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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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Wir dienen nicht Gott, sondern uns, und
so gehts auch mir mit den Wissenschaften!

Ich glaube nicht, daß ein Speisemeister
vom andern und dritten Theile zu sagen Ur-
sache gefunden: Jedermann giebt zuerst
den guten Wein, und wenn die Gäste trunken
sind den geringern. Dies sey die Bürgschaft,
die ich bey meinen Lesern in bester Rechtsform
wegen der Fortsetzung einlege, und solte hie
und da ein Speisemeister diese Klage wider
mich rechtlich führen zu können, des Dafür-
haltens seyn; so wisse er, daß ich nicht Je-
dermann
bin, und daß ich in Wahrheit es
nicht zum Betrinken angelegt. Freyheit ist
meine Losung bey Tisch, als Schriftsteller
-- überall -- Ein Jesuiterräuschchen hat
bey den trüben Tagen des Lebens nichts zu
sagen! -- Zwar hab ich mich bemühet, al-
len einschläfrenden Erweiterungen auszuwei-
chen. Was ist aber ganz vollendet? Alles,
was vollendet ist, ist dem Menschen nicht auf
seinen Leib, oder eigentlich auf seine Seele
gemacht. Selbst ihr Unsterblichen! Du New-
ton
und du Copernikus! wißt ihr denn auch
gewiß, daß alles so ist, wie es euch in ei-
ner glücklichen Nacht träumte? -- das
rechte Wort zu allen Erfindungen -- Könnt'

ihr
O o

Wir dienen nicht Gott, ſondern uns, und
ſo gehts auch mir mit den Wiſſenſchaften!

Ich glaube nicht, daß ein Speiſemeiſter
vom andern und dritten Theile zu ſagen Ur-
ſache gefunden: Jedermann giebt zuerſt
den guten Wein, und wenn die Gaͤſte trunken
ſind den geringern. Dies ſey die Buͤrgſchaft,
die ich bey meinen Leſern in beſter Rechtsform
wegen der Fortſetzung einlege, und ſolte hie
und da ein Speiſemeiſter dieſe Klage wider
mich rechtlich fuͤhren zu koͤnnen, des Dafuͤr-
haltens ſeyn; ſo wiſſe er, daß ich nicht Je-
dermann
bin, und daß ich in Wahrheit es
nicht zum Betrinken angelegt. Freyheit iſt
meine Loſung bey Tiſch, als Schriftſteller
— uͤberall — Ein Jeſuiterraͤuſchchen hat
bey den truͤben Tagen des Lebens nichts zu
ſagen! — Zwar hab ich mich bemuͤhet, al-
len einſchlaͤfrenden Erweiterungen auszuwei-
chen. Was iſt aber ganz vollendet? Alles,
was vollendet iſt, iſt dem Menſchen nicht auf
ſeinen Leib, oder eigentlich auf ſeine Seele
gemacht. Selbſt ihr Unſterblichen! Du New-
ton
und du Copernikus! wißt ihr denn auch
gewiß, daß alles ſo iſt, wie es euch in ei-
ner gluͤcklichen Nacht traͤumte? — das
rechte Wort zu allen Erfindungen — Koͤnnt’

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O o
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[577/0587] Wir dienen nicht Gott, ſondern uns, und ſo gehts auch mir mit den Wiſſenſchaften! Ich glaube nicht, daß ein Speiſemeiſter vom andern und dritten Theile zu ſagen Ur- ſache gefunden: Jedermann giebt zuerſt den guten Wein, und wenn die Gaͤſte trunken ſind den geringern. Dies ſey die Buͤrgſchaft, die ich bey meinen Leſern in beſter Rechtsform wegen der Fortſetzung einlege, und ſolte hie und da ein Speiſemeiſter dieſe Klage wider mich rechtlich fuͤhren zu koͤnnen, des Dafuͤr- haltens ſeyn; ſo wiſſe er, daß ich nicht Je- dermann bin, und daß ich in Wahrheit es nicht zum Betrinken angelegt. Freyheit iſt meine Loſung bey Tiſch, als Schriftſteller — uͤberall — Ein Jeſuiterraͤuſchchen hat bey den truͤben Tagen des Lebens nichts zu ſagen! — Zwar hab ich mich bemuͤhet, al- len einſchlaͤfrenden Erweiterungen auszuwei- chen. Was iſt aber ganz vollendet? Alles, was vollendet iſt, iſt dem Menſchen nicht auf ſeinen Leib, oder eigentlich auf ſeine Seele gemacht. Selbſt ihr Unſterblichen! Du New- ton und du Copernikus! wißt ihr denn auch gewiß, daß alles ſo iſt, wie es euch in ei- ner gluͤcklichen Nacht traͤumte? — das rechte Wort zu allen Erfindungen — Koͤnnt’ ihr O o

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 577. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/587>, abgerufen am 23.05.2024.