kann, wenn man ihre Majestät beleidigt --! Entzieht den Weibern keinen jener Antheile, wozu sie unleugbare Rechte haben, und ihr werdet jenen Schleichhandel von selbst heben, den jetzt die Weiber zum Nachtheile ihrer Männer und des Staates treiben. Die Ver- nunft ist göttliches Ebenbild, und wo ihr sie findet, da ist es Pflicht, ihre Superiorität an zuerkennen -- Wo sie erscheint, ist Werth, Würde und Selbstbeständigkeit. Sie regiert im Kleinsten der Unterthanen den Grössten, den Herrn der Welt -- und in dem Staate, wo sie unterdrückt wird, hören die Weisen die Stimme, welche sie auf ebene Bahn leitet: Stehet auf und lasset uns von hinnen gehen! Oder wie? ist etwa der Werth des anderen Geschlechtes nicht auf Vernunft, sondern auf Sinnlichkeit gegründet? Ei, Lieber! können wir uns, so lange wir Kleider der Sterblich- keit tragen, über die Sinnlichkeit hinaussetzen? Nur ein Pedant kann die Sinne die Deutschen Klassen nennen; kommen wir nicht durch sie und durch die Empfindung der Vernunft zu- vor? gründen die Sinne nicht die Vernunft?
kann, wenn man ihre Majestät beleidigt —! Entzieht den Weibern keinen jener Antheile, wozu sie unleugbare Rechte haben, und ihr werdet jenen Schleichhandel von selbst heben, den jetzt die Weiber zum Nachtheile ihrer Männer und des Staates treiben. Die Ver- nunft ist göttliches Ebenbild, und wo ihr sie findet, da ist es Pflicht, ihre Superiorität an zuerkennen — Wo sie erscheint, ist Werth, Würde und Selbstbeständigkeit. Sie regiert im Kleinsten der Unterthanen den Gröſsten, den Herrn der Welt — und in dem Staate, wo sie unterdrückt wird, hören die Weisen die Stimme, welche sie auf ebene Bahn leitet: Stehet auf und lasset uns von hinnen gehen! Oder wie? ist etwa der Werth des anderen Geschlechtes nicht auf Vernunft, sondern auf Sinnlichkeit gegründet? Ei, Lieber! können wir uns, so lange wir Kleider der Sterblich- keit tragen, über die Sinnlichkeit hinaussetzen? Nur ein Pedant kann die Sinne die Deutschen Klassen nennen; kommen wir nicht durch sie und durch die Empfindung der Vernunft zu- vor? gründen die Sinne nicht die Vernunft?
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kann, wenn man ihre Majestät beleidigt —!
Entzieht den Weibern keinen jener Antheile,
wozu sie unleugbare Rechte haben, und ihr
werdet jenen Schleichhandel von selbst heben,
den jetzt die Weiber zum Nachtheile ihrer
Männer und des Staates treiben. Die Ver-
nunft ist göttliches Ebenbild, und wo ihr sie
findet, da ist es Pflicht, ihre Superiorität an
zuerkennen — Wo sie erscheint, ist Werth,
Würde und Selbstbeständigkeit. Sie regiert
im Kleinsten der Unterthanen den Gröſsten,
den Herrn der Welt — und in dem Staate,
wo sie unterdrückt wird, hören die Weisen
die Stimme, welche sie auf ebene Bahn leitet:
Stehet auf und lasset uns von hinnen gehen!
Oder wie? ist etwa der Werth des anderen
Geschlechtes nicht auf Vernunft, sondern auf
Sinnlichkeit gegründet? Ei, Lieber! können
wir uns, so lange wir Kleider der Sterblich-
keit tragen, über die Sinnlichkeit hinaussetzen?
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/355>, abgerufen am 23.11.2024.
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