Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Besorgung des Haushalts verwiesen waren,
wurden sie nicht Bürgerinnen des Staats, son-
dern Schutzverwandte. -- Schon sehr zufrie-
den, dass der Staat ihnen diese Gnade ange-
deihen liess, begnügten sie sich mit einigen
Begünstigungen vor den Sklaven, die man ih-
nen bloss zu spendiren schien. Wunderbare
Wege! Doch, ging man nicht von der Poesie
zur Prosa, von dem Tanze zum Gange, vom
Singen zum Reden, vom Roman zur Ge-
schichte --? Es wirkte eine Reihe von Ur-
sachen, (wozu wahrscheinlich die, wiewohl
grösstentheils missverstandene, Natur die erste
Veranlassung gab) dass nach und nach eine
ganze Hälfte des Menschengeschlechtes ihre
ursprünglichen Menschenrechte verlor und ge-
genwärtig einige Überbleibsel davon unter dem
Titel von Begünstigungen, wohl zu merken,
nur so lange geniesst, als es der andern Hälfte
gefällt, ihr dieselben zu lassen; -- und doch
ist das dritte Wort dieser unterdrückenden
Menschenhälfte: Recht und Gerechtigkeit, Ge-
setzgebung und Gesetzhandhabung! -- Warum
in Fällen dieser Art ängstliche Geschichtsausspü-

G 3

Besorgung des Haushalts verwiesen waren,
wurden sie nicht Bürgerinnen des Staats, son-
dern Schutzverwandte. — Schon sehr zufrie-
den, daſs der Staat ihnen diese Gnade ange-
deihen lieſs, begnügten sie sich mit einigen
Begünstigungen vor den Sklaven, die man ih-
nen bloſs zu spendiren schien. Wunderbare
Wege! Doch, ging man nicht von der Poësie
zur Prosa, von dem Tanze zum Gange, vom
Singen zum Reden, vom Roman zur Ge-
schichte —? Es wirkte eine Reihe von Ur-
sachen, (wozu wahrscheinlich die, wiewohl
gröſstentheils miſsverstandene, Natur die erste
Veranlassung gab) daſs nach und nach eine
ganze Hälfte des Menschengeschlechtes ihre
ursprünglichen Menschenrechte verlor und ge-
genwärtig einige Überbleibsel davon unter dem
Titel von Begünstigungen, wohl zu merken,
nur so lange genieſst, als es der andern Hälfte
gefällt, ihr dieselben zu lassen; — und doch
ist das dritte Wort dieser unterdrückenden
Menschenhälfte: Recht und Gerechtigkeit, Ge-
setzgebung und Gesetzhandhabung! — Warum
in Fällen dieser Art ängstliche Geschichtsausspü-

G 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0109" n="101"/>
Besorgung des Haushalts verwiesen waren,<lb/>
wurden sie nicht Bürgerinnen des Staats, son-<lb/>
dern Schutzverwandte. &#x2014; Schon sehr zufrie-<lb/>
den, da&#x017F;s der Staat ihnen diese Gnade ange-<lb/>
deihen lie&#x017F;s, begnügten sie sich mit einigen<lb/>
Begünstigungen vor den Sklaven, die man ih-<lb/>
nen blo&#x017F;s zu <hi rendition="#i">spendiren</hi> schien. Wunderbare<lb/>
Wege! Doch, ging man nicht von der Poësie<lb/>
zur Prosa, von dem Tanze zum Gange, vom<lb/>
Singen zum Reden, vom Roman zur Ge-<lb/>
schichte &#x2014;? Es wirkte eine Reihe von Ur-<lb/>
sachen, (wozu wahrscheinlich die, wiewohl<lb/>
grö&#x017F;stentheils mi&#x017F;sverstandene, Natur die erste<lb/>
Veranlassung gab) da&#x017F;s nach und nach eine<lb/>
ganze Hälfte des Menschengeschlechtes ihre<lb/>
ursprünglichen Menschenrechte verlor und ge-<lb/>
genwärtig einige Überbleibsel davon unter dem<lb/>
Titel von Begünstigungen, wohl zu merken,<lb/>
nur so lange genie&#x017F;st, als es der andern Hälfte<lb/>
gefällt, ihr dieselben zu lassen; &#x2014; und doch<lb/>
ist das dritte Wort dieser unterdrückenden<lb/>
Menschenhälfte: Recht und Gerechtigkeit, Ge-<lb/>
setzgebung und Gesetzhandhabung! &#x2014; Warum<lb/>
in Fällen dieser Art ängstliche Geschichtsausspü-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G 3</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[101/0109] Besorgung des Haushalts verwiesen waren, wurden sie nicht Bürgerinnen des Staats, son- dern Schutzverwandte. — Schon sehr zufrie- den, daſs der Staat ihnen diese Gnade ange- deihen lieſs, begnügten sie sich mit einigen Begünstigungen vor den Sklaven, die man ih- nen bloſs zu spendiren schien. Wunderbare Wege! Doch, ging man nicht von der Poësie zur Prosa, von dem Tanze zum Gange, vom Singen zum Reden, vom Roman zur Ge- schichte —? Es wirkte eine Reihe von Ur- sachen, (wozu wahrscheinlich die, wiewohl gröſstentheils miſsverstandene, Natur die erste Veranlassung gab) daſs nach und nach eine ganze Hälfte des Menschengeschlechtes ihre ursprünglichen Menschenrechte verlor und ge- genwärtig einige Überbleibsel davon unter dem Titel von Begünstigungen, wohl zu merken, nur so lange genieſst, als es der andern Hälfte gefällt, ihr dieselben zu lassen; — und doch ist das dritte Wort dieser unterdrückenden Menschenhälfte: Recht und Gerechtigkeit, Ge- setzgebung und Gesetzhandhabung! — Warum in Fällen dieser Art ängstliche Geschichtsausspü- G 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/109
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/109>, abgerufen am 04.05.2024.