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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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in einer Kirche, wiewohl nur in den meisten
Fällen pro forma, Stich gehalten; bey mir
wirkt' er das Gegentheil. Nachdem ich mich
anders bedacht, fand ich mein Zoar, meine
Bücherstube, der Lage nicht angemessen, in
die ich versetzt war. Giebt es denn nur Zo-
ars und Sodoms und Gomorras in der
Welt? -- So wie die Welt jetzt ist, was
meynt ihr? scheint sie uns nicht noch am
allererträglichsten, wenn wir näher auf sie zu-
gehen, und durch Wandel ohne Krümme ihr
ein Beyspiel zeigen, nachzufolgen unsern Fuß-
stapfen?

Studium, wenn es Trost des Lebens seyn
soll, kann nicht in einem platonischen opti-
schen Kasten, oder in einer bessern Melodie
auf den nemlichen alten Text, bestehen! und
ist die Speculation etwas anders? Laßt euch
doch nicht durch den Schall bethören! Der
Text ist immer derselbe. Die Stoiker ließen
sich, ihrer Philosophie unbeschadet, zu Welt-
geschäften brauchen.

Christus war nur vierzig Tage und vier-
zig Nächte in einer Wüste, und nie wagte
sich der Satan an dem Heiligen, als eben
hier! Fleisch und Blut ist in der Einsamkeit

so

in einer Kirche, wiewohl nur in den meiſten
Faͤllen pro forma, Stich gehalten; bey mir
wirkt’ er das Gegentheil. Nachdem ich mich
anders bedacht, fand ich mein Zoar, meine
Buͤcherſtube, der Lage nicht angemeſſen, in
die ich verſetzt war. Giebt es denn nur Zo-
ars und Sodoms und Gomorras in der
Welt? — So wie die Welt jetzt iſt, was
meynt ihr? ſcheint ſie uns nicht noch am
allerertraͤglichſten, wenn wir naͤher auf ſie zu-
gehen, und durch Wandel ohne Kruͤmme ihr
ein Beyſpiel zeigen, nachzufolgen unſern Fuß-
ſtapfen?

Studium, wenn es Troſt des Lebens ſeyn
ſoll, kann nicht in einem platoniſchen opti-
ſchen Kaſten, oder in einer beſſern Melodie
auf den nemlichen alten Text, beſtehen! und
iſt die Speculation etwas anders? Laßt euch
doch nicht durch den Schall bethoͤren! Der
Text iſt immer derſelbe. Die Stoiker ließen
ſich, ihrer Philoſophie unbeſchadet, zu Welt-
geſchaͤften brauchen.

Chriſtus war nur vierzig Tage und vier-
zig Naͤchte in einer Wuͤſte, und nie wagte
ſich der Satan an dem Heiligen, als eben
hier! Fleiſch und Blut iſt in der Einſamkeit

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[620/0628] in einer Kirche, wiewohl nur in den meiſten Faͤllen pro forma, Stich gehalten; bey mir wirkt’ er das Gegentheil. Nachdem ich mich anders bedacht, fand ich mein Zoar, meine Buͤcherſtube, der Lage nicht angemeſſen, in die ich verſetzt war. Giebt es denn nur Zo- ars und Sodoms und Gomorras in der Welt? — So wie die Welt jetzt iſt, was meynt ihr? ſcheint ſie uns nicht noch am allerertraͤglichſten, wenn wir naͤher auf ſie zu- gehen, und durch Wandel ohne Kruͤmme ihr ein Beyſpiel zeigen, nachzufolgen unſern Fuß- ſtapfen? Studium, wenn es Troſt des Lebens ſeyn ſoll, kann nicht in einem platoniſchen opti- ſchen Kaſten, oder in einer beſſern Melodie auf den nemlichen alten Text, beſtehen! und iſt die Speculation etwas anders? Laßt euch doch nicht durch den Schall bethoͤren! Der Text iſt immer derſelbe. Die Stoiker ließen ſich, ihrer Philoſophie unbeſchadet, zu Welt- geſchaͤften brauchen. Chriſtus war nur vierzig Tage und vier- zig Naͤchte in einer Wuͤſte, und nie wagte ſich der Satan an dem Heiligen, als eben hier! Fleiſch und Blut iſt in der Einſamkeit ſo

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 620. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/628>, abgerufen am 24.11.2024.