den aus Jesaias dem ersten Capitel und dessen zwey und zwanzigsten Vers: O Christen- thum! dein Silber ist Schaum worden, und dein Getränke mit Wasser gemischt, und aus dem dritten Capitel, der siebenzehn- te und vier und zwanzigste Vers: Der Herr wird den Scheitel der Töchter Zion kahl machen, und der Herr wird ihr Geschmei- de wegnehmen. Das heißt: er wird den Leuchter von der heiligen Stäte stoßen, und statt der feyerlichen hellbrennenden Kerze, prasselt dann ein elendes Talglicht, zwar in einer gläsernen Form gegossen, schön von aus- sen; allein doch Talglicht; dann wird Stank für Gutgeruch seyn, und ein loses Band für einen Gürtel, und eine Glatze für kraus Haar, und für einen weiten Mantel ein enger Sack. Für Bibel und Gesangbuch allerley Naschwerk und Marcipan, das süs auffält; allein den Magen verdirbt.
In dieser Verstands- und Herzenspredigt dachte dein Vater an den Herrn v. G --. Es war wie vom Himmel gefallen. Ha! vermuthete man, da wird er die zehnjährige Entfernung aufdecken! Da wird man erfah- ren, ob Rahel weiß oder braun gewesen? Was für Federn Gabriel in seinen Flügeln
gehabt?
den aus Jeſaias dem erſten Capitel und deſſen zwey und zwanzigſten Vers: O Chriſten- thum! dein Silber iſt Schaum worden, und dein Getraͤnke mit Waſſer gemiſcht, und aus dem dritten Capitel, der ſiebenzehn- te und vier und zwanzigſte Vers: Der Herr wird den Scheitel der Toͤchter Zion kahl machen, und der Herr wird ihr Geſchmei- de wegnehmen. Das heißt: er wird den Leuchter von der heiligen Staͤte ſtoßen, und ſtatt der feyerlichen hellbrennenden Kerze, praſſelt dann ein elendes Talglicht, zwar in einer glaͤſernen Form gegoſſen, ſchoͤn von auſ- ſen; allein doch Talglicht; dann wird Stank fuͤr Gutgeruch ſeyn, und ein loſes Band fuͤr einen Guͤrtel, und eine Glatze fuͤr kraus Haar, und fuͤr einen weiten Mantel ein enger Sack. Fuͤr Bibel und Geſangbuch allerley Naſchwerk und Marcipan, das ſuͤs auffaͤlt; allein den Magen verdirbt.
In dieſer Verſtands- und Herzenspredigt dachte dein Vater an den Herrn v. G —. Es war wie vom Himmel gefallen. Ha! vermuthete man, da wird er die zehnjaͤhrige Entfernung aufdecken! Da wird man erfah- ren, ob Rahel weiß oder braun geweſen? Was fuͤr Federn Gabriel in ſeinen Fluͤgeln
gehabt?
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0161"n="155"/>
den aus Jeſaias dem erſten Capitel und deſſen<lb/>
zwey und zwanzigſten Vers: <hirendition="#fr">O Chriſten-<lb/>
thum! dein Silber iſt Schaum worden,<lb/>
und dein Getraͤnke mit Waſſer gemiſcht,</hi><lb/>
und aus dem dritten Capitel, der ſiebenzehn-<lb/>
te und vier und zwanzigſte Vers: <hirendition="#fr">Der Herr<lb/>
wird den Scheitel der Toͤchter Zion kahl<lb/>
machen, und der Herr wird ihr Geſchmei-<lb/>
de wegnehmen.</hi> Das heißt: er wird den<lb/>
Leuchter von der heiligen Staͤte ſtoßen, und<lb/>ſtatt der feyerlichen hellbrennenden Kerze,<lb/>
praſſelt dann ein elendes Talglicht, zwar in<lb/>
einer glaͤſernen Form gegoſſen, ſchoͤn von auſ-<lb/>ſen; allein doch Talglicht; dann wird Stank<lb/>
fuͤr Gutgeruch ſeyn, und ein loſes Band fuͤr<lb/>
einen Guͤrtel, und eine Glatze fuͤr kraus Haar,<lb/>
und fuͤr einen weiten Mantel ein enger<lb/>
Sack. Fuͤr Bibel und Geſangbuch allerley<lb/>
Naſchwerk und Marcipan, das ſuͤs auffaͤlt;<lb/>
allein den Magen verdirbt.</p><lb/><p>In dieſer Verſtands- und Herzenspredigt<lb/>
dachte dein Vater an den Herrn v. G —.<lb/>
Es war wie vom Himmel gefallen. Ha!<lb/>
vermuthete man, da wird er die zehnjaͤhrige<lb/>
Entfernung aufdecken! Da wird man erfah-<lb/>
ren, ob Rahel weiß oder braun geweſen?<lb/>
Was fuͤr Federn Gabriel in ſeinen Fluͤgeln<lb/><fwplace="bottom"type="catch">gehabt?</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[155/0161]
den aus Jeſaias dem erſten Capitel und deſſen
zwey und zwanzigſten Vers: O Chriſten-
thum! dein Silber iſt Schaum worden,
und dein Getraͤnke mit Waſſer gemiſcht,
und aus dem dritten Capitel, der ſiebenzehn-
te und vier und zwanzigſte Vers: Der Herr
wird den Scheitel der Toͤchter Zion kahl
machen, und der Herr wird ihr Geſchmei-
de wegnehmen. Das heißt: er wird den
Leuchter von der heiligen Staͤte ſtoßen, und
ſtatt der feyerlichen hellbrennenden Kerze,
praſſelt dann ein elendes Talglicht, zwar in
einer glaͤſernen Form gegoſſen, ſchoͤn von auſ-
ſen; allein doch Talglicht; dann wird Stank
fuͤr Gutgeruch ſeyn, und ein loſes Band fuͤr
einen Guͤrtel, und eine Glatze fuͤr kraus Haar,
und fuͤr einen weiten Mantel ein enger
Sack. Fuͤr Bibel und Geſangbuch allerley
Naſchwerk und Marcipan, das ſuͤs auffaͤlt;
allein den Magen verdirbt.
In dieſer Verſtands- und Herzenspredigt
dachte dein Vater an den Herrn v. G —.
Es war wie vom Himmel gefallen. Ha!
vermuthete man, da wird er die zehnjaͤhrige
Entfernung aufdecken! Da wird man erfah-
ren, ob Rahel weiß oder braun geweſen?
Was fuͤr Federn Gabriel in ſeinen Fluͤgeln
gehabt?
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/161>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.