Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

lich wiedergebären -- sie zur Welt bringen
und erziehen. Warum soll denn die Haut
mit der Sonne in Feindschaft leben? Fehlge-
schlagene Hoffnungen, Unterdrückungen, Col-
lisionen sind der Geschmeidigkeit des Charak-
ters, den Grazien der Sitten ungünstiger, als
jenes unbiegsame Äussere. Vom Gefühl einer
edlen Freiheit hangen Muth, Freimüthigkeit
und jene umfassende Heiterkeit ab, die auch
durch die finsterste Stirn bricht und auf der
rauhesten Oberfläche durchschimmert -- Und
was gilt euch mehr: jene zweideutigen Aus-
sprüche zu Delphi, oder eine unbiegsame
Aufrichtigkeit? Aufrichtigkeit bahnt den Weg
zur moralischen Allmacht -- wogegen durch
lebensartige Feinheit der Absicht ganz entge-
gengesetzte Wirkungen resultiren -- Je nach-
dem man auf diesen oder jenen Umstand
Licht fallen lässt; je nachdem thut er Wir-
kung -- Hat die Furchtsamkeit ihren Grund
nicht bloss in dem Gefühl des Mangels an
körperlichen Kräften und in der Beschränkt-
heit des Verstandes? Ein berühmter Engli-
scher General bemerkte, dass seine Trup-

P 2

lich wiedergebären — sie zur Welt bringen
und erziehen. Warum soll denn die Haut
mit der Sonne in Feindschaft leben? Fehlge-
schlagene Hoffnungen, Unterdrückungen, Col-
lisionen sind der Geschmeidigkeit des Charak-
ters, den Grazien der Sitten ungünstiger, als
jenes unbiegsame Äuſsere. Vom Gefühl einer
edlen Freiheit hangen Muth, Freimüthigkeit
und jene umfassende Heiterkeit ab, die auch
durch die finsterste Stirn bricht und auf der
rauhesten Oberfläche durchschimmert — Und
was gilt euch mehr: jene zweideutigen Aus-
sprüche zu Delphi, oder eine unbiegsame
Aufrichtigkeit? Aufrichtigkeit bahnt den Weg
zur moralischen Allmacht — wogegen durch
lebensartige Feinheit der Absicht ganz entge-
gengesetzte Wirkungen resultiren — Je nach-
dem man auf diesen oder jenen Umstand
Licht fallen läſst; je nachdem thut er Wir-
kung — Hat die Furchtsamkeit ihren Grund
nicht bloſs in dem Gefühl des Mangels an
körperlichen Kräften und in der Beschränkt-
heit des Verstandes? Ein berühmter Engli-
scher General bemerkte, daſs seine Trup-

P 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0235" n="227"/>
lich wiedergebären &#x2014; sie zur Welt bringen<lb/>
und erziehen. Warum soll denn die Haut<lb/>
mit der Sonne in Feindschaft leben? Fehlge-<lb/>
schlagene Hoffnungen, Unterdrückungen, Col-<lb/>
lisionen sind der Geschmeidigkeit des Charak-<lb/>
ters, den Grazien der Sitten ungünstiger, als<lb/>
jenes unbiegsame Äu&#x017F;sere. Vom Gefühl einer<lb/>
edlen Freiheit hangen Muth, Freimüthigkeit<lb/>
und jene umfassende Heiterkeit ab, die auch<lb/>
durch die finsterste Stirn bricht und auf der<lb/>
rauhesten Oberfläche durchschimmert &#x2014; Und<lb/>
was gilt euch mehr: jene zweideutigen Aus-<lb/>
sprüche zu Delphi, oder eine unbiegsame<lb/>
Aufrichtigkeit? Aufrichtigkeit bahnt den Weg<lb/>
zur moralischen Allmacht &#x2014; wogegen durch<lb/>
lebensartige Feinheit der Absicht ganz entge-<lb/>
gengesetzte Wirkungen resultiren &#x2014; Je nach-<lb/>
dem man auf diesen oder jenen Umstand<lb/>
Licht fallen lä&#x017F;st; je nachdem thut er Wir-<lb/>
kung &#x2014; Hat die Furchtsamkeit ihren Grund<lb/>
nicht blo&#x017F;s in dem Gefühl des Mangels an<lb/>
körperlichen Kräften und in der Beschränkt-<lb/>
heit des Verstandes? Ein berühmter Engli-<lb/>
scher General bemerkte, da&#x017F;s seine Trup-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P 2</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[227/0235] lich wiedergebären — sie zur Welt bringen und erziehen. Warum soll denn die Haut mit der Sonne in Feindschaft leben? Fehlge- schlagene Hoffnungen, Unterdrückungen, Col- lisionen sind der Geschmeidigkeit des Charak- ters, den Grazien der Sitten ungünstiger, als jenes unbiegsame Äuſsere. Vom Gefühl einer edlen Freiheit hangen Muth, Freimüthigkeit und jene umfassende Heiterkeit ab, die auch durch die finsterste Stirn bricht und auf der rauhesten Oberfläche durchschimmert — Und was gilt euch mehr: jene zweideutigen Aus- sprüche zu Delphi, oder eine unbiegsame Aufrichtigkeit? Aufrichtigkeit bahnt den Weg zur moralischen Allmacht — wogegen durch lebensartige Feinheit der Absicht ganz entge- gengesetzte Wirkungen resultiren — Je nach- dem man auf diesen oder jenen Umstand Licht fallen läſst; je nachdem thut er Wir- kung — Hat die Furchtsamkeit ihren Grund nicht bloſs in dem Gefühl des Mangels an körperlichen Kräften und in der Beschränkt- heit des Verstandes? Ein berühmter Engli- scher General bemerkte, daſs seine Trup- P 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/235
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/235>, abgerufen am 28.04.2024.