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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.

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Erster Abschnitt. Aussicht in die Gärten
auch schöne Meyerhöfe und Landhäuser, die hin und her zerstreut liegen. Einen vor-
züglich reizenden Aufenthalt giebt die Lage und ganze Gegend der peruanischen Kü-
ste. Das mäßige und gesunde Klima und die angenehme Witterung machen hier
ein Paradies. Da weder scharfe Kälte noch starkbrennende Hitze einfällt, so ist
hier ein ewiger Frühling, der keiner Veränderung der Zeit unterworfen ist. Es
giebt niemals finstre oder trübe Wolken; und wenn die Sonnenstralen zuweilen be-
deckt werden, so wird dieses von einem angenehmen und etwas frischen Nebel verur-
sacht, der die Einwohner zum Spaziergang einladet. Von Donner und Blitz,
auch von starken Platzregen weiß man in diesen Gegenden nichts. Das ganze Jahr
hindurch sind Tag und Nacht einander gleich. Die Erde wird von einem Morgen-
thaue und unzählbaren Bächen befeuchtet, die mit lieblichem Rauschen durch Felder
und Wiesen zwischen Bäumen und Gärten herumfließen. Daher bringen diese den
Einwohnern zu jeder Jahreszeit eine große Menge der besten Blumen und
Früchte.

In den brittischen Colonien in Nordamerica, das an natürlichen Schön-
heiten, Bergen, Waldungen, klaren Flüssen und prächtigen Wasserfällen reich ist,
finden sich überall, besonders an den Ufern der Ströme, die anmuthigsten Landhäu-
ser. In den fruchtbaren Gegenden Virginiens an dem Ufer des romantischschönen
Shenando leben die Einwohner, wie Burnaby *) erzählt, in einer überaus glück-
lichen Lage. Fern vom Geräusche der Welt wohnen sie unter dem angenehmsten Kli-
ma und in dem fruchtbarsten Lande, das nur zu erdenken ist. Allenthalben mit rei-
zenden Aussichten und schattigen Scenen umgeben; mit hohen Bergen, durchsich-
tigen Flüssen, Wasserfällen, reichen Thälern und majestätischen Wäldern; alles un-
termischt mit einer unendlichen Mannigfaltigkeit blühender Gesträuche: dies ist die
Landschaft, die sie umringt. Sie sind wenigen Krankheiten unterworfen, meisten-
theils stark und wohlgewachsen, und leben in der vollkommensten Freyheit. Sie
wissen von keinem Mangel, und es giebt nur wenige Laster unter ihnen. Ihre Un-
bekanntschaft mit den Ueppigkeiten unsers Lebens macht, daß sie den Mangel der
Mittel, sie zu genießen, nicht bedauern; allein sie besitzen etwas, wofür manche Für-
sten gern die Hälfte ihrer Länder hingäben -- Gesundheit, Zufriedenheit und Ruhe
der Seele.

Auch
*) Reise durch die mittlern Colonien der Engländer in Nordamerika etc. Aus dem
Engl. 1776. S. 68.

Erſter Abſchnitt. Ausſicht in die Gaͤrten
auch ſchoͤne Meyerhoͤfe und Landhaͤuſer, die hin und her zerſtreut liegen. Einen vor-
zuͤglich reizenden Aufenthalt giebt die Lage und ganze Gegend der peruaniſchen Kuͤ-
ſte. Das maͤßige und geſunde Klima und die angenehme Witterung machen hier
ein Paradies. Da weder ſcharfe Kaͤlte noch ſtarkbrennende Hitze einfaͤllt, ſo iſt
hier ein ewiger Fruͤhling, der keiner Veraͤnderung der Zeit unterworfen iſt. Es
giebt niemals finſtre oder truͤbe Wolken; und wenn die Sonnenſtralen zuweilen be-
deckt werden, ſo wird dieſes von einem angenehmen und etwas friſchen Nebel verur-
ſacht, der die Einwohner zum Spaziergang einladet. Von Donner und Blitz,
auch von ſtarken Platzregen weiß man in dieſen Gegenden nichts. Das ganze Jahr
hindurch ſind Tag und Nacht einander gleich. Die Erde wird von einem Morgen-
thaue und unzaͤhlbaren Baͤchen befeuchtet, die mit lieblichem Rauſchen durch Felder
und Wieſen zwiſchen Baͤumen und Gaͤrten herumfließen. Daher bringen dieſe den
Einwohnern zu jeder Jahreszeit eine große Menge der beſten Blumen und
Fruͤchte.

In den brittiſchen Colonien in Nordamerica, das an natuͤrlichen Schoͤn-
heiten, Bergen, Waldungen, klaren Fluͤſſen und praͤchtigen Waſſerfaͤllen reich iſt,
finden ſich uͤberall, beſonders an den Ufern der Stroͤme, die anmuthigſten Landhaͤu-
ſer. In den fruchtbaren Gegenden Virginiens an dem Ufer des romantiſchſchoͤnen
Shenando leben die Einwohner, wie Burnaby *) erzaͤhlt, in einer uͤberaus gluͤck-
lichen Lage. Fern vom Geraͤuſche der Welt wohnen ſie unter dem angenehmſten Kli-
ma und in dem fruchtbarſten Lande, das nur zu erdenken iſt. Allenthalben mit rei-
zenden Ausſichten und ſchattigen Scenen umgeben; mit hohen Bergen, durchſich-
tigen Fluͤſſen, Waſſerfaͤllen, reichen Thaͤlern und majeſtaͤtiſchen Waͤldern; alles un-
termiſcht mit einer unendlichen Mannigfaltigkeit bluͤhender Geſtraͤuche: dies iſt die
Landſchaft, die ſie umringt. Sie ſind wenigen Krankheiten unterworfen, meiſten-
theils ſtark und wohlgewachſen, und leben in der vollkommenſten Freyheit. Sie
wiſſen von keinem Mangel, und es giebt nur wenige Laſter unter ihnen. Ihre Un-
bekanntſchaft mit den Ueppigkeiten unſers Lebens macht, daß ſie den Mangel der
Mittel, ſie zu genießen, nicht bedauern; allein ſie beſitzen etwas, wofuͤr manche Fuͤr-
ſten gern die Haͤlfte ihrer Laͤnder hingaͤben — Geſundheit, Zufriedenheit und Ruhe
der Seele.

Auch
*) Reiſe durch die mittlern Colonien der Englaͤnder in Nordamerika ꝛc. Aus dem
Engl. 1776. S. 68.
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[112/0126] Erſter Abſchnitt. Ausſicht in die Gaͤrten auch ſchoͤne Meyerhoͤfe und Landhaͤuſer, die hin und her zerſtreut liegen. Einen vor- zuͤglich reizenden Aufenthalt giebt die Lage und ganze Gegend der peruaniſchen Kuͤ- ſte. Das maͤßige und geſunde Klima und die angenehme Witterung machen hier ein Paradies. Da weder ſcharfe Kaͤlte noch ſtarkbrennende Hitze einfaͤllt, ſo iſt hier ein ewiger Fruͤhling, der keiner Veraͤnderung der Zeit unterworfen iſt. Es giebt niemals finſtre oder truͤbe Wolken; und wenn die Sonnenſtralen zuweilen be- deckt werden, ſo wird dieſes von einem angenehmen und etwas friſchen Nebel verur- ſacht, der die Einwohner zum Spaziergang einladet. Von Donner und Blitz, auch von ſtarken Platzregen weiß man in dieſen Gegenden nichts. Das ganze Jahr hindurch ſind Tag und Nacht einander gleich. Die Erde wird von einem Morgen- thaue und unzaͤhlbaren Baͤchen befeuchtet, die mit lieblichem Rauſchen durch Felder und Wieſen zwiſchen Baͤumen und Gaͤrten herumfließen. Daher bringen dieſe den Einwohnern zu jeder Jahreszeit eine große Menge der beſten Blumen und Fruͤchte. In den brittiſchen Colonien in Nordamerica, das an natuͤrlichen Schoͤn- heiten, Bergen, Waldungen, klaren Fluͤſſen und praͤchtigen Waſſerfaͤllen reich iſt, finden ſich uͤberall, beſonders an den Ufern der Stroͤme, die anmuthigſten Landhaͤu- ſer. In den fruchtbaren Gegenden Virginiens an dem Ufer des romantiſchſchoͤnen Shenando leben die Einwohner, wie Burnaby *) erzaͤhlt, in einer uͤberaus gluͤck- lichen Lage. Fern vom Geraͤuſche der Welt wohnen ſie unter dem angenehmſten Kli- ma und in dem fruchtbarſten Lande, das nur zu erdenken iſt. Allenthalben mit rei- zenden Ausſichten und ſchattigen Scenen umgeben; mit hohen Bergen, durchſich- tigen Fluͤſſen, Waſſerfaͤllen, reichen Thaͤlern und majeſtaͤtiſchen Waͤldern; alles un- termiſcht mit einer unendlichen Mannigfaltigkeit bluͤhender Geſtraͤuche: dies iſt die Landſchaft, die ſie umringt. Sie ſind wenigen Krankheiten unterworfen, meiſten- theils ſtark und wohlgewachſen, und leben in der vollkommenſten Freyheit. Sie wiſſen von keinem Mangel, und es giebt nur wenige Laſter unter ihnen. Ihre Un- bekanntſchaft mit den Ueppigkeiten unſers Lebens macht, daß ſie den Mangel der Mittel, ſie zu genießen, nicht bedauern; allein ſie beſitzen etwas, wofuͤr manche Fuͤr- ſten gern die Haͤlfte ihrer Laͤnder hingaͤben — Geſundheit, Zufriedenheit und Ruhe der Seele. Auch *) Reiſe durch die mittlern Colonien der Englaͤnder in Nordamerika ꝛc. Aus dem Engl. 1776. S. 68.

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst1_1779/126>, abgerufen am 22.11.2024.