Das Dariusspiel hat viel dazu beygetragen. Benjamin zeigte keine kleine Geschicklichkeit im Schreiben, und da er im ganzen Städt- chen privilegirter Briefsteller und Berechner war; so stand er sich so vortreflich, daß er auf Standeserhöhung dachte, die ihm auch nicht fehlschlug. Er ward namhafter Cor- poral. Wie wars, wenn es ans Feur! gieng? fragte ich ihn. Mußte gut seyn! ewiedert' er. Freylich hatt' ich noch keine Flinte, bis auf den Tag, da ich Menschenjä- ger ward, losgedrückt, und ausser einem Ta- schenpuffer, kein Knall- und fallendes Ge- wehr in meiner Hand gehabt; indessen fand sich alles nach und nach. Vorerst ward mir dann und wann eins angehangen, und vor- züglich hab ich meines Fußes halber manchen Spaß gehabt. Kommts nicht heute, kommts morgen, dacht ich, und es kam morgen! -- Du pflegtest mir zu sagen, daß in jeder Sa- che, ausser dem, was ins Auge fällt, noch etwas Unsichtbares wäre, ausser dem, was da ist, noch ein Geist, der webt. Beym Soldatenstand ist dergleichen Geist nicht, wohl aber, wie du selbst wissen wirst, so mancher blaue Dunst, den man machen kann. Was fehlt meinem Bein? -- ich
unter-
Das Dariusſpiel hat viel dazu beygetragen. Benjamin zeigte keine kleine Geſchicklichkeit im Schreiben, und da er im ganzen Staͤdt- chen privilegirter Briefſteller und Berechner war; ſo ſtand er ſich ſo vortreflich, daß er auf Standeserhoͤhung dachte, die ihm auch nicht fehlſchlug. Er ward namhafter Cor- poral. Wie wars, wenn es ans Feur! gieng? fragte ich ihn. Mußte gut ſeyn! ewiedert’ er. Freylich hatt’ ich noch keine Flinte, bis auf den Tag, da ich Menſchenjaͤ- ger ward, losgedruͤckt, und auſſer einem Ta- ſchenpuffer, kein Knall- und fallendes Ge- wehr in meiner Hand gehabt; indeſſen fand ſich alles nach und nach. Vorerſt ward mir dann und wann eins angehangen, und vor- zuͤglich hab ich meines Fußes halber manchen Spaß gehabt. Kommts nicht heute, kommts morgen, dacht ich, und es kam morgen! — Du pflegteſt mir zu ſagen, daß in jeder Sa- che, auſſer dem, was ins Auge faͤllt, noch etwas Unſichtbares waͤre, auſſer dem, was da iſt, noch ein Geiſt, der webt. Beym Soldatenſtand iſt dergleichen Geiſt nicht, wohl aber, wie du ſelbſt wiſſen wirſt, ſo mancher blaue Dunſt, den man machen kann. Was fehlt meinem Bein? — ich
unter-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0390"n="382"/>
Das Dariusſpiel hat viel dazu beygetragen.<lb/>
Benjamin zeigte keine kleine Geſchicklichkeit<lb/>
im Schreiben, und da er im ganzen Staͤdt-<lb/>
chen privilegirter Briefſteller und Berechner<lb/>
war; ſo ſtand er ſich ſo vortreflich, daß er<lb/>
auf Standeserhoͤhung dachte, die ihm auch<lb/>
nicht fehlſchlug. Er ward namhafter Cor-<lb/>
poral. Wie wars, wenn es ans Feur!<lb/>
gieng? fragte ich ihn. Mußte gut ſeyn!<lb/>
ewiedert’ er. Freylich hatt’ ich noch keine<lb/>
Flinte, bis auf den Tag, da ich Menſchenjaͤ-<lb/>
ger ward, losgedruͤckt, und auſſer einem Ta-<lb/>ſchenpuffer, kein Knall- und fallendes Ge-<lb/>
wehr in meiner Hand gehabt; indeſſen fand<lb/>ſich alles nach und nach. Vorerſt ward mir<lb/>
dann und wann eins angehangen, und vor-<lb/>
zuͤglich hab ich meines Fußes halber manchen<lb/>
Spaß gehabt. Kommts nicht heute, kommts<lb/>
morgen, dacht ich, und es kam morgen! —<lb/>
Du pflegteſt mir zu ſagen, daß in jeder Sa-<lb/>
che, auſſer dem, was ins Auge faͤllt, noch<lb/>
etwas Unſichtbares waͤre, auſſer dem, was<lb/>
da iſt, noch ein Geiſt, der webt. Beym<lb/>
Soldatenſtand iſt dergleichen Geiſt nicht,<lb/>
wohl aber, wie du ſelbſt wiſſen wirſt, ſo<lb/>
mancher blaue Dunſt, den man machen<lb/>
kann. Was fehlt meinem Bein? — ich<lb/><fwplace="bottom"type="catch">unter-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[382/0390]
Das Dariusſpiel hat viel dazu beygetragen.
Benjamin zeigte keine kleine Geſchicklichkeit
im Schreiben, und da er im ganzen Staͤdt-
chen privilegirter Briefſteller und Berechner
war; ſo ſtand er ſich ſo vortreflich, daß er
auf Standeserhoͤhung dachte, die ihm auch
nicht fehlſchlug. Er ward namhafter Cor-
poral. Wie wars, wenn es ans Feur!
gieng? fragte ich ihn. Mußte gut ſeyn!
ewiedert’ er. Freylich hatt’ ich noch keine
Flinte, bis auf den Tag, da ich Menſchenjaͤ-
ger ward, losgedruͤckt, und auſſer einem Ta-
ſchenpuffer, kein Knall- und fallendes Ge-
wehr in meiner Hand gehabt; indeſſen fand
ſich alles nach und nach. Vorerſt ward mir
dann und wann eins angehangen, und vor-
zuͤglich hab ich meines Fußes halber manchen
Spaß gehabt. Kommts nicht heute, kommts
morgen, dacht ich, und es kam morgen! —
Du pflegteſt mir zu ſagen, daß in jeder Sa-
che, auſſer dem, was ins Auge faͤllt, noch
etwas Unſichtbares waͤre, auſſer dem, was
da iſt, noch ein Geiſt, der webt. Beym
Soldatenſtand iſt dergleichen Geiſt nicht,
wohl aber, wie du ſelbſt wiſſen wirſt, ſo
mancher blaue Dunſt, den man machen
kann. Was fehlt meinem Bein? — ich
unter-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/390>, abgerufen am 25.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.