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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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todt an ihm selbst, wie die meisten Bücher,
die nicht Gottesmenschen geschrieben haben,
todt an ihnen selbst sind. Die Menschen müs-
sen nie von Gott reden, ohne daß sie an ihre
Pflichten gegen ihre Mitmenschen denken.
Gott ist in allem, und durch alles. In ihm
leben, weben und sind wir. Er, der Origi-
nalgeist, der Geist im Ganzen. Die Natur
ist die Seele.

Von Gott, dem unendlich moralischen
Wesen, kommt aller her. Er ist, wie oben
gemeldet, die Moral in Origine. Die Schöp-
fung ist ein hingestellter göttlicher Gedanke! --
ein Buch Gottes! Bey uns sind die Gedan-
ken Wasserblasen; beym lieben Gott eine
Welt! -- Dies All verkündiget das Daseyn
Gottes, und es gehört nicht Schulweisheit
dazu, sondern blos menschliches Gefühl, die
Macht und Güte Gottes wahrzunehmen,
und dies: Er ist, zu verstehen. Würde der
Verstand selbst den Kopf schütteln; das Herz
spräche doch Ja. Der Gedanke, es ist ein
Gott, ist der Anfänger aller bildlichen Poesie!
Was schadet es also, ihr Herren Sophisten,
daß man Flügel der Morgenröthe nimmt,
wenn man von Gott spricht?

Alles

todt an ihm ſelbſt, wie die meiſten Buͤcher,
die nicht Gottesmenſchen geſchrieben haben,
todt an ihnen ſelbſt ſind. Die Menſchen muͤſ-
ſen nie von Gott reden, ohne daß ſie an ihre
Pflichten gegen ihre Mitmenſchen denken.
Gott iſt in allem, und durch alles. In ihm
leben, weben und ſind wir. Er, der Origi-
nalgeiſt, der Geiſt im Ganzen. Die Natur
iſt die Seele.

Von Gott, dem unendlich moraliſchen
Weſen, kommt aller her. Er iſt, wie oben
gemeldet, die Moral in Origine. Die Schoͤp-
fung iſt ein hingeſtellter goͤttlicher Gedanke! —
ein Buch Gottes! Bey uns ſind die Gedan-
ken Waſſerblaſen; beym lieben Gott eine
Welt! — Dies All verkuͤndiget das Daſeyn
Gottes, und es gehoͤrt nicht Schulweisheit
dazu, ſondern blos menſchliches Gefuͤhl, die
Macht und Guͤte Gottes wahrzunehmen,
und dies: Er iſt, zu verſtehen. Wuͤrde der
Verſtand ſelbſt den Kopf ſchuͤtteln; das Herz
ſpraͤche doch Ja. Der Gedanke, es iſt ein
Gott, iſt der Anfaͤnger aller bildlichen Poeſie!
Was ſchadet es alſo, ihr Herren Sophiſten,
daß man Fluͤgel der Morgenroͤthe nimmt,
wenn man von Gott ſpricht?

Alles
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[204/0210] todt an ihm ſelbſt, wie die meiſten Buͤcher, die nicht Gottesmenſchen geſchrieben haben, todt an ihnen ſelbſt ſind. Die Menſchen muͤſ- ſen nie von Gott reden, ohne daß ſie an ihre Pflichten gegen ihre Mitmenſchen denken. Gott iſt in allem, und durch alles. In ihm leben, weben und ſind wir. Er, der Origi- nalgeiſt, der Geiſt im Ganzen. Die Natur iſt die Seele. Von Gott, dem unendlich moraliſchen Weſen, kommt aller her. Er iſt, wie oben gemeldet, die Moral in Origine. Die Schoͤp- fung iſt ein hingeſtellter goͤttlicher Gedanke! — ein Buch Gottes! Bey uns ſind die Gedan- ken Waſſerblaſen; beym lieben Gott eine Welt! — Dies All verkuͤndiget das Daſeyn Gottes, und es gehoͤrt nicht Schulweisheit dazu, ſondern blos menſchliches Gefuͤhl, die Macht und Guͤte Gottes wahrzunehmen, und dies: Er iſt, zu verſtehen. Wuͤrde der Verſtand ſelbſt den Kopf ſchuͤtteln; das Herz ſpraͤche doch Ja. Der Gedanke, es iſt ein Gott, iſt der Anfaͤnger aller bildlichen Poeſie! Was ſchadet es alſo, ihr Herren Sophiſten, daß man Fluͤgel der Morgenroͤthe nimmt, wenn man von Gott ſpricht? Alles

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/210>, abgerufen am 23.11.2024.