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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.

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Beschreibungen von Gärten.
sehr eindringende Reize des Anmuthigen und Heitern. Seine Lage verstattet ihm die
Verschönerung des Abendlichts, das zur Rechten fast in seinem Angesichte niedersin-
ket, und seiner ganzen weißen Vorderseite von dem Feuer zuwirft, das in Westen glühet.

Aus dem Vordertheil dieses Gebäudes wird man durch einen Prospect ent-
zückt, der einen ganzen Reichthum von ländlichen Annehmlichkeiten enthält. Gerade
unmittelbar vor demselben auf dem Abhange zu dem See hinab, zieht sich in einer
ansehnlichen Strecke ein Stück von Feld und Wiesen; auf der linken Seite hinunter
sperrt ein schöner Kranz von waldigten Hügeln die weitere Aussicht, und auf der rech-
ten wird das Auge durch eine Mischung von Höhen, Niedrigungen und Buschwerk
unterhalten. Ein kleines Dorf, Sielbeck, das zwischen den Umhüllungen seiner
Obstbäume, seiner Weiden und Haselgebüsche die strohernen Gipfel emporhebt, bil-
det den Vorgrund an dem niedrigen Ufer. Man übersieht von oben die ganze präch-
tige Wasserscene des hellen Sees, dessen Umfang von allen Seiten ins Auge fällt, aus-
ser wo Einbuchten von abwechselnden Formen sich zwischen Hügeln und Waldungen
verlieren. In seiner Verzierung scheint die Natur alle ihre gefälligen Reize ausge-
breitet haben. Er ist fast überall mit Bergen, mit Anhöhen und Waldungen bekränzt,
die sich hin und wieder ins Wasser hinabsenken, und mit ihm zu schwimmen scheinen.
An andern Stellen ziehen sich kleine schmale niedrige Erdzungen, mit Gebüsch und
schönen Bäumen bekleidet, in den See hinein. Zur linken Seite ragen drey reiche Wal-
dungen auf Anhöhen neben einander in einer Lage, die jede von der andern deutlich un-
terscheidet, mit hoher Schönheit empor, und bilden eine prächtige Aussicht. Die mit-
telste rückt dem Auge näher entgegen, und scheint, als die schönste, am meisten Aufmerk-
samkeit zu fordern. Der Umzug und die Wölbung dieses Waldes, den auch der Na-
me Prinzenholz von den andern unterscheidet, ist ein Meisterstück der Natur; von
allen Seiten, da man ihn bey der Herumfahrt um den See erblickt, zeigt er sich überaus
malerisch, und in einer vortrefflichen Wirkung auf das Auge. Die Wälder bestehen
meistens aus Buchen mit Eichen untermischt, die sowohl durch die Höhe ihres Wuch-
ses, als auch durch ihr Laub ein schönes Ansehen haben. Bey der Aussicht aus dem
Pavillon, wo wir noch immer als auf dem schönsten Standpunkte verweilen, erblickt
man gerade über den See hin eine breite niedrige Oeffnung, die das Auge in die blaue
Ferne der weiten Landschaft hinauszuschweifen einladet. An diese Oeffnung stößt in der
fernern Bekränzung des Sees noch ein hoher Wald, der sich im Prospect auszeichnet;
die übrige Seite zur Rechten besteht mehr aus Buschwerk und einer Sammlung klei-
ner von einander unterschiedener Haine, als aus einer zusammenhängenden Waldung.
Auf dieser Seite beleben noch zwey Dörfer, ohne das im Vorgrund, mit ihren anmuthigen
Lagen die Landschaft; ein Kirchdorf erscheint vorne fast in gerader Linie über den See hin.

Diese
II Band. U

Beſchreibungen von Gaͤrten.
ſehr eindringende Reize des Anmuthigen und Heitern. Seine Lage verſtattet ihm die
Verſchoͤnerung des Abendlichts, das zur Rechten faſt in ſeinem Angeſichte niederſin-
ket, und ſeiner ganzen weißen Vorderſeite von dem Feuer zuwirft, das in Weſten gluͤhet.

Aus dem Vordertheil dieſes Gebaͤudes wird man durch einen Proſpect ent-
zuͤckt, der einen ganzen Reichthum von laͤndlichen Annehmlichkeiten enthaͤlt. Gerade
unmittelbar vor demſelben auf dem Abhange zu dem See hinab, zieht ſich in einer
anſehnlichen Strecke ein Stuͤck von Feld und Wieſen; auf der linken Seite hinunter
ſperrt ein ſchoͤner Kranz von waldigten Huͤgeln die weitere Ausſicht, und auf der rech-
ten wird das Auge durch eine Miſchung von Hoͤhen, Niedrigungen und Buſchwerk
unterhalten. Ein kleines Dorf, Sielbeck, das zwiſchen den Umhuͤllungen ſeiner
Obſtbaͤume, ſeiner Weiden und Haſelgebuͤſche die ſtrohernen Gipfel emporhebt, bil-
det den Vorgrund an dem niedrigen Ufer. Man uͤberſieht von oben die ganze praͤch-
tige Waſſerſcene des hellen Sees, deſſen Umfang von allen Seiten ins Auge faͤllt, auſ-
ſer wo Einbuchten von abwechſelnden Formen ſich zwiſchen Huͤgeln und Waldungen
verlieren. In ſeiner Verzierung ſcheint die Natur alle ihre gefaͤlligen Reize ausge-
breitet haben. Er iſt faſt uͤberall mit Bergen, mit Anhoͤhen und Waldungen bekraͤnzt,
die ſich hin und wieder ins Waſſer hinabſenken, und mit ihm zu ſchwimmen ſcheinen.
An andern Stellen ziehen ſich kleine ſchmale niedrige Erdzungen, mit Gebuͤſch und
ſchoͤnen Baͤumen bekleidet, in den See hinein. Zur linken Seite ragen drey reiche Wal-
dungen auf Anhoͤhen neben einander in einer Lage, die jede von der andern deutlich un-
terſcheidet, mit hoher Schoͤnheit empor, und bilden eine praͤchtige Ausſicht. Die mit-
telſte ruͤckt dem Auge naͤher entgegen, und ſcheint, als die ſchoͤnſte, am meiſten Aufmerk-
ſamkeit zu fordern. Der Umzug und die Woͤlbung dieſes Waldes, den auch der Na-
me Prinzenholz von den andern unterſcheidet, iſt ein Meiſterſtuͤck der Natur; von
allen Seiten, da man ihn bey der Herumfahrt um den See erblickt, zeigt er ſich uͤberaus
maleriſch, und in einer vortrefflichen Wirkung auf das Auge. Die Waͤlder beſtehen
meiſtens aus Buchen mit Eichen untermiſcht, die ſowohl durch die Hoͤhe ihres Wuch-
ſes, als auch durch ihr Laub ein ſchoͤnes Anſehen haben. Bey der Ausſicht aus dem
Pavillon, wo wir noch immer als auf dem ſchoͤnſten Standpunkte verweilen, erblickt
man gerade uͤber den See hin eine breite niedrige Oeffnung, die das Auge in die blaue
Ferne der weiten Landſchaft hinauszuſchweifen einladet. An dieſe Oeffnung ſtoͤßt in der
fernern Bekraͤnzung des Sees noch ein hoher Wald, der ſich im Proſpect auszeichnet;
die uͤbrige Seite zur Rechten beſteht mehr aus Buſchwerk und einer Sammlung klei-
ner von einander unterſchiedener Haine, als aus einer zuſammenhaͤngenden Waldung.
Auf dieſer Seite beleben noch zwey Doͤrfer, ohne das im Vorgrund, mit ihren anmuthigen
Lagen die Landſchaft; ein Kirchdorf erſcheint vorne faſt in gerader Linie uͤber den See hin.

Dieſe
II Band. U
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[153/0157] Beſchreibungen von Gaͤrten. ſehr eindringende Reize des Anmuthigen und Heitern. Seine Lage verſtattet ihm die Verſchoͤnerung des Abendlichts, das zur Rechten faſt in ſeinem Angeſichte niederſin- ket, und ſeiner ganzen weißen Vorderſeite von dem Feuer zuwirft, das in Weſten gluͤhet. Aus dem Vordertheil dieſes Gebaͤudes wird man durch einen Proſpect ent- zuͤckt, der einen ganzen Reichthum von laͤndlichen Annehmlichkeiten enthaͤlt. Gerade unmittelbar vor demſelben auf dem Abhange zu dem See hinab, zieht ſich in einer anſehnlichen Strecke ein Stuͤck von Feld und Wieſen; auf der linken Seite hinunter ſperrt ein ſchoͤner Kranz von waldigten Huͤgeln die weitere Ausſicht, und auf der rech- ten wird das Auge durch eine Miſchung von Hoͤhen, Niedrigungen und Buſchwerk unterhalten. Ein kleines Dorf, Sielbeck, das zwiſchen den Umhuͤllungen ſeiner Obſtbaͤume, ſeiner Weiden und Haſelgebuͤſche die ſtrohernen Gipfel emporhebt, bil- det den Vorgrund an dem niedrigen Ufer. Man uͤberſieht von oben die ganze praͤch- tige Waſſerſcene des hellen Sees, deſſen Umfang von allen Seiten ins Auge faͤllt, auſ- ſer wo Einbuchten von abwechſelnden Formen ſich zwiſchen Huͤgeln und Waldungen verlieren. In ſeiner Verzierung ſcheint die Natur alle ihre gefaͤlligen Reize ausge- breitet haben. Er iſt faſt uͤberall mit Bergen, mit Anhoͤhen und Waldungen bekraͤnzt, die ſich hin und wieder ins Waſſer hinabſenken, und mit ihm zu ſchwimmen ſcheinen. An andern Stellen ziehen ſich kleine ſchmale niedrige Erdzungen, mit Gebuͤſch und ſchoͤnen Baͤumen bekleidet, in den See hinein. Zur linken Seite ragen drey reiche Wal- dungen auf Anhoͤhen neben einander in einer Lage, die jede von der andern deutlich un- terſcheidet, mit hoher Schoͤnheit empor, und bilden eine praͤchtige Ausſicht. Die mit- telſte ruͤckt dem Auge naͤher entgegen, und ſcheint, als die ſchoͤnſte, am meiſten Aufmerk- ſamkeit zu fordern. Der Umzug und die Woͤlbung dieſes Waldes, den auch der Na- me Prinzenholz von den andern unterſcheidet, iſt ein Meiſterſtuͤck der Natur; von allen Seiten, da man ihn bey der Herumfahrt um den See erblickt, zeigt er ſich uͤberaus maleriſch, und in einer vortrefflichen Wirkung auf das Auge. Die Waͤlder beſtehen meiſtens aus Buchen mit Eichen untermiſcht, die ſowohl durch die Hoͤhe ihres Wuch- ſes, als auch durch ihr Laub ein ſchoͤnes Anſehen haben. Bey der Ausſicht aus dem Pavillon, wo wir noch immer als auf dem ſchoͤnſten Standpunkte verweilen, erblickt man gerade uͤber den See hin eine breite niedrige Oeffnung, die das Auge in die blaue Ferne der weiten Landſchaft hinauszuſchweifen einladet. An dieſe Oeffnung ſtoͤßt in der fernern Bekraͤnzung des Sees noch ein hoher Wald, der ſich im Proſpect auszeichnet; die uͤbrige Seite zur Rechten beſteht mehr aus Buſchwerk und einer Sammlung klei- ner von einander unterſchiedener Haine, als aus einer zuſammenhaͤngenden Waldung. Auf dieſer Seite beleben noch zwey Doͤrfer, ohne das im Vorgrund, mit ihren anmuthigen Lagen die Landſchaft; ein Kirchdorf erſcheint vorne faſt in gerader Linie uͤber den See hin. Dieſe II Band. U

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/157>, abgerufen am 04.12.2024.