Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.Erster Abschnitt. Aussicht in die Gärten 3. Gärten der Griechen. Die Griechen bewohnten zum Theil Gegenden, die zum Anbau der Gärten Homer *) beschreibt die Gärten des Alcinous, die man oft eben so unmäßig, Man *) Odyss. Lib. 7.
Erſter Abſchnitt. Ausſicht in die Gaͤrten 3. Gaͤrten der Griechen. Die Griechen bewohnten zum Theil Gegenden, die zum Anbau der Gaͤrten Homer *) beſchreibt die Gaͤrten des Alcinous, die man oft eben ſo unmaͤßig, Man *) Odyſſ. Lib. 7.
<TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0024" n="10"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Erſter Abſchnitt. Ausſicht in die Gaͤrten</hi> </fw><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">3.<lb/><hi rendition="#g">Gaͤrten der Griechen.</hi></hi> </head><lb/> <p>Die <hi rendition="#fr">Griechen</hi> bewohnten zum Theil Gegenden, die zum Anbau der Gaͤrten<lb/> ſehr geſchickt und einladend waren. Die Lebhaftigkeit ihres Geiſtes, ihre beſondere<lb/> Empfindlichkeit gegen angenehme Eindruͤcke, ihr Hang zum Vergnuͤgen und zur Ab-<lb/> wechſelung, mußte ſie nicht weniger zur Liebe der Gaͤrten reizen. Sie waren auch<lb/> dagegen eben ſo wenig gleichguͤltig, als gegen die großen Schoͤnheiten der Natur<lb/> ſelbſt, wovon ihre Dichter uns Nachbildungen hinterlaſſen haben. Allein bey allem<lb/> dieſen ſcheint es doch, daß ſie in den erſten Zeiten zu ſehr mit harten Beduͤrfniſſen<lb/> beladen, in der Folge zu ſehr mit den Geſchaͤften der Staatseinrichtungen und des<lb/> Krieges uͤberhaͤuft, endlich fuͤr andere Kuͤnſte und vornehmlich fuͤr Ergoͤtzungen von<lb/> einer ſtaͤrkern Art zu lebhaft eingenommen geweſen, als daß ſie Zeit und Ruhe genug<lb/> finden koͤnnen, fuͤr den ſanftern Reiz der Gaͤrten recht thaͤtig zu werden. Die Men-<lb/> ge von Statuen, Tempeln, Theatern und andern Gebaͤuden, die in <hi rendition="#fr">Griechenland</hi><lb/> nicht blos die Staͤdte, ſondern auch zum Theil die Landſtraßen, die Haine und die<lb/> Gefilde erfuͤllten, gaben dem Auge, das Verſchoͤnerung ſuchte, ſchon Unterhaltung<lb/> genug. So viele Wunder der Kunſt ſchienen zu laͤndlichen Scenen voll Einfalt und<lb/> ſtiller Anmuth nicht Raum mehr zu laſſen. Die Gaͤrten der <hi rendition="#fr">Griechen</hi> haben daher<lb/> auch nie das Anſehen erreicht, zu welchem ſonſt die ſchoͤnen Kuͤnſte bey dieſer Nation<lb/> geſtiegen ſind.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Homer</hi><note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Odyſſ. Lib. 7.</hi></note> beſchreibt die Gaͤrten des <hi rendition="#fr">Alcinous,</hi> die man oft eben ſo unmaͤßig,<lb/> als die <hi rendition="#fr">babyloniſchen,</hi> erhoben hat, da doch ſelbſt die aͤltern Schriftſteller keinem<lb/> als dem <hi rendition="#fr">Homer</hi> folgen konnten. Ihre Schoͤnheit beſtand in Granaten-Feigen-<lb/> und Oelbaͤumen und andern Arten von Baͤumen; in einer gewiſſen Abtheilung, nach<lb/> welcher den Fruchtbaͤumen, den Weinſtoͤcken und den ſogenannten Kuͤchengewaͤchſen<lb/> beſondere Plaͤtze angewieſen waren; in dem Waſſer, das zur Befruchtung hin und<lb/> wieder geleitet war. Es ſcheint auch, daß die Baͤume und uͤbrigen Gewaͤchſe in<lb/> einer gewiſſen Ordnung und Symmetrie gepflanzt geweſen, womit die Kunſt faſt<lb/> uͤberall ihren Anfang nahm und nehmen konnte, doch ohne daß ſie nachher auf dieſem<lb/> Punkt haͤtte ſtille ſtehen ſollen. Man ſieht in dieſer Beſchreibung die erſte Entwicke-<lb/> lung eines Gartens in der Auswahl der Baͤume und Gewaͤchſe, in der Sorgfalt fuͤr<lb/> ihre Befruchtung und in ihrer Stellung nach einer gewiſſen Ordnung, wodurch man<lb/> ſich von der Wildheit der Natur zu entfernen ſuchte. Aber noch giebt dieſe Be-<lb/> ſchreibung, ſo wie ſie da iſt, keinen großen Begriff von einem koͤniglichen Luſtgarten.<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Man</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [10/0024]
Erſter Abſchnitt. Ausſicht in die Gaͤrten
3.
Gaͤrten der Griechen.
Die Griechen bewohnten zum Theil Gegenden, die zum Anbau der Gaͤrten
ſehr geſchickt und einladend waren. Die Lebhaftigkeit ihres Geiſtes, ihre beſondere
Empfindlichkeit gegen angenehme Eindruͤcke, ihr Hang zum Vergnuͤgen und zur Ab-
wechſelung, mußte ſie nicht weniger zur Liebe der Gaͤrten reizen. Sie waren auch
dagegen eben ſo wenig gleichguͤltig, als gegen die großen Schoͤnheiten der Natur
ſelbſt, wovon ihre Dichter uns Nachbildungen hinterlaſſen haben. Allein bey allem
dieſen ſcheint es doch, daß ſie in den erſten Zeiten zu ſehr mit harten Beduͤrfniſſen
beladen, in der Folge zu ſehr mit den Geſchaͤften der Staatseinrichtungen und des
Krieges uͤberhaͤuft, endlich fuͤr andere Kuͤnſte und vornehmlich fuͤr Ergoͤtzungen von
einer ſtaͤrkern Art zu lebhaft eingenommen geweſen, als daß ſie Zeit und Ruhe genug
finden koͤnnen, fuͤr den ſanftern Reiz der Gaͤrten recht thaͤtig zu werden. Die Men-
ge von Statuen, Tempeln, Theatern und andern Gebaͤuden, die in Griechenland
nicht blos die Staͤdte, ſondern auch zum Theil die Landſtraßen, die Haine und die
Gefilde erfuͤllten, gaben dem Auge, das Verſchoͤnerung ſuchte, ſchon Unterhaltung
genug. So viele Wunder der Kunſt ſchienen zu laͤndlichen Scenen voll Einfalt und
ſtiller Anmuth nicht Raum mehr zu laſſen. Die Gaͤrten der Griechen haben daher
auch nie das Anſehen erreicht, zu welchem ſonſt die ſchoͤnen Kuͤnſte bey dieſer Nation
geſtiegen ſind.
Homer *) beſchreibt die Gaͤrten des Alcinous, die man oft eben ſo unmaͤßig,
als die babyloniſchen, erhoben hat, da doch ſelbſt die aͤltern Schriftſteller keinem
als dem Homer folgen konnten. Ihre Schoͤnheit beſtand in Granaten-Feigen-
und Oelbaͤumen und andern Arten von Baͤumen; in einer gewiſſen Abtheilung, nach
welcher den Fruchtbaͤumen, den Weinſtoͤcken und den ſogenannten Kuͤchengewaͤchſen
beſondere Plaͤtze angewieſen waren; in dem Waſſer, das zur Befruchtung hin und
wieder geleitet war. Es ſcheint auch, daß die Baͤume und uͤbrigen Gewaͤchſe in
einer gewiſſen Ordnung und Symmetrie gepflanzt geweſen, womit die Kunſt faſt
uͤberall ihren Anfang nahm und nehmen konnte, doch ohne daß ſie nachher auf dieſem
Punkt haͤtte ſtille ſtehen ſollen. Man ſieht in dieſer Beſchreibung die erſte Entwicke-
lung eines Gartens in der Auswahl der Baͤume und Gewaͤchſe, in der Sorgfalt fuͤr
ihre Befruchtung und in ihrer Stellung nach einer gewiſſen Ordnung, wodurch man
ſich von der Wildheit der Natur zu entfernen ſuchte. Aber noch giebt dieſe Be-
ſchreibung, ſo wie ſie da iſt, keinen großen Begriff von einem koͤniglichen Luſtgarten.
Man
*) Odyſſ. Lib. 7.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |