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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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d'Etat et du Citoyen die Rechte der Mensch-
heit mit Freimuth, Wahrheit und Stärke.
Weiber fühlten jene Zurücksetzung, jenes tie-
fe Stillschweigen bei einem so schönen Anlass,
jene Verstossung, wenn es Staatsdienst gilt --
Eins unter ihnen wagte es, ihren Unwillen
laut werden zu lassen. In einem an die Na-
tionalversammlung abgelassenen Briefe bemerkt
es, dass kein Wort in der Constitution von
den Weibern vorkomme, obgleich die Mütter
Bürgerinnen des Staates seyn müssten. Es
schmeichelt sich mit dem Befehle, kraft dessen
den Müttern erlaubt seyn werde, in Gegen-
wart der Bürgerbeamten diesen feierlichen Eid
abzulegen. Diese ehrwürdige Ceremonie wür-
de es wünschenswerth gemacht haben, Mutter
zu seyn. Die Geschichte sagt nicht, was von
den Repräsentanten der Nation auf diese
Adresse einer edlen Französin beschlossen
worden ist. Betrübt feire ich heute ihr An-
denken, heute den 18ten März 1792, da ich
in öffentlichen Blättern lese, dass die Franzo-
sen, ungerührt durch diesen Wink, es dahin
kommen lassen, dass das andere Geschlecht

N 3

d’État et du Citoyen die Rechte der Mensch-
heit mit Freimuth, Wahrheit und Stärke.
Weiber fühlten jene Zurücksetzung, jenes tie-
fe Stillschweigen bei einem so schönen Anlaſs,
jene Verstoſsung, wenn es Staatsdienst gilt —
Eins unter ihnen wagte es, ihren Unwillen
laut werden zu laſsen. In einem an die Na-
tionalversammlung abgelassenen Briefe bemerkt
es, daſs kein Wort in der Constitution von
den Weibern vorkomme, obgleich die Mütter
Bürgerinnen des Staates seyn müſsten. Es
schmeichelt sich mit dem Befehle, kraft dessen
den Müttern erlaubt seyn werde, in Gegen-
wart der Bürgerbeamten diesen feierlichen Eid
abzulegen. Diese ehrwürdige Ceremonie wür-
de es wünschenswerth gemacht haben, Mutter
zu seyn. Die Geschichte sagt nicht, was von
den Repräsentanten der Nation auf diese
Adresse einer edlen Französin beschlossen
worden ist. Betrübt feire ich heute ihr An-
denken, heute den 18ten März 1792, da ich
in öffentlichen Blättern lese, daſs die Franzo-
sen, ungerührt durch diesen Wink, es dahin
kommen lassen, daſs das andere Geschlecht

N 3
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[197/0205] d’État et du Citoyen die Rechte der Mensch- heit mit Freimuth, Wahrheit und Stärke. Weiber fühlten jene Zurücksetzung, jenes tie- fe Stillschweigen bei einem so schönen Anlaſs, jene Verstoſsung, wenn es Staatsdienst gilt — Eins unter ihnen wagte es, ihren Unwillen laut werden zu laſsen. In einem an die Na- tionalversammlung abgelassenen Briefe bemerkt es, daſs kein Wort in der Constitution von den Weibern vorkomme, obgleich die Mütter Bürgerinnen des Staates seyn müſsten. Es schmeichelt sich mit dem Befehle, kraft dessen den Müttern erlaubt seyn werde, in Gegen- wart der Bürgerbeamten diesen feierlichen Eid abzulegen. Diese ehrwürdige Ceremonie wür- de es wünschenswerth gemacht haben, Mutter zu seyn. Die Geschichte sagt nicht, was von den Repräsentanten der Nation auf diese Adresse einer edlen Französin beschlossen worden ist. Betrübt feire ich heute ihr An- denken, heute den 18ten März 1792, da ich in öffentlichen Blättern lese, daſs die Franzo- sen, ungerührt durch diesen Wink, es dahin kommen lassen, daſs das andere Geschlecht N 3

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/205>, abgerufen am 28.04.2024.