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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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gen kann, berührt sich, wenn ein sanfter Wind
es bewegt. Wie es sich küßt! Wonniglich
ist der Kuß, den der Zephyr der Rose stiehlt.
Ist er der Rose treu, ist er der Herr v. E --
der barbarische Stutzer? ists ein Stutzer, der
zerschmilzt, der wie ein Flötenton vergeht?
Wie Zucker in der Taße! Was ist die Liebe?
Der Athem Gottes -- Faßt ihn doch auf, so
warm er da kommt aus seinem Munde! Hei-
lig! heilig! heilig! ist Gott der Herr Zebaoth
und alle Lande sind seiner Ehre, seiner Liebe voll!
Entweder würklich lieben oder lieben wollen,
nach Liebe sich sehnen; sonst verlohnts nicht,
daß ein Hund ein Stück Brod von uns nimmt.
Die Hunde nehmens auch nicht vom Lieblosen
und Falschen. Wenn ich mit Menschen- und
mit Engelzungen redete und hätte der Liebe
nicht; so wär ich ein tönend Erz und eine
klingende Schelle. Wenn man dem Huhn
nicht ein Nest bereitet, legt es in die Nessel.
Auch Wasser wird Lauge, wenn es durch Asche
geseuget wird. Seht! seine Einfalt erhebt
den Witz, wie Schatten das Licht. Wenn die
Natur ein Chorhemde anzieht, ist sie das
Christenthum. Zergliedre, und du findest an
der schönsten That Flecken, oder Runzeln, oder
des etwas. Sie hat Sommersproßen, eine

Blat-

gen kann, beruͤhrt ſich, wenn ein ſanfter Wind
es bewegt. Wie es ſich kuͤßt! Wonniglich
iſt der Kuß, den der Zephyr der Roſe ſtiehlt.
Iſt er der Roſe treu, iſt er der Herr v. E —
der barbariſche Stutzer? iſts ein Stutzer, der
zerſchmilzt, der wie ein Floͤtenton vergeht?
Wie Zucker in der Taße! Was iſt die Liebe?
Der Athem Gottes — Faßt ihn doch auf, ſo
warm er da kommt aus ſeinem Munde! Hei-
lig! heilig! heilig! iſt Gott der Herr Zebaoth
und alle Lande ſind ſeiner Ehre, ſeiner Liebe voll!
Entweder wuͤrklich lieben oder lieben wollen,
nach Liebe ſich ſehnen; ſonſt verlohnts nicht,
daß ein Hund ein Stuͤck Brod von uns nimmt.
Die Hunde nehmens auch nicht vom Liebloſen
und Falſchen. Wenn ich mit Menſchen- und
mit Engelzungen redete und haͤtte der Liebe
nicht; ſo waͤr ich ein toͤnend Erz und eine
klingende Schelle. Wenn man dem Huhn
nicht ein Neſt bereitet, legt es in die Neſſel.
Auch Waſſer wird Lauge, wenn es durch Aſche
geſeuget wird. Seht! ſeine Einfalt erhebt
den Witz, wie Schatten das Licht. Wenn die
Natur ein Chorhemde anzieht, iſt ſie das
Chriſtenthum. Zergliedre, und du findeſt an
der ſchoͤnſten That Flecken, oder Runzeln, oder
des etwas. Sie hat Sommerſproßen, eine

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[91/0097] gen kann, beruͤhrt ſich, wenn ein ſanfter Wind es bewegt. Wie es ſich kuͤßt! Wonniglich iſt der Kuß, den der Zephyr der Roſe ſtiehlt. Iſt er der Roſe treu, iſt er der Herr v. E — der barbariſche Stutzer? iſts ein Stutzer, der zerſchmilzt, der wie ein Floͤtenton vergeht? Wie Zucker in der Taße! Was iſt die Liebe? Der Athem Gottes — Faßt ihn doch auf, ſo warm er da kommt aus ſeinem Munde! Hei- lig! heilig! heilig! iſt Gott der Herr Zebaoth und alle Lande ſind ſeiner Ehre, ſeiner Liebe voll! Entweder wuͤrklich lieben oder lieben wollen, nach Liebe ſich ſehnen; ſonſt verlohnts nicht, daß ein Hund ein Stuͤck Brod von uns nimmt. Die Hunde nehmens auch nicht vom Liebloſen und Falſchen. Wenn ich mit Menſchen- und mit Engelzungen redete und haͤtte der Liebe nicht; ſo waͤr ich ein toͤnend Erz und eine klingende Schelle. Wenn man dem Huhn nicht ein Neſt bereitet, legt es in die Neſſel. Auch Waſſer wird Lauge, wenn es durch Aſche geſeuget wird. Seht! ſeine Einfalt erhebt den Witz, wie Schatten das Licht. Wenn die Natur ein Chorhemde anzieht, iſt ſie das Chriſtenthum. Zergliedre, und du findeſt an der ſchoͤnſten That Flecken, oder Runzeln, oder des etwas. Sie hat Sommerſproßen, eine Blat-

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/97>, abgerufen am 21.11.2024.