Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

begegnen, solte nicht, ohne den Weg durchs
Hospital zu gehen, eine Gesellschaft zu Stan-
de kommen? -- -- Der Stand der Natur ist
ein Stand des Krieges; allein der polizirte
Staat ist es auch, bis wir zum Stande der
Gnaden, zu allgemeinen Weltgesetzen kom-
men, welches der Vorhof zum Reiche Gottes
im eigentlichsten Sinn ist. (Ich habe so man-
ches Lobopfer ausgelassen, welches bey dieser Ge-
legenheit dem monarchischen Staate gebracht
ward; indessen fand auch Herr v. G --, der
Freund und Feind meines Vaters, seine Rech-
nung bey dieser Deduktion,) die Hauptfrage
blieb mir: bringt die Monarchie oder die
Freyheit am nächsten zum Reiche, oder wie
Herr v. G -- es wolte, zum Stande der
Gnaden? -- Im Naturstande denkt der
Mensch darum nicht an Gesetze, weil er gar
nichts denkt. Sich zu erhalten, sich fortzu-
pflanzen, das würde das einzige seyn, was
ihm auffallen, und was ihn beschäftigen könnte.
Es liegt alles in uns! Allein dieser Nähe un-
erachtet, wer würde es finden, wer es nur
suchen? Tausend und abermal tausend Men-
schen im Naturstande würden auf keinen
Buchstab von natürlicher Religion und na-
türlichem Rechte fallen, wenn nicht die Gott-

heit

begegnen, ſolte nicht, ohne den Weg durchs
Hoſpital zu gehen, eine Geſellſchaft zu Stan-
de kommen? — — Der Stand der Natur iſt
ein Stand des Krieges; allein der polizirte
Staat iſt es auch, bis wir zum Stande der
Gnaden, zu allgemeinen Weltgeſetzen kom-
men, welches der Vorhof zum Reiche Gottes
im eigentlichſten Sinn iſt. (Ich habe ſo man-
ches Lobopfer ausgelaſſen, welches bey dieſer Ge-
legenheit dem monarchiſchen Staate gebracht
ward; indeſſen fand auch Herr v. G —, der
Freund und Feind meines Vaters, ſeine Rech-
nung bey dieſer Deduktion,) die Hauptfrage
blieb mir: bringt die Monarchie oder die
Freyheit am naͤchſten zum Reiche, oder wie
Herr v. G — es wolte, zum Stande der
Gnaden? — Im Naturſtande denkt der
Menſch darum nicht an Geſetze, weil er gar
nichts denkt. Sich zu erhalten, ſich fortzu-
pflanzen, das wuͤrde das einzige ſeyn, was
ihm auffallen, und was ihn beſchaͤftigen koͤnnte.
Es liegt alles in uns! Allein dieſer Naͤhe un-
erachtet, wer wuͤrde es finden, wer es nur
ſuchen? Tauſend und abermal tauſend Men-
ſchen im Naturſtande wuͤrden auf keinen
Buchſtab von natuͤrlicher Religion und na-
tuͤrlichem Rechte fallen, wenn nicht die Gott-

heit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0194" n="188"/>
begegnen, &#x017F;olte nicht, ohne den Weg durchs<lb/>
Ho&#x017F;pital zu gehen, eine Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft zu Stan-<lb/>
de kommen? &#x2014; &#x2014; Der Stand der Natur i&#x017F;t<lb/>
ein Stand des Krieges; allein der polizirte<lb/>
Staat i&#x017F;t es auch, bis wir zum Stande der<lb/>
Gnaden, zu allgemeinen Weltge&#x017F;etzen kom-<lb/>
men, welches der Vorhof zum Reiche Gottes<lb/>
im eigentlich&#x017F;ten Sinn i&#x017F;t. (Ich habe &#x017F;o man-<lb/>
ches Lobopfer ausgela&#x017F;&#x017F;en, welches bey die&#x017F;er Ge-<lb/>
legenheit dem monarchi&#x017F;chen Staate gebracht<lb/>
ward; inde&#x017F;&#x017F;en fand auch Herr v. G &#x2014;, der<lb/>
Freund und Feind meines Vaters, &#x017F;eine Rech-<lb/>
nung bey die&#x017F;er Deduktion,) die Hauptfrage<lb/>
blieb mir: bringt die Monarchie oder die<lb/>
Freyheit am na&#x0364;ch&#x017F;ten zum Reiche, oder wie<lb/>
Herr v. G &#x2014; es wolte, zum Stande der<lb/>
Gnaden? &#x2014; Im Natur&#x017F;tande denkt der<lb/>
Men&#x017F;ch darum nicht an Ge&#x017F;etze, weil er gar<lb/>
nichts denkt. Sich zu erhalten, &#x017F;ich fortzu-<lb/>
pflanzen, das wu&#x0364;rde das einzige &#x017F;eyn, was<lb/>
ihm auffallen, und was ihn be&#x017F;cha&#x0364;ftigen ko&#x0364;nnte.<lb/>
Es liegt alles in uns! Allein die&#x017F;er Na&#x0364;he un-<lb/>
erachtet, wer wu&#x0364;rde es finden, wer es nur<lb/>
&#x017F;uchen? Tau&#x017F;end und abermal tau&#x017F;end Men-<lb/>
&#x017F;chen im Natur&#x017F;tande wu&#x0364;rden auf keinen<lb/>
Buch&#x017F;tab von natu&#x0364;rlicher Religion und na-<lb/>
tu&#x0364;rlichem Rechte fallen, wenn nicht die Gott-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">heit</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[188/0194] begegnen, ſolte nicht, ohne den Weg durchs Hoſpital zu gehen, eine Geſellſchaft zu Stan- de kommen? — — Der Stand der Natur iſt ein Stand des Krieges; allein der polizirte Staat iſt es auch, bis wir zum Stande der Gnaden, zu allgemeinen Weltgeſetzen kom- men, welches der Vorhof zum Reiche Gottes im eigentlichſten Sinn iſt. (Ich habe ſo man- ches Lobopfer ausgelaſſen, welches bey dieſer Ge- legenheit dem monarchiſchen Staate gebracht ward; indeſſen fand auch Herr v. G —, der Freund und Feind meines Vaters, ſeine Rech- nung bey dieſer Deduktion,) die Hauptfrage blieb mir: bringt die Monarchie oder die Freyheit am naͤchſten zum Reiche, oder wie Herr v. G — es wolte, zum Stande der Gnaden? — Im Naturſtande denkt der Menſch darum nicht an Geſetze, weil er gar nichts denkt. Sich zu erhalten, ſich fortzu- pflanzen, das wuͤrde das einzige ſeyn, was ihm auffallen, und was ihn beſchaͤftigen koͤnnte. Es liegt alles in uns! Allein dieſer Naͤhe un- erachtet, wer wuͤrde es finden, wer es nur ſuchen? Tauſend und abermal tauſend Men- ſchen im Naturſtande wuͤrden auf keinen Buchſtab von natuͤrlicher Religion und na- tuͤrlichem Rechte fallen, wenn nicht die Gott- heit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/194
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/194>, abgerufen am 01.05.2024.