Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

rer zu lesen und zu fassen sind, und weil der
Witz ein Todfeind dieser Potsdammer ist --
von denen ein plumper Holländer behauptete,
dass nur ein kleines Herz in einer dergleichen
gewaltig grossen Maschine gefunden werde --
Selten lassen Weiber einen üppigen Sprössling
des Ausdruckes aufschiessen -- und ereignet
sich der Fall, so ist es eine Feldblume, die
sich nicht aus den Grenzen der Bescheiden-
heit wagt -- Bei uns gewinnt Nachdenken,
bei Weibern Empfindung die Oberhand --
Die Oberhand, sag' ich; denn auch Nachden-
ken leistet der weiblichen Empfindung hülf-
liche Hand: und sind in ihren Aufsätzen nicht
alle Ungleichheiten geebnet, so bleibt ihnen
dagegen mehr Eigenthümliches -- Man rücke
das Ziel ihres geschäftigen Lebens über die
Küche und Stricknadel hinaus; man führe sie
nur an: und sie werden uns sehr bald an
Scharf- und Tiefsinn übertreffen, ohne sich kraft
ihres gesunden Menschenverstandes zu verstei-
gen. Ach! wer kann sich entbrechen, wenn vom
Vorzuge unseres Geschlechtes die Rede ist, mit
Daniel auszurufen: Seht, das sind eure Götzen!

rer zu lesen und zu fassen sind, und weil der
Witz ein Todfeind dieser Potsdammer ist —
von denen ein plumper Holländer behauptete,
daſs nur ein kleines Herz in einer dergleichen
gewaltig groſsen Maschine gefunden werde —
Selten lassen Weiber einen üppigen Spröſsling
des Ausdruckes aufschieſsen — und ereignet
sich der Fall, so ist es eine Feldblume, die
sich nicht aus den Grenzen der Bescheiden-
heit wagt — Bei uns gewinnt Nachdenken,
bei Weibern Empfindung die Oberhand —
Die Oberhand, sag’ ich; denn auch Nachden-
ken leistet der weiblichen Empfindung hülf-
liche Hand: und sind in ihren Aufsätzen nicht
alle Ungleichheiten geebnet, so bleibt ihnen
dagegen mehr Eigenthümliches — Man rücke
das Ziel ihres geschäftigen Lebens über die
Küche und Stricknadel hinaus; man führe sie
nur an: und sie werden uns sehr bald an
Scharf- und Tiefsinn übertreffen, ohne sich kraft
ihres gesunden Menschenverstandes zu verstei-
gen. Ach! wer kann sich entbrechen, wenn vom
Vorzuge unseres Geschlechtes die Rede ist, mit
Daniel auszurufen: Seht, das sind eure Götzen!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0396" n="388"/>
rer zu lesen und zu fassen sind, und weil der<lb/>
Witz ein Todfeind dieser Potsdammer ist &#x2014;<lb/>
von denen ein plumper Holländer behauptete,<lb/>
da&#x017F;s nur ein kleines Herz in einer dergleichen<lb/>
gewaltig gro&#x017F;sen Maschine gefunden werde &#x2014;<lb/>
Selten lassen Weiber einen üppigen Sprö&#x017F;sling<lb/>
des Ausdruckes aufschie&#x017F;sen &#x2014; und ereignet<lb/>
sich der Fall, so ist es eine Feldblume, die<lb/>
sich nicht aus den Grenzen der Bescheiden-<lb/>
heit wagt &#x2014; Bei uns gewinnt Nachdenken,<lb/>
bei Weibern Empfindung die Oberhand &#x2014;<lb/>
Die Oberhand, sag&#x2019; ich; denn auch Nachden-<lb/>
ken leistet der weiblichen Empfindung hülf-<lb/>
liche Hand: und sind in ihren Aufsätzen nicht<lb/>
alle Ungleichheiten geebnet, so bleibt ihnen<lb/>
dagegen mehr Eigenthümliches &#x2014; Man rücke<lb/>
das Ziel ihres geschäftigen Lebens über die<lb/>
Küche und Stricknadel hinaus; man führe sie<lb/>
nur an: und sie werden uns sehr bald an<lb/>
Scharf- und Tiefsinn übertreffen, ohne sich kraft<lb/>
ihres gesunden Menschenverstandes zu verstei-<lb/>
gen. Ach! wer kann sich entbrechen, wenn vom<lb/>
Vorzuge unseres Geschlechtes die Rede ist, mit<lb/><hi rendition="#i">Daniel</hi> auszurufen: Seht, das sind eure Götzen!</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[388/0396] rer zu lesen und zu fassen sind, und weil der Witz ein Todfeind dieser Potsdammer ist — von denen ein plumper Holländer behauptete, daſs nur ein kleines Herz in einer dergleichen gewaltig groſsen Maschine gefunden werde — Selten lassen Weiber einen üppigen Spröſsling des Ausdruckes aufschieſsen — und ereignet sich der Fall, so ist es eine Feldblume, die sich nicht aus den Grenzen der Bescheiden- heit wagt — Bei uns gewinnt Nachdenken, bei Weibern Empfindung die Oberhand — Die Oberhand, sag’ ich; denn auch Nachden- ken leistet der weiblichen Empfindung hülf- liche Hand: und sind in ihren Aufsätzen nicht alle Ungleichheiten geebnet, so bleibt ihnen dagegen mehr Eigenthümliches — Man rücke das Ziel ihres geschäftigen Lebens über die Küche und Stricknadel hinaus; man führe sie nur an: und sie werden uns sehr bald an Scharf- und Tiefsinn übertreffen, ohne sich kraft ihres gesunden Menschenverstandes zu verstei- gen. Ach! wer kann sich entbrechen, wenn vom Vorzuge unseres Geschlechtes die Rede ist, mit Daniel auszurufen: Seht, das sind eure Götzen!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/396
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/396>, abgerufen am 11.05.2024.