Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

indem sie den jungen Kindern Hebammen-
dienste leisten, den Spielraum für die ersten
Versuche der erwachenden Kräfte erweitern,
und nur nach und nach mit grosser Vorsicht
es wagen, den üppigen Auswuchs zurückzu-
halten, und dergestalt mittelbar den Trieben
der Natur die eigentliche Richtung zu geben.
Der Unterricht bedarf in diesem Zeitraum eben
so wenig besondere Rücksichten auf Ge-
schlechtsunterschied, als auf künftige bürger-
liche Verhältnisse. Hat das Kind von diesem
Allen selbst nur Ahndungen? geschweige denn
Begriffe! und bleibt nicht aller Unterricht in
dieser Rücksicht für dasselbe todter Buchstabe,
bis nach dem Laufe der Natur Empfänglich-
keit für diese Lehre sich entwickelt? Aller
Unterricht muss sich in diesem Zeitraum auf
das einschränken, was der Mensch glauben,
wissen und thun soll.

Warum der Unterschied zwischen weibli-
chem und männlichem Unterricht, da Mann
und Weib noch nicht geboren sind? Sind
Spiele für Kinder das, was sie seyn könnten
und sollten? Nur in unsern Tagen, als die

indem sie den jungen Kindern Hebammen-
dienste leisten, den Spielraum für die ersten
Versuche der erwachenden Kräfte erweitern,
und nur nach und nach mit groſser Vorsicht
es wagen, den üppigen Auswuchs zurückzu-
halten, und dergestalt mittelbar den Trieben
der Natur die eigentliche Richtung zu geben.
Der Unterricht bedarf in diesem Zeitraum eben
so wenig besondere Rücksichten auf Ge-
schlechtsunterschied, als auf künftige bürger-
liche Verhältnisse. Hat das Kind von diesem
Allen selbst nur Ahndungen? geschweige denn
Begriffe! und bleibt nicht aller Unterricht in
dieser Rücksicht für dasselbe todter Buchstabe,
bis nach dem Laufe der Natur Empfänglich-
keit für diese Lehre sich entwickelt? Aller
Unterricht muſs sich in diesem Zeitraum auf
das einschränken, was der Mensch glauben,
wissen und thun soll.

Warum der Unterschied zwischen weibli-
chem und männlichem Unterricht, da Mann
und Weib noch nicht geboren sind? Sind
Spiele für Kinder das, was sie seyn könnten
und sollten? Nur in unsern Tagen, als die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0228" n="220"/>
indem sie den jungen Kindern Hebammen-<lb/>
dienste leisten, den Spielraum für die ersten<lb/>
Versuche der erwachenden Kräfte erweitern,<lb/>
und nur nach und nach mit gro&#x017F;ser Vorsicht<lb/>
es wagen, den üppigen Auswuchs zurückzu-<lb/>
halten, und dergestalt mittelbar den Trieben<lb/>
der Natur die eigentliche Richtung zu geben.<lb/>
Der Unterricht bedarf in diesem Zeitraum eben<lb/>
so wenig besondere Rücksichten auf Ge-<lb/>
schlechtsunterschied, als auf künftige bürger-<lb/>
liche Verhältnisse. Hat das Kind von diesem<lb/>
Allen selbst nur Ahndungen? geschweige denn<lb/>
Begriffe! und bleibt nicht aller Unterricht in<lb/>
dieser Rücksicht für dasselbe todter Buchstabe,<lb/>
bis nach dem Laufe der Natur Empfänglich-<lb/>
keit für diese Lehre sich entwickelt? Aller<lb/>
Unterricht mu&#x017F;s sich in diesem Zeitraum auf<lb/>
das einschränken, was der <hi rendition="#i">Mensch</hi> glauben,<lb/>
wissen und thun soll.</p><lb/>
        <p>Warum der Unterschied zwischen weibli-<lb/>
chem und männlichem Unterricht, da Mann<lb/>
und Weib noch nicht geboren sind? Sind<lb/>
Spiele für Kinder das, was sie seyn könnten<lb/>
und sollten? Nur in unsern Tagen, als die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[220/0228] indem sie den jungen Kindern Hebammen- dienste leisten, den Spielraum für die ersten Versuche der erwachenden Kräfte erweitern, und nur nach und nach mit groſser Vorsicht es wagen, den üppigen Auswuchs zurückzu- halten, und dergestalt mittelbar den Trieben der Natur die eigentliche Richtung zu geben. Der Unterricht bedarf in diesem Zeitraum eben so wenig besondere Rücksichten auf Ge- schlechtsunterschied, als auf künftige bürger- liche Verhältnisse. Hat das Kind von diesem Allen selbst nur Ahndungen? geschweige denn Begriffe! und bleibt nicht aller Unterricht in dieser Rücksicht für dasselbe todter Buchstabe, bis nach dem Laufe der Natur Empfänglich- keit für diese Lehre sich entwickelt? Aller Unterricht muſs sich in diesem Zeitraum auf das einschränken, was der Mensch glauben, wissen und thun soll. Warum der Unterschied zwischen weibli- chem und männlichem Unterricht, da Mann und Weib noch nicht geboren sind? Sind Spiele für Kinder das, was sie seyn könnten und sollten? Nur in unsern Tagen, als die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/228
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/228>, abgerufen am 27.04.2024.