Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

vier Augen sehen mehr als zwei; bringt sie
zur Multiplication der Augen -- die blinden
Leiter! In der Oper hilft Jeder, der Schrift-
steller, Spieler und Sänger, zum Ganzen --
und da fallen Coloraturen, Läufe, schmelzen-
de, verzweiflungsvolle, schmachtende, fürch-
terliche Gänge vor, die der Verfasser den
Spielern und Sängern in Mund und Kehle
legt -- Hier aber verlässt sich entweder Ei-
ner auf den Andern, und sieht die Stunden,
die er wohl bezahlt absitzen muss, als eine
ihm angewiesene Schlafzeit an, worin er sich
stärkt, um desto geistreicher am Spieltische
zu glänzen; oder er hauet die Kreuz und
Quer ein, so dass nach vielstündigem Zank
die Sache am Ende weit übler als am Anfan-
ge steht, und der kleinere Theil die schreck-
lichste Mühe von der Welt hat, nicht die An-
gelegenheit ins Reine zu bringen, sondern das
per plurima herausgebrachte Schluss-Votum
von den Ungereimtheiten so vieler disparaten
Meinungen zu säubern und zu läutern, und
es W. R. I., oder -- wenn es hoch kommt --
verständlich zu machen. Der so witzige als

vier Augen sehen mehr als zwei; bringt sie
zur Multiplication der Augen — die blinden
Leiter! In der Oper hilft Jeder, der Schrift-
steller, Spieler und Sänger, zum Ganzen —
und da fallen Coloraturen, Läufe, schmelzen-
de, verzweiflungsvolle, schmachtende, fürch-
terliche Gänge vor, die der Verfasser den
Spielern und Sängern in Mund und Kehle
legt — Hier aber verläſst sich entweder Ei-
ner auf den Andern, und sieht die Stunden,
die er wohl bezahlt absitzen muſs, als eine
ihm angewiesene Schlafzeit an, worin er sich
stärkt, um desto geistreicher am Spieltische
zu glänzen; oder er hauet die Kreuz und
Quer ein, so daſs nach vielstündigem Zank
die Sache am Ende weit übler als am Anfan-
ge steht, und der kleinere Theil die schreck-
lichste Mühe von der Welt hat, nicht die An-
gelegenheit ins Reine zu bringen, sondern das
per plurima herausgebrachte Schluſs-Votum
von den Ungereimtheiten so vieler disparaten
Meinungen zu säubern und zu läutern, und
es W. R. I., oder — wenn es hoch kommt —
verständlich zu machen. Der so witzige als

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0213" n="205"/>
vier Augen sehen mehr als zwei; bringt sie<lb/>
zur Multiplication der Augen &#x2014; die blinden<lb/>
Leiter! In der Oper hilft Jeder, der Schrift-<lb/>
steller, Spieler und Sänger, zum Ganzen &#x2014;<lb/>
und da fallen Coloraturen, Läufe, schmelzen-<lb/>
de, verzweiflungsvolle, schmachtende, fürch-<lb/>
terliche Gänge vor, die der Verfasser den<lb/>
Spielern und Sängern in Mund und Kehle<lb/>
legt &#x2014; Hier aber verlä&#x017F;st sich entweder Ei-<lb/>
ner auf den Andern, und sieht die Stunden,<lb/>
die er wohl bezahlt absitzen mu&#x017F;s, als eine<lb/>
ihm angewiesene Schlafzeit an, worin er sich<lb/>
stärkt, um desto geistreicher am Spieltische<lb/>
zu glänzen; oder er hauet die Kreuz und<lb/>
Quer ein, so da&#x017F;s nach vielstündigem Zank<lb/>
die Sache am Ende weit übler als am Anfan-<lb/>
ge steht, und der kleinere Theil die schreck-<lb/>
lichste Mühe von der Welt hat, nicht die An-<lb/>
gelegenheit ins Reine zu bringen, sondern das<lb/><hi rendition="#i">per plurima</hi> herausgebrachte Schlu&#x017F;s-Votum<lb/>
von den Ungereimtheiten so vieler disparaten<lb/>
Meinungen zu säubern und zu läutern, und<lb/>
es W. R. I., oder &#x2014; wenn es hoch kommt &#x2014;<lb/>
verständlich zu machen. Der so witzige als<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0213] vier Augen sehen mehr als zwei; bringt sie zur Multiplication der Augen — die blinden Leiter! In der Oper hilft Jeder, der Schrift- steller, Spieler und Sänger, zum Ganzen — und da fallen Coloraturen, Läufe, schmelzen- de, verzweiflungsvolle, schmachtende, fürch- terliche Gänge vor, die der Verfasser den Spielern und Sängern in Mund und Kehle legt — Hier aber verläſst sich entweder Ei- ner auf den Andern, und sieht die Stunden, die er wohl bezahlt absitzen muſs, als eine ihm angewiesene Schlafzeit an, worin er sich stärkt, um desto geistreicher am Spieltische zu glänzen; oder er hauet die Kreuz und Quer ein, so daſs nach vielstündigem Zank die Sache am Ende weit übler als am Anfan- ge steht, und der kleinere Theil die schreck- lichste Mühe von der Welt hat, nicht die An- gelegenheit ins Reine zu bringen, sondern das per plurima herausgebrachte Schluſs-Votum von den Ungereimtheiten so vieler disparaten Meinungen zu säubern und zu läutern, und es W. R. I., oder — wenn es hoch kommt — verständlich zu machen. Der so witzige als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/213
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/213>, abgerufen am 28.04.2024.