darf, seinem Gedankengemählde ein gewisses Colorit mittheilen; und wie viele Nüancen giebt es hier, wenn man bloss bei seinem Herzen Unterricht nimmt! Man sollte fürch- ten, dass Weiber, an Toiletten gewöhnt, ihre Gedanken und Empfindungen an diesem Altar durch Putz verderben würden. Nein! diese Seelen-Toiletten überlassen sie gern unserm Geschlechte -- Selbst wenn viele unter ihnen von Amts- und Geschlechtswegen Musterkar- ten des modischen Putzes und der gäng' und geben Hofeitelkeit werden müssen, verändert ihr Ausdruck nicht seine Natur; Milch und Honig bleibt ihre Rede. -- -- Heisst Genie Weisheit? Wörterkram und Sophisterei Ver- nunft? Alles was nicht auf gesunden Men- schenverstand und moralische Religion berech- net werden kann, ist nicht wahre Weisheit und ächte Vernunft. Falsche Perlen und Glanzgold, womit Weiber ihren Körper schmücken, überlassen sie in Hinsicht des Geistes den Männern -- Die tiefste Wahrheit kann in eine Volks-Idee gekleidet werden, und eine Wahrheit, die kein Sokrates in das
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darf, seinem Gedankengemählde ein gewisses Colorit mittheilen; und wie viele Nüancen giebt es hier, wenn man bloſs bei seinem Herzen Unterricht nimmt! Man sollte fürch- ten, daſs Weiber, an Toiletten gewöhnt, ihre Gedanken und Empfindungen an diesem Altar durch Putz verderben würden. Nein! diese Seelen-Toiletten überlassen sie gern unserm Geschlechte — Selbst wenn viele unter ihnen von Amts- und Geschlechtswegen Musterkar- ten des modischen Putzes und der gäng’ und geben Hofeitelkeit werden müssen, verändert ihr Ausdruck nicht seine Natur; Milch und Honig bleibt ihre Rede. — — Heiſst Genie Weisheit? Wörterkram und Sophisterei Ver- nunft? Alles was nicht auf gesunden Men- schenverstand und moralische Religion berech- net werden kann, ist nicht wahre Weisheit und ächte Vernunft. Falsche Perlen und Glanzgold, womit Weiber ihren Körper schmücken, überlassen sie in Hinsicht des Geistes den Männern — Die tiefste Wahrheit kann in eine Volks-Idee gekleidet werden, und eine Wahrheit, die kein Sokrates in das
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darf, seinem Gedankengemählde ein gewisses
Colorit mittheilen; und wie viele Nüancen
giebt es hier, wenn man bloſs bei seinem
Herzen Unterricht nimmt! Man sollte fürch-
ten, daſs Weiber, an Toiletten gewöhnt, ihre
Gedanken und Empfindungen an diesem Altar
durch Putz verderben würden. Nein! diese
Seelen-Toiletten überlassen sie gern unserm
Geschlechte — Selbst wenn viele unter ihnen
von Amts- und Geschlechtswegen Musterkar-
ten des modischen Putzes und der gäng’ und
geben Hofeitelkeit werden müssen, verändert
ihr Ausdruck nicht seine Natur; Milch und
Honig bleibt ihre Rede. — — Heiſst Genie
Weisheit? Wörterkram und Sophisterei Ver-
nunft? Alles was nicht auf gesunden Men-
schenverstand und moralische Religion berech-
net werden kann, ist nicht wahre Weisheit
und ächte Vernunft. Falsche Perlen und
Glanzgold, womit Weiber ihren Körper
schmücken, überlassen sie in Hinsicht des
Geistes den Männern — Die tiefste Wahrheit
kann in eine Volks-Idee gekleidet werden,
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/255>, abgerufen am 24.11.2024.
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