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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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uns scheiden von der Liebe Gottes?
Trübsal oder Angst? oder Verfolgung
oder Hunger? oder Blöße, oder Fährlich-
keit, oder Schwert? wie geschrieben ste-
het: Um deinetwillen werden wir ge-
tödtet den ganzen Tag; wird sind geach-
tet wie Schlachtschaafe. Aber in dem
allen überwinden wir weit, um des wil-
len, der uns geliebet hat.

Bey diesem Text dachte mein Vater so
manches Wort dem Herrn v. G -- ans Herz
zu legen, und da er seit so geraumer Zeit nicht
in seiner Gegenwart geprediget, es dahin zu
bringen, daß Herr v. G -- in seinem Glau-
bensbekenntnisse noch so manche Reihe strei-
chen möchte. Wer kann auf der Kanzel mit
euch aufkommen, pflegte Herr v. G. zu sagen,
ihr fragt und behauptet, und kein Mensch ist
euch zu antworten und einzuwenden im Stan-
de. Nichts ist unausstehlicher, als die Me-
thode der Redner, zu fragen -- Ists nicht
also? Was könnet ihr dagegen
sagen, meine Freunde!
Er nannte
dies stumme Fragen, so wie es stumme Sün-
den giebt.

Der

uns ſcheiden von der Liebe Gottes?
Truͤbſal oder Angſt? oder Verfolgung
oder Hunger? oder Bloͤße, oder Faͤhrlich-
keit, oder Schwert? wie geſchrieben ſte-
het: Um deinetwillen werden wir ge-
toͤdtet den ganzen Tag; wird ſind geach-
tet wie Schlachtſchaafe. Aber in dem
allen uͤberwinden wir weit, um des wil-
len, der uns geliebet hat.

Bey dieſem Text dachte mein Vater ſo
manches Wort dem Herrn v. G — ans Herz
zu legen, und da er ſeit ſo geraumer Zeit nicht
in ſeiner Gegenwart geprediget, es dahin zu
bringen, daß Herr v. G — in ſeinem Glau-
bensbekenntniſſe noch ſo manche Reihe ſtrei-
chen moͤchte. Wer kann auf der Kanzel mit
euch aufkommen, pflegte Herr v. G. zu ſagen,
ihr fragt und behauptet, und kein Menſch iſt
euch zu antworten und einzuwenden im Stan-
de. Nichts iſt unausſtehlicher, als die Me-
thode der Redner, zu fragen — Iſts nicht
alſo? Was koͤnnet ihr dagegen
ſagen, meine Freunde!
Er nannte
dies ſtumme Fragen, ſo wie es ſtumme Suͤn-
den giebt.

Der
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[270/0276] uns ſcheiden von der Liebe Gottes? Truͤbſal oder Angſt? oder Verfolgung oder Hunger? oder Bloͤße, oder Faͤhrlich- keit, oder Schwert? wie geſchrieben ſte- het: Um deinetwillen werden wir ge- toͤdtet den ganzen Tag; wird ſind geach- tet wie Schlachtſchaafe. Aber in dem allen uͤberwinden wir weit, um des wil- len, der uns geliebet hat. Bey dieſem Text dachte mein Vater ſo manches Wort dem Herrn v. G — ans Herz zu legen, und da er ſeit ſo geraumer Zeit nicht in ſeiner Gegenwart geprediget, es dahin zu bringen, daß Herr v. G — in ſeinem Glau- bensbekenntniſſe noch ſo manche Reihe ſtrei- chen moͤchte. Wer kann auf der Kanzel mit euch aufkommen, pflegte Herr v. G. zu ſagen, ihr fragt und behauptet, und kein Menſch iſt euch zu antworten und einzuwenden im Stan- de. Nichts iſt unausſtehlicher, als die Me- thode der Redner, zu fragen — Iſts nicht alſo? Was koͤnnet ihr dagegen ſagen, meine Freunde! Er nannte dies ſtumme Fragen, ſo wie es ſtumme Suͤn- den giebt. Der

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/276>, abgerufen am 27.11.2024.