kein groͤßer Gluͤcke geben.
Der Baum, der uns jetzt Schatten
giebt,
Wird bald den Lenz betrauern;
Doch ſoll auch unſre Zaͤrtlichkeit
Des Lebens Winter dauern.
Was brauchen wir des Gluͤckes
Gunſt
Mit ſeinen Guͤtern allen?
Die Liebe lehrt uns ja die Kunſt,
Uns ewig zu gefallen.


Willkommen ſchoͤner Morgen!
Waͤr ich nicht fruͤh erwacht,
[Spaltenumbruch] So bliebſt du mir verborgen
Mit deiner ganzen Pracht.
Rings um mich her iſt Freude,
Im Feld und auf der Weide;
Schoͤn iſts, wohin ich ſeh,
Im Thal und auf der Hoͤh!


Unmuth iſt oft bloßer Wahn;
Laßt uns ewig ihm entfliehn!
Selbſt auf unbeſuchter Bahn
Findet man ein Beilchen bluͤhn;
Gluͤcklich, wer es dankbar pfluͤckt,
Und nicht achtlos niederdruͤckt.


O! Freund! dem unterm niedern
Dach
Die ſelge Zeit verfließt,
So wie der ſanfte Silberbach
Sich durch die Au’ ergießt!
Du ſiehſt die Flur ſich ihre Bruſt
Mit Perlen uͤberziehn,
Du ſiehſt voll jugendlicher Luſt
Des Himmels Wange gluͤhn.
Du fuͤhlſt, wie Zephyrs linder Hauch
Den ſchwuͤlen Mittag kuͤhlt,
Indem er hier mit Baum und Strauch,
Und dort mit Aehren ſpielt.
Du trinkſt den ſuͤßen Traubenmoſt
Und ſchoͤpfeſt friſchen Muth;
Dein
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[167/0177] Monumenten und Inſchriften. Er gab der Sonne Glut, den Elephan- ten Staͤrke, Den Blumen Duft, und Sammt dem Moos. Was nuͤtzt die Roſe, wenn man ſie nicht bricht? Man geht unfuͤhlend vorbey, Fragt nicht, wie ſchoͤn ſie ſey; Sie ſtirbt, der Juͤngling beklaget ſie nicht! O! Chloe, in dem Schatten hier Genieß mit mir dein Leben! Die Goͤtter koͤnnen dir und mir Kein groͤßer Gluͤcke geben. Der Baum, der uns jetzt Schatten giebt, Wird bald den Lenz betrauern; Doch ſoll auch unſre Zaͤrtlichkeit Des Lebens Winter dauern. Was brauchen wir des Gluͤckes Gunſt Mit ſeinen Guͤtern allen? Die Liebe lehrt uns ja die Kunſt, Uns ewig zu gefallen. Willkommen ſchoͤner Morgen! Waͤr ich nicht fruͤh erwacht, So bliebſt du mir verborgen Mit deiner ganzen Pracht. Rings um mich her iſt Freude, Im Feld und auf der Weide; Schoͤn iſts, wohin ich ſeh, Im Thal und auf der Hoͤh! Unmuth iſt oft bloßer Wahn; Laßt uns ewig ihm entfliehn! Selbſt auf unbeſuchter Bahn Findet man ein Beilchen bluͤhn; Gluͤcklich, wer es dankbar pfluͤckt, Und nicht achtlos niederdruͤckt. O! Freund! dem unterm niedern Dach Die ſelge Zeit verfließt, So wie der ſanfte Silberbach Sich durch die Au’ ergießt! Du ſiehſt die Flur ſich ihre Bruſt Mit Perlen uͤberziehn, Du ſiehſt voll jugendlicher Luſt Des Himmels Wange gluͤhn. Du fuͤhlſt, wie Zephyrs linder Hauch Den ſchwuͤlen Mittag kuͤhlt, Indem er hier mit Baum und Strauch, Und dort mit Aehren ſpielt. Du trinkſt den ſuͤßen Traubenmoſt Und ſchoͤpfeſt friſchen Muth; Dein

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/177>, abgerufen am 06.05.2024.