Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

Mein Vater bemerkte: sie dächte alles
poetisch. Ein neues Haus ohne Baukosten;
indessen bot sie ihm die Spitze durch einen ho-
hen Geistlichen, den Pabst Sixtus den fünf-
ten,
welcher behauptet hätte, daß man auch
einem Esel die Arithmetik beybringen könnte.

Der Mond war ihr Liebling. Das Pro-
fil und das gerade zu, pflegte sie zu sagen,
wie schön! --

Sieh einen Geizigen, sagte meine Mutter,
Treppen steigen, wo er nur kann, nimmt er
zwey Stuffen auf einmal! Man lasse doch
dem Reichen seine volle Scheuren! Ihm, der
gemeinhin arm an Leib' und Seel ist! --

Wer Worte aufmutzt, war ihr ein Hahn,
der den Auskehrigt nachkehrt. Gern hätte
sie gesehen, daß der Hahn die üble Gewohn-
heit nicht hätte. Er war ihr ein bedeutendes
Thier. Sie selbst war sehr grammaticalisch,
und setzte ihren casum.

Die Hölle nannte sie oft brennende
Kälte!

Ich meines Orts, pflegte sie zu sagen,
habe nichts wider die Herren Philosophen;
allein sie sind alle, wie mein Hausphilosoph,
im Herzen für den monarchischen Staat.
Freyheit ist Himmel!

Der

Mein Vater bemerkte: ſie daͤchte alles
poetiſch. Ein neues Haus ohne Baukoſten;
indeſſen bot ſie ihm die Spitze durch einen ho-
hen Geiſtlichen, den Pabſt Sixtus den fuͤnf-
ten,
welcher behauptet haͤtte, daß man auch
einem Eſel die Arithmetik beybringen koͤnnte.

Der Mond war ihr Liebling. Das Pro-
fil und das gerade zu, pflegte ſie zu ſagen,
wie ſchoͤn! —

Sieh einen Geizigen, ſagte meine Mutter,
Treppen ſteigen, wo er nur kann, nimmt er
zwey Stuffen auf einmal! Man laſſe doch
dem Reichen ſeine volle Scheuren! Ihm, der
gemeinhin arm an Leib’ und Seel iſt! —

Wer Worte aufmutzt, war ihr ein Hahn,
der den Auskehrigt nachkehrt. Gern haͤtte
ſie geſehen, daß der Hahn die uͤble Gewohn-
heit nicht haͤtte. Er war ihr ein bedeutendes
Thier. Sie ſelbſt war ſehr grammaticaliſch,
und ſetzte ihren caſum.

Die Hoͤlle nannte ſie oft brennende
Kaͤlte!

Ich meines Orts, pflegte ſie zu ſagen,
habe nichts wider die Herren Philoſophen;
allein ſie ſind alle, wie mein Hausphiloſoph,
im Herzen fuͤr den monarchiſchen Staat.
Freyheit iſt Himmel!

Der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0136" n="130"/>
        <p>Mein Vater bemerkte: &#x017F;ie da&#x0364;chte alles<lb/>
poeti&#x017F;ch. Ein neues Haus ohne Bauko&#x017F;ten;<lb/>
inde&#x017F;&#x017F;en bot &#x017F;ie ihm die Spitze durch einen ho-<lb/>
hen Gei&#x017F;tlichen, den Pab&#x017F;t <hi rendition="#fr">Sixtus den fu&#x0364;nf-<lb/>
ten,</hi> welcher behauptet ha&#x0364;tte, daß man auch<lb/>
einem E&#x017F;el die Arithmetik beybringen ko&#x0364;nnte.</p><lb/>
        <p>Der Mond war ihr Liebling. Das Pro-<lb/>
fil und das gerade zu, pflegte &#x017F;ie zu &#x017F;agen,<lb/>
wie &#x017F;cho&#x0364;n! &#x2014;</p><lb/>
        <p>Sieh einen Geizigen, &#x017F;agte meine Mutter,<lb/>
Treppen &#x017F;teigen, wo er nur kann, nimmt er<lb/>
zwey Stuffen auf einmal! Man la&#x017F;&#x017F;e doch<lb/>
dem Reichen &#x017F;eine volle Scheuren! Ihm, der<lb/>
gemeinhin arm an Leib&#x2019; und Seel i&#x017F;t! &#x2014;</p><lb/>
        <p>Wer Worte aufmutzt, war ihr ein Hahn,<lb/>
der den Auskehrigt nachkehrt. Gern ha&#x0364;tte<lb/>
&#x017F;ie ge&#x017F;ehen, daß der Hahn die u&#x0364;ble Gewohn-<lb/>
heit nicht ha&#x0364;tte. Er war ihr ein bedeutendes<lb/>
Thier. Sie &#x017F;elb&#x017F;t war &#x017F;ehr grammaticali&#x017F;ch,<lb/>
und &#x017F;etzte ihren <hi rendition="#aq">ca&#x017F;um</hi>.</p><lb/>
        <p>Die Ho&#x0364;lle nannte &#x017F;ie oft <hi rendition="#fr">brennende</hi><lb/>
Ka&#x0364;lte!</p><lb/>
        <p>Ich meines Orts, pflegte &#x017F;ie zu &#x017F;agen,<lb/>
habe nichts wider die Herren Philo&#x017F;ophen;<lb/>
allein &#x017F;ie &#x017F;ind alle, wie mein Hausphilo&#x017F;oph,<lb/>
im Herzen fu&#x0364;r den monarchi&#x017F;chen Staat.<lb/>
Freyheit i&#x017F;t Himmel!</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[130/0136] Mein Vater bemerkte: ſie daͤchte alles poetiſch. Ein neues Haus ohne Baukoſten; indeſſen bot ſie ihm die Spitze durch einen ho- hen Geiſtlichen, den Pabſt Sixtus den fuͤnf- ten, welcher behauptet haͤtte, daß man auch einem Eſel die Arithmetik beybringen koͤnnte. Der Mond war ihr Liebling. Das Pro- fil und das gerade zu, pflegte ſie zu ſagen, wie ſchoͤn! — Sieh einen Geizigen, ſagte meine Mutter, Treppen ſteigen, wo er nur kann, nimmt er zwey Stuffen auf einmal! Man laſſe doch dem Reichen ſeine volle Scheuren! Ihm, der gemeinhin arm an Leib’ und Seel iſt! — Wer Worte aufmutzt, war ihr ein Hahn, der den Auskehrigt nachkehrt. Gern haͤtte ſie geſehen, daß der Hahn die uͤble Gewohn- heit nicht haͤtte. Er war ihr ein bedeutendes Thier. Sie ſelbſt war ſehr grammaticaliſch, und ſetzte ihren caſum. Die Hoͤlle nannte ſie oft brennende Kaͤlte! Ich meines Orts, pflegte ſie zu ſagen, habe nichts wider die Herren Philoſophen; allein ſie ſind alle, wie mein Hausphiloſoph, im Herzen fuͤr den monarchiſchen Staat. Freyheit iſt Himmel! Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/136
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/136>, abgerufen am 24.11.2024.