uns scheiden von der Liebe Gottes? Trübsal oder Angst? oder Verfolgung oder Hunger? oder Blöße, oder Fährlich- keit, oder Schwert? wie geschrieben ste- het: Um deinetwillen werden wir ge- tödtet den ganzen Tag; wird sind geach- tet wie Schlachtschaafe. Aber in dem allen überwinden wir weit, um des wil- len, der uns geliebet hat.
Bey diesem Text dachte mein Vater so manches Wort dem Herrn v. G -- ans Herz zu legen, und da er seit so geraumer Zeit nicht in seiner Gegenwart geprediget, es dahin zu bringen, daß Herr v. G -- in seinem Glau- bensbekenntnisse noch so manche Reihe strei- chen möchte. Wer kann auf der Kanzel mit euch aufkommen, pflegte Herr v. G. zu sagen, ihr fragt und behauptet, und kein Mensch ist euch zu antworten und einzuwenden im Stan- de. Nichts ist unausstehlicher, als die Me- thode der Redner, zu fragen -- Ists nicht also? Was könnet ihr dagegen sagen, meine Freunde! Er nannte dies stumme Fragen, so wie es stumme Sün- den giebt.
Der
uns ſcheiden von der Liebe Gottes? Truͤbſal oder Angſt? oder Verfolgung oder Hunger? oder Bloͤße, oder Faͤhrlich- keit, oder Schwert? wie geſchrieben ſte- het: Um deinetwillen werden wir ge- toͤdtet den ganzen Tag; wird ſind geach- tet wie Schlachtſchaafe. Aber in dem allen uͤberwinden wir weit, um des wil- len, der uns geliebet hat.
Bey dieſem Text dachte mein Vater ſo manches Wort dem Herrn v. G — ans Herz zu legen, und da er ſeit ſo geraumer Zeit nicht in ſeiner Gegenwart geprediget, es dahin zu bringen, daß Herr v. G — in ſeinem Glau- bensbekenntniſſe noch ſo manche Reihe ſtrei- chen moͤchte. Wer kann auf der Kanzel mit euch aufkommen, pflegte Herr v. G. zu ſagen, ihr fragt und behauptet, und kein Menſch iſt euch zu antworten und einzuwenden im Stan- de. Nichts iſt unausſtehlicher, als die Me- thode der Redner, zu fragen — Iſts nicht alſo? Was koͤnnet ihr dagegen ſagen, meine Freunde! Er nannte dies ſtumme Fragen, ſo wie es ſtumme Suͤn- den giebt.
Der
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0276"n="270"/><hirendition="#fr">uns ſcheiden von der Liebe Gottes?<lb/>
Truͤbſal oder Angſt? oder Verfolgung<lb/>
oder Hunger? oder Bloͤße, oder Faͤhrlich-<lb/>
keit, oder Schwert? wie geſchrieben ſte-<lb/>
het: Um deinetwillen werden wir ge-<lb/>
toͤdtet den ganzen Tag; wird ſind geach-<lb/>
tet wie Schlachtſchaafe. Aber in dem<lb/>
allen uͤberwinden wir weit, um des wil-<lb/>
len, der uns geliebet hat.</hi></p><lb/><p>Bey dieſem Text dachte mein Vater ſo<lb/>
manches Wort dem Herrn v. G — ans Herz<lb/>
zu legen, und da er ſeit ſo geraumer Zeit nicht<lb/>
in ſeiner Gegenwart geprediget, es dahin zu<lb/>
bringen, daß Herr v. G — in ſeinem Glau-<lb/>
bensbekenntniſſe noch ſo manche Reihe ſtrei-<lb/>
chen moͤchte. Wer kann auf der Kanzel mit<lb/>
euch aufkommen, pflegte Herr v. G. zu ſagen,<lb/>
ihr fragt und behauptet, und kein Menſch iſt<lb/>
euch zu antworten und einzuwenden im Stan-<lb/>
de. Nichts iſt unausſtehlicher, als die Me-<lb/>
thode der Redner, zu fragen —<hirendition="#g"><hirendition="#fr">Iſts nicht<lb/>
alſo? Was koͤnnet ihr dagegen<lb/>ſagen, meine Freunde!</hi></hi> Er nannte<lb/>
dies ſtumme Fragen, ſo wie es ſtumme Suͤn-<lb/>
den giebt.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Der</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[270/0276]
uns ſcheiden von der Liebe Gottes?
Truͤbſal oder Angſt? oder Verfolgung
oder Hunger? oder Bloͤße, oder Faͤhrlich-
keit, oder Schwert? wie geſchrieben ſte-
het: Um deinetwillen werden wir ge-
toͤdtet den ganzen Tag; wird ſind geach-
tet wie Schlachtſchaafe. Aber in dem
allen uͤberwinden wir weit, um des wil-
len, der uns geliebet hat.
Bey dieſem Text dachte mein Vater ſo
manches Wort dem Herrn v. G — ans Herz
zu legen, und da er ſeit ſo geraumer Zeit nicht
in ſeiner Gegenwart geprediget, es dahin zu
bringen, daß Herr v. G — in ſeinem Glau-
bensbekenntniſſe noch ſo manche Reihe ſtrei-
chen moͤchte. Wer kann auf der Kanzel mit
euch aufkommen, pflegte Herr v. G. zu ſagen,
ihr fragt und behauptet, und kein Menſch iſt
euch zu antworten und einzuwenden im Stan-
de. Nichts iſt unausſtehlicher, als die Me-
thode der Redner, zu fragen — Iſts nicht
alſo? Was koͤnnet ihr dagegen
ſagen, meine Freunde! Er nannte
dies ſtumme Fragen, ſo wie es ſtumme Suͤn-
den giebt.
Der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/276>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.