schlecht Bedenken tragen, mitunter gelehrt zu seyn --? Ist es aber im Stande Wissen- schaften sich eigen zu machen, sie leicht und mit sichtbarem Nutzen Anderen beizubringen; wie könnt' es ihm denn wohl an den Talen- ten gebrechen, seine erworbenen Kenntnisse auf andere Weise dem Staate zum Besten in Anwendung zu bringen, sobald der Staat geru- hete, den Bann allergnädigst aufzuheben, mit welchem ein barbarisches Vorurtheil es seit Jahrtausenden belegt hat! Hätten jene Rit- ter, die unter ihren Gelübden die Verpflich- tung hatten, Damen zu schützen, ihre Gren- zen weiter gesteckt; wie unendlich würdiger wär' ihr Beruf gewesen! Schade, dass diese treflichen Männer, welche, mit Ausschluss der irren unter den irrenden, die edelsten und klügsten ihres Zeitalters waren, nicht, anstatt Weiber zu schützen, sie über diesen Schutz erhoben! -- Ist der Schleichhandel zu ver- kennen, der, aller jener Verbote ungeach- tet, vom andern Geschlechte getrieben wird? oder ist nicht vielmehr der grosse Einfluss sichtbar, den das weibliche Geschlecht zu al-
schlecht Bedenken tragen, mitunter gelehrt zu seyn —? Ist es aber im Stande Wissen- schaften sich eigen zu machen, sie leicht und mit sichtbarem Nutzen Anderen beizubringen; wie könnt’ es ihm denn wohl an den Talen- ten gebrechen, seine erworbenen Kenntnisse auf andere Weise dem Staate zum Besten in Anwendung zu bringen, sobald der Staat geru- hete, den Bann allergnädigst aufzuheben, mit welchem ein barbarisches Vorurtheil es seit Jahrtausenden belegt hat! Hätten jene Rit- ter, die unter ihren Gelübden die Verpflich- tung hatten, Damen zu schützen, ihre Gren- zen weiter gesteckt; wie unendlich würdiger wär’ ihr Beruf gewesen! Schade, daſs diese treflichen Männer, welche, mit Ausschluſs der irren unter den irrenden, die edelsten und klügsten ihres Zeitalters waren, nicht, anstatt Weiber zu schützen, sie über diesen Schutz erhoben! — Ist der Schleichhandel zu ver- kennen, der, aller jener Verbote ungeach- tet, vom andern Geschlechte getrieben wird? oder ist nicht vielmehr der groſse Einfluſs sichtbar, den das weibliche Geschlecht zu al-
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schlecht Bedenken tragen, mitunter gelehrt
zu seyn —? Ist es aber im Stande Wissen-
schaften sich eigen zu machen, sie leicht und
mit sichtbarem Nutzen Anderen beizubringen;
wie könnt’ es ihm denn wohl an den Talen-
ten gebrechen, seine erworbenen Kenntnisse
auf andere Weise dem Staate zum Besten in
Anwendung zu bringen, sobald der Staat geru-
hete, den Bann allergnädigst aufzuheben, mit
welchem ein barbarisches Vorurtheil es seit
Jahrtausenden belegt hat! Hätten jene Rit-
ter, die unter ihren Gelübden die Verpflich-
tung hatten, Damen zu schützen, ihre Gren-
zen weiter gesteckt; wie unendlich würdiger
wär’ ihr Beruf gewesen! Schade, daſs diese
treflichen Männer, welche, mit Ausschluſs der
irren unter den irrenden, die edelsten und
klügsten ihres Zeitalters waren, nicht, anstatt
Weiber zu schützen, sie über diesen Schutz
erhoben! — Ist der Schleichhandel zu ver-
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tet, vom andern Geschlechte getrieben wird?
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/286>, abgerufen am 24.11.2024.
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