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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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Monumenten und Inschriften.
kann es eben so wenig gleichgültig seyn, ob die Figuren groß oder klein sind, wenn
man nicht, wie man noch in manchen Gärten sieht, aus Statüen ein bloßes Mario-
nettenspiel machen will.

4.

Aber welche Vorstellungen soll man wählen? Ist die alte Mythologie, diese
fruchtbare Nährerinn der Künste, hier ganz zu verbannen? Nicht schlechterdings.
Wer kann sich beleidigt finden, wenn er die Gottheiten der Gärten und des Vergnü-
gens unter den Alten wiedersieht, wenn er in einer Blumenscene die Flora, den Bac-
chus
bey einem Weingeländer, in einem waldigten Revier die Diana, die Pomona
in einer Pflanzung von Fruchtbäumen, an einem zum Baden bequemen Ort eine
Gruppe der Venus und ihrer Nymphen, oder den tanzenden Faun in einem ver-
wilderten Gebüsche erblickt? Allein solche Statüen sind doch wenig mehr zu empfehlen,
weil sie durch die so oft wiederholten Nachbildungen und den gar zu häufigen Gebrauch
in den Gärten fast alle Kraft angenehmer Eindrücke verloren haben. Und als schützen-
de Gottheiten betrachtet, ist für uns ihr Interesse dahin.

Näher scheinen uns anzugehen, wiewohl sie nicht weniger verbraucht sind, die
allegorischen Statüen, die Göttinn des Friedens, den Oelzweig oder die Kornähre
tragend, oder ihren Schoos voll Früchte, die Göttinn des Ueberflusses mit dem Füll-
horn, die Fröhlichkeit mit der Myrte, die Freude mit den Rosen in der Hand,
und die angenehmern Jahreszeiten, deren Bilder so sehr geschickt sind, die ihnen ge-
widmeten Scenen und Gebäude zu bezeichnen.

Mehr noch interessiren uns Vorstellungen von Menschen, die wirklich gelebt ha-
ben, in der Gestalt, die ihnen eigen war, und die so ganz ihren Charakter darstellt;
Vorstellungen von Menschen, die uns durch die Größe ihres Geistes oder Herzens,
durch den Glanz ihrer Talente oder durch die Wohlthätigkeit ihrer Handlungen ehr-
würdig sind; die uns durch ihre Schriften zur Weisheit und durch ihre Geschichte zur
Tugend erheben, die großen Dichter und Weisen der Vorwelt. Einen kleinen Lust-
wald zu Sanssouci, wo der königliche Philosoph unter erhabenen Betrachtungen ru-
hend die Lorbeern des Helden vergißt, beleben hin und wieder antike Statüen griechi-
scher
und römischer Weltweisen. Wer empfindet nicht das Anständige und Feyer-
liche einer solchen Scene?

Am meisten aber müssen uns Statüen, die der Patriotismus dem nationalen
Verdienst errichtet, interessant seyn; die Bildnisse der Männer, die mit uns zu einer
Nation gehören, deren Zierde sie waren; Männer, denen wir Aufklärung, Freyheit,

Wohl-
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Monumenten und Inſchriften.
kann es eben ſo wenig gleichguͤltig ſeyn, ob die Figuren groß oder klein ſind, wenn
man nicht, wie man noch in manchen Gaͤrten ſieht, aus Statuͤen ein bloßes Mario-
nettenſpiel machen will.

4.

Aber welche Vorſtellungen ſoll man waͤhlen? Iſt die alte Mythologie, dieſe
fruchtbare Naͤhrerinn der Kuͤnſte, hier ganz zu verbannen? Nicht ſchlechterdings.
Wer kann ſich beleidigt finden, wenn er die Gottheiten der Gaͤrten und des Vergnuͤ-
gens unter den Alten wiederſieht, wenn er in einer Blumenſcene die Flora, den Bac-
chus
bey einem Weingelaͤnder, in einem waldigten Revier die Diana, die Pomona
in einer Pflanzung von Fruchtbaͤumen, an einem zum Baden bequemen Ort eine
Gruppe der Venus und ihrer Nymphen, oder den tanzenden Faun in einem ver-
wilderten Gebuͤſche erblickt? Allein ſolche Statuͤen ſind doch wenig mehr zu empfehlen,
weil ſie durch die ſo oft wiederholten Nachbildungen und den gar zu haͤufigen Gebrauch
in den Gaͤrten faſt alle Kraft angenehmer Eindruͤcke verloren haben. Und als ſchuͤtzen-
de Gottheiten betrachtet, iſt fuͤr uns ihr Intereſſe dahin.

Naͤher ſcheinen uns anzugehen, wiewohl ſie nicht weniger verbraucht ſind, die
allegoriſchen Statuͤen, die Goͤttinn des Friedens, den Oelzweig oder die Kornaͤhre
tragend, oder ihren Schoos voll Fruͤchte, die Goͤttinn des Ueberfluſſes mit dem Fuͤll-
horn, die Froͤhlichkeit mit der Myrte, die Freude mit den Roſen in der Hand,
und die angenehmern Jahreszeiten, deren Bilder ſo ſehr geſchickt ſind, die ihnen ge-
widmeten Scenen und Gebaͤude zu bezeichnen.

Mehr noch intereſſiren uns Vorſtellungen von Menſchen, die wirklich gelebt ha-
ben, in der Geſtalt, die ihnen eigen war, und die ſo ganz ihren Charakter darſtellt;
Vorſtellungen von Menſchen, die uns durch die Groͤße ihres Geiſtes oder Herzens,
durch den Glanz ihrer Talente oder durch die Wohlthaͤtigkeit ihrer Handlungen ehr-
wuͤrdig ſind; die uns durch ihre Schriften zur Weisheit und durch ihre Geſchichte zur
Tugend erheben, die großen Dichter und Weiſen der Vorwelt. Einen kleinen Luſt-
wald zu Sansſouci, wo der koͤnigliche Philoſoph unter erhabenen Betrachtungen ru-
hend die Lorbeern des Helden vergißt, beleben hin und wieder antike Statuͤen griechi-
ſcher
und roͤmiſcher Weltweiſen. Wer empfindet nicht das Anſtaͤndige und Feyer-
liche einer ſolchen Scene?

Am meiſten aber muͤſſen uns Statuͤen, die der Patriotiſmus dem nationalen
Verdienſt errichtet, intereſſant ſeyn; die Bildniſſe der Maͤnner, die mit uns zu einer
Nation gehoͤren, deren Zierde ſie waren; Maͤnner, denen wir Aufklaͤrung, Freyheit,

Wohl-
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[131/0135] Monumenten und Inſchriften. kann es eben ſo wenig gleichguͤltig ſeyn, ob die Figuren groß oder klein ſind, wenn man nicht, wie man noch in manchen Gaͤrten ſieht, aus Statuͤen ein bloßes Mario- nettenſpiel machen will. 4. Aber welche Vorſtellungen ſoll man waͤhlen? Iſt die alte Mythologie, dieſe fruchtbare Naͤhrerinn der Kuͤnſte, hier ganz zu verbannen? Nicht ſchlechterdings. Wer kann ſich beleidigt finden, wenn er die Gottheiten der Gaͤrten und des Vergnuͤ- gens unter den Alten wiederſieht, wenn er in einer Blumenſcene die Flora, den Bac- chus bey einem Weingelaͤnder, in einem waldigten Revier die Diana, die Pomona in einer Pflanzung von Fruchtbaͤumen, an einem zum Baden bequemen Ort eine Gruppe der Venus und ihrer Nymphen, oder den tanzenden Faun in einem ver- wilderten Gebuͤſche erblickt? Allein ſolche Statuͤen ſind doch wenig mehr zu empfehlen, weil ſie durch die ſo oft wiederholten Nachbildungen und den gar zu haͤufigen Gebrauch in den Gaͤrten faſt alle Kraft angenehmer Eindruͤcke verloren haben. Und als ſchuͤtzen- de Gottheiten betrachtet, iſt fuͤr uns ihr Intereſſe dahin. Naͤher ſcheinen uns anzugehen, wiewohl ſie nicht weniger verbraucht ſind, die allegoriſchen Statuͤen, die Goͤttinn des Friedens, den Oelzweig oder die Kornaͤhre tragend, oder ihren Schoos voll Fruͤchte, die Goͤttinn des Ueberfluſſes mit dem Fuͤll- horn, die Froͤhlichkeit mit der Myrte, die Freude mit den Roſen in der Hand, und die angenehmern Jahreszeiten, deren Bilder ſo ſehr geſchickt ſind, die ihnen ge- widmeten Scenen und Gebaͤude zu bezeichnen. Mehr noch intereſſiren uns Vorſtellungen von Menſchen, die wirklich gelebt ha- ben, in der Geſtalt, die ihnen eigen war, und die ſo ganz ihren Charakter darſtellt; Vorſtellungen von Menſchen, die uns durch die Groͤße ihres Geiſtes oder Herzens, durch den Glanz ihrer Talente oder durch die Wohlthaͤtigkeit ihrer Handlungen ehr- wuͤrdig ſind; die uns durch ihre Schriften zur Weisheit und durch ihre Geſchichte zur Tugend erheben, die großen Dichter und Weiſen der Vorwelt. Einen kleinen Luſt- wald zu Sansſouci, wo der koͤnigliche Philoſoph unter erhabenen Betrachtungen ru- hend die Lorbeern des Helden vergißt, beleben hin und wieder antike Statuͤen griechi- ſcher und roͤmiſcher Weltweiſen. Wer empfindet nicht das Anſtaͤndige und Feyer- liche einer ſolchen Scene? Am meiſten aber muͤſſen uns Statuͤen, die der Patriotiſmus dem nationalen Verdienſt errichtet, intereſſant ſeyn; die Bildniſſe der Maͤnner, die mit uns zu einer Nation gehoͤren, deren Zierde ſie waren; Maͤnner, denen wir Aufklaͤrung, Freyheit, Wohl- R 2

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/135>, abgerufen am 24.11.2024.