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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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genüßen und Trost zu hoffen. Was fehlt uns
denn in dieser Milchbude?

Die Milch! Gretchen,

Wollen Sie? --

Ich lächelte, nein.

Der siebenmal sieben liebe Graf! -- Ist
denn nicht mein Stubenornat besser, hatte er
jüngst zu Gretchen gesagt, als wenn ich meine
Zimmer mit geilen Bildern behangen hätte,
deren jedes Feur streut, wodurch so viele junge
liebe Herzen in Brand gerathen! Viele lü-
gen, sagt' ich, weil die Wahrheit was ge-
wöhnliches ist! Der Graf ist nicht besonders,
weil er es seyn will, sondern weil er einen Le-
bensconcurs gemacht hat -- Ich wußte wohl,
mit wem ich sprach; Gretchen hatte aufs Haar
gelernt, was ein Concurs sey.

Ich habe einen sehr lieben, lieben Mann,
wiederhohlte Gretchen von freyen Stücken.
Der Concurs kann ihr unmöglich hiezu Gele-
genheit gegeben haben. Mein Mann liebt
mich, fuhr sie fort, und seine Kinder, ist ge-
recht gegen jedermann, und verlangt vom
Glücke keinen Dreyer mehr, als es ihm zuge-
wendet -- Wir verlohren ein kleines Capitäl-
chen und zweymal haben wir in der Lotterie

gewon-

genuͤßen und Troſt zu hoffen. Was fehlt uns
denn in dieſer Milchbude?

Die Milch! Gretchen,

Wollen Sie? —

Ich laͤchelte, nein.

Der ſiebenmal ſieben liebe Graf! — Iſt
denn nicht mein Stubenornat beſſer, hatte er
juͤngſt zu Gretchen geſagt, als wenn ich meine
Zimmer mit geilen Bildern behangen haͤtte,
deren jedes Feur ſtreut, wodurch ſo viele junge
liebe Herzen in Brand gerathen! Viele luͤ-
gen, ſagt’ ich, weil die Wahrheit was ge-
woͤhnliches iſt! Der Graf iſt nicht beſonders,
weil er es ſeyn will, ſondern weil er einen Le-
bensconcurs gemacht hat — Ich wußte wohl,
mit wem ich ſprach; Gretchen hatte aufs Haar
gelernt, was ein Concurs ſey.

Ich habe einen ſehr lieben, lieben Mann,
wiederhohlte Gretchen von freyen Stuͤcken.
Der Concurs kann ihr unmoͤglich hiezu Gele-
genheit gegeben haben. Mein Mann liebt
mich, fuhr ſie fort, und ſeine Kinder, iſt ge-
recht gegen jedermann, und verlangt vom
Gluͤcke keinen Dreyer mehr, als es ihm zuge-
wendet — Wir verlohren ein kleines Capitaͤl-
chen und zweymal haben wir in der Lotterie

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[412/0420] genuͤßen und Troſt zu hoffen. Was fehlt uns denn in dieſer Milchbude? Die Milch! Gretchen, Wollen Sie? — Ich laͤchelte, nein. Der ſiebenmal ſieben liebe Graf! — Iſt denn nicht mein Stubenornat beſſer, hatte er juͤngſt zu Gretchen geſagt, als wenn ich meine Zimmer mit geilen Bildern behangen haͤtte, deren jedes Feur ſtreut, wodurch ſo viele junge liebe Herzen in Brand gerathen! Viele luͤ- gen, ſagt’ ich, weil die Wahrheit was ge- woͤhnliches iſt! Der Graf iſt nicht beſonders, weil er es ſeyn will, ſondern weil er einen Le- bensconcurs gemacht hat — Ich wußte wohl, mit wem ich ſprach; Gretchen hatte aufs Haar gelernt, was ein Concurs ſey. Ich habe einen ſehr lieben, lieben Mann, wiederhohlte Gretchen von freyen Stuͤcken. Der Concurs kann ihr unmoͤglich hiezu Gele- genheit gegeben haben. Mein Mann liebt mich, fuhr ſie fort, und ſeine Kinder, iſt ge- recht gegen jedermann, und verlangt vom Gluͤcke keinen Dreyer mehr, als es ihm zuge- wendet — Wir verlohren ein kleines Capitaͤl- chen und zweymal haben wir in der Lotterie gewon-

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/420>, abgerufen am 21.05.2024.