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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.

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Anhang.

Eine goldene Inschrift über dem Eingange kündigt seine Bestimmung an: Tranquil-
litati!
Unten beym Eintritt ein großer, hoher und schönverzierter Saal in der Mitte,
auf beyden Seiten zwey Kabinette; im zweyten Stockwerk die Schlafzimmer. Die-
ses Gebäude dient blos zur Wohnung des Herrn; es ist zu diesem Gebrauch geräu-
mig genug, da es in den Wintermonaten nicht bewohnt wird, indem die Lage und
Einrichtung dieses Orts ihn blos zu einem Sommersitz machen. Das rothangestri-
chene Dach ist mit einem kleinen artigen Thurm geziert, und die äußern Wände sind
mit einem bläulichen Anwurf versehen. Hinter dem Gebäude liegt eine Reihe klei-
ner wohlausgezierter Gezelte zur Wohnung der Bedienten. Die Küche, die Be-
ckerey, der Eiskeller und andere zur Haushaltung gehörige Gebäude verbergen sich
zur Seite im Gebüsch; sie liegen so tief im Schatten, daß der nahe Umhergehende
sie nicht bemerkt; keine Sonnenstralen dringen in diesen verschlossenen Platz, und
kein Geräusch verräth die Beschäftigung.

Auf dem Vorplatz des Pavillon ist ein kleiner Lindengang mit Sitzen angelegt.
Er dient sowohl in kühlen Stunden zum Theetrinken, zum Spiel und zur Abendta-
fel, als auch zum Prospect, indem man zwischendurch aus dem Saale in gerader
Linie eine angenehme Aussicht auf einen Strich von Wiesen und Feld, sodann auf die
zu dem adelichen Gute gehörigen Hofgebäude in der Tiefe, hinter ihnen auf einen
Berg, und endlich auf einen schönen Wald hat, der die Scene schließt. Die kurze
Lindenallee hat in der Mitte einen breiten Gang, und auf den beyden Außenseiten zwey
schmalere, die von einer Hecke von Hagebuchen zur Einfassung des Waldes begränzt
werden. Diese Hecke hat nichts Gekünsteltes; sie ist frey gezogen, und die Wald-
bäume ragen unmittelbar über sie empor.

An dem Ende des Lindengangs sieht man vor sich eine in gerader Richtung mit
neuen ansehnlichen Absätzen tief sich hinabsenkende Terrasse, auf beyden Seiten hin-
unter mit Hecken und Wald eingefaßt, und unten am Fuß ein kleines Wasser, worin
sich die Häupter umhergepflanzter Bäume spiegeln. Die Terrasse, die nicht bestimmt
ist, bestiegen zu werden, hat kein Treppenwerk. Ueber die Absätze hin laufen von
beyden Seiten des Waldes Gänge, auf welchen man in verschiedenen Erhöhungen
auch verschiedene Aussichten nach dem großen Pavillon oben hinauf, und nach der un-
ten liegenden Landgegend hat. Die Absätze haben Ruhebänke zum Genuß dieser Aus-
sichten, die sich bald erweitern, bald zusammenziehen; sie sind überdies mit Blu-
men, und hie und da mit einigen schönen Lorbeerbäumen in malerischen Stellungen
verziert.

Zur
Anhang.

Eine goldene Inſchrift uͤber dem Eingange kuͤndigt ſeine Beſtimmung an: Tranquil-
litati!
Unten beym Eintritt ein großer, hoher und ſchoͤnverzierter Saal in der Mitte,
auf beyden Seiten zwey Kabinette; im zweyten Stockwerk die Schlafzimmer. Die-
ſes Gebaͤude dient blos zur Wohnung des Herrn; es iſt zu dieſem Gebrauch geraͤu-
mig genug, da es in den Wintermonaten nicht bewohnt wird, indem die Lage und
Einrichtung dieſes Orts ihn blos zu einem Sommerſitz machen. Das rothangeſtri-
chene Dach iſt mit einem kleinen artigen Thurm geziert, und die aͤußern Waͤnde ſind
mit einem blaͤulichen Anwurf verſehen. Hinter dem Gebaͤude liegt eine Reihe klei-
ner wohlausgezierter Gezelte zur Wohnung der Bedienten. Die Kuͤche, die Be-
ckerey, der Eiskeller und andere zur Haushaltung gehoͤrige Gebaͤude verbergen ſich
zur Seite im Gebuͤſch; ſie liegen ſo tief im Schatten, daß der nahe Umhergehende
ſie nicht bemerkt; keine Sonnenſtralen dringen in dieſen verſchloſſenen Platz, und
kein Geraͤuſch verraͤth die Beſchaͤftigung.

Auf dem Vorplatz des Pavillon iſt ein kleiner Lindengang mit Sitzen angelegt.
Er dient ſowohl in kuͤhlen Stunden zum Theetrinken, zum Spiel und zur Abendta-
fel, als auch zum Proſpect, indem man zwiſchendurch aus dem Saale in gerader
Linie eine angenehme Ausſicht auf einen Strich von Wieſen und Feld, ſodann auf die
zu dem adelichen Gute gehoͤrigen Hofgebaͤude in der Tiefe, hinter ihnen auf einen
Berg, und endlich auf einen ſchoͤnen Wald hat, der die Scene ſchließt. Die kurze
Lindenallee hat in der Mitte einen breiten Gang, und auf den beyden Außenſeiten zwey
ſchmalere, die von einer Hecke von Hagebuchen zur Einfaſſung des Waldes begraͤnzt
werden. Dieſe Hecke hat nichts Gekuͤnſteltes; ſie iſt frey gezogen, und die Wald-
baͤume ragen unmittelbar uͤber ſie empor.

An dem Ende des Lindengangs ſieht man vor ſich eine in gerader Richtung mit
neuen anſehnlichen Abſaͤtzen tief ſich hinabſenkende Terraſſe, auf beyden Seiten hin-
unter mit Hecken und Wald eingefaßt, und unten am Fuß ein kleines Waſſer, worin
ſich die Haͤupter umhergepflanzter Baͤume ſpiegeln. Die Terraſſe, die nicht beſtimmt
iſt, beſtiegen zu werden, hat kein Treppenwerk. Ueber die Abſaͤtze hin laufen von
beyden Seiten des Waldes Gaͤnge, auf welchen man in verſchiedenen Erhoͤhungen
auch verſchiedene Ausſichten nach dem großen Pavillon oben hinauf, und nach der un-
ten liegenden Landgegend hat. Die Abſaͤtze haben Ruhebaͤnke zum Genuß dieſer Aus-
ſichten, die ſich bald erweitern, bald zuſammenziehen; ſie ſind uͤberdies mit Blu-
men, und hie und da mit einigen ſchoͤnen Lorbeerbaͤumen in maleriſchen Stellungen
verziert.

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[140/0144] Anhang. Eine goldene Inſchrift uͤber dem Eingange kuͤndigt ſeine Beſtimmung an: Tranquil- litati! Unten beym Eintritt ein großer, hoher und ſchoͤnverzierter Saal in der Mitte, auf beyden Seiten zwey Kabinette; im zweyten Stockwerk die Schlafzimmer. Die- ſes Gebaͤude dient blos zur Wohnung des Herrn; es iſt zu dieſem Gebrauch geraͤu- mig genug, da es in den Wintermonaten nicht bewohnt wird, indem die Lage und Einrichtung dieſes Orts ihn blos zu einem Sommerſitz machen. Das rothangeſtri- chene Dach iſt mit einem kleinen artigen Thurm geziert, und die aͤußern Waͤnde ſind mit einem blaͤulichen Anwurf verſehen. Hinter dem Gebaͤude liegt eine Reihe klei- ner wohlausgezierter Gezelte zur Wohnung der Bedienten. Die Kuͤche, die Be- ckerey, der Eiskeller und andere zur Haushaltung gehoͤrige Gebaͤude verbergen ſich zur Seite im Gebuͤſch; ſie liegen ſo tief im Schatten, daß der nahe Umhergehende ſie nicht bemerkt; keine Sonnenſtralen dringen in dieſen verſchloſſenen Platz, und kein Geraͤuſch verraͤth die Beſchaͤftigung. Auf dem Vorplatz des Pavillon iſt ein kleiner Lindengang mit Sitzen angelegt. Er dient ſowohl in kuͤhlen Stunden zum Theetrinken, zum Spiel und zur Abendta- fel, als auch zum Proſpect, indem man zwiſchendurch aus dem Saale in gerader Linie eine angenehme Ausſicht auf einen Strich von Wieſen und Feld, ſodann auf die zu dem adelichen Gute gehoͤrigen Hofgebaͤude in der Tiefe, hinter ihnen auf einen Berg, und endlich auf einen ſchoͤnen Wald hat, der die Scene ſchließt. Die kurze Lindenallee hat in der Mitte einen breiten Gang, und auf den beyden Außenſeiten zwey ſchmalere, die von einer Hecke von Hagebuchen zur Einfaſſung des Waldes begraͤnzt werden. Dieſe Hecke hat nichts Gekuͤnſteltes; ſie iſt frey gezogen, und die Wald- baͤume ragen unmittelbar uͤber ſie empor. An dem Ende des Lindengangs ſieht man vor ſich eine in gerader Richtung mit neuen anſehnlichen Abſaͤtzen tief ſich hinabſenkende Terraſſe, auf beyden Seiten hin- unter mit Hecken und Wald eingefaßt, und unten am Fuß ein kleines Waſſer, worin ſich die Haͤupter umhergepflanzter Baͤume ſpiegeln. Die Terraſſe, die nicht beſtimmt iſt, beſtiegen zu werden, hat kein Treppenwerk. Ueber die Abſaͤtze hin laufen von beyden Seiten des Waldes Gaͤnge, auf welchen man in verſchiedenen Erhoͤhungen auch verſchiedene Ausſichten nach dem großen Pavillon oben hinauf, und nach der un- ten liegenden Landgegend hat. Die Abſaͤtze haben Ruhebaͤnke zum Genuß dieſer Aus- ſichten, die ſich bald erweitern, bald zuſammenziehen; ſie ſind uͤberdies mit Blu- men, und hie und da mit einigen ſchoͤnen Lorbeerbaͤumen in maleriſchen Stellungen verziert. Zur

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/144>, abgerufen am 05.05.2024.