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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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sie da ist, dünkt sie uns nicht Freude, son-
dern Traurigkeit zu seyn; aber darnach wird
sie geben eine friedsame Frucht der Gerech-
tigkeit denen, die dadurch geübet sind --
Ich scheide und übergebe eure Seelen diesem
treuen Hirten seines Herrn, der so segnet,
wie meine Väter gesegnet haben; er leite und
führe euch auf ebener Bahn, damit er euch
dereinst dem Nachfolger meines Lebensgefähr-
ten als eine geschmückte Braut dem Bräuti-
gam übergeben könne, den Gott lehren wolle,
sein Volk zu segnen. Dich, o liebes Altar!
wo ich so oft das Nachtmahl meines Herrn
empfangen, o könnt' ich diesen rothbeschlage-
nen Tisch noch einmal sehen! Der Herr mit
Euch! wenn ihr dazu tretet, und wenn in
Pfingsten Mayen bis zu den Hörnern des Al-
tars gesetzt sind, die gern ihren Geist im Tem-
pel aufgeben und doppelt so angenehm wie
im Walde duften, die in der Kirche begraben
werden; so tröste der grundgütige Gott den,
der Trost bedarf, und erhöre das stille Ge-
bet, das aus dem Innersten eures Herzens
quillet, das Gott allein weiß, das! das!
erhöre Gott! Ja! Amen! Ich will nicht in
der Kirche begraben werden, wie die Pfingst-
Mayen. Auch im Grabe will ich meinem

Selig-

ſie da iſt, duͤnkt ſie uns nicht Freude, ſon-
dern Traurigkeit zu ſeyn; aber darnach wird
ſie geben eine friedſame Frucht der Gerech-
tigkeit denen, die dadurch geuͤbet ſind —
Ich ſcheide und uͤbergebe eure Seelen dieſem
treuen Hirten ſeines Herrn, der ſo ſegnet,
wie meine Vaͤter geſegnet haben; er leite und
fuͤhre euch auf ebener Bahn, damit er euch
dereinſt dem Nachfolger meines Lebensgefaͤhr-
ten als eine geſchmuͤckte Braut dem Braͤuti-
gam uͤbergeben koͤnne, den Gott lehren wolle,
ſein Volk zu ſegnen. Dich, o liebes Altar!
wo ich ſo oft das Nachtmahl meines Herrn
empfangen, o koͤnnt’ ich dieſen rothbeſchlage-
nen Tiſch noch einmal ſehen! Der Herr mit
Euch! wenn ihr dazu tretet, und wenn in
Pfingſten Mayen bis zu den Hoͤrnern des Al-
tars geſetzt ſind, die gern ihren Geiſt im Tem-
pel aufgeben und doppelt ſo angenehm wie
im Walde duften, die in der Kirche begraben
werden; ſo troͤſte der grundguͤtige Gott den,
der Troſt bedarf, und erhoͤre das ſtille Ge-
bet, das aus dem Innerſten eures Herzens
quillet, das Gott allein weiß, das! das!
erhoͤre Gott! Ja! Amen! Ich will nicht in
der Kirche begraben werden, wie die Pfingſt-
Mayen. Auch im Grabe will ich meinem

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[109/0115] ſie da iſt, duͤnkt ſie uns nicht Freude, ſon- dern Traurigkeit zu ſeyn; aber darnach wird ſie geben eine friedſame Frucht der Gerech- tigkeit denen, die dadurch geuͤbet ſind — Ich ſcheide und uͤbergebe eure Seelen dieſem treuen Hirten ſeines Herrn, der ſo ſegnet, wie meine Vaͤter geſegnet haben; er leite und fuͤhre euch auf ebener Bahn, damit er euch dereinſt dem Nachfolger meines Lebensgefaͤhr- ten als eine geſchmuͤckte Braut dem Braͤuti- gam uͤbergeben koͤnne, den Gott lehren wolle, ſein Volk zu ſegnen. Dich, o liebes Altar! wo ich ſo oft das Nachtmahl meines Herrn empfangen, o koͤnnt’ ich dieſen rothbeſchlage- nen Tiſch noch einmal ſehen! Der Herr mit Euch! wenn ihr dazu tretet, und wenn in Pfingſten Mayen bis zu den Hoͤrnern des Al- tars geſetzt ſind, die gern ihren Geiſt im Tem- pel aufgeben und doppelt ſo angenehm wie im Walde duften, die in der Kirche begraben werden; ſo troͤſte der grundguͤtige Gott den, der Troſt bedarf, und erhoͤre das ſtille Ge- bet, das aus dem Innerſten eures Herzens quillet, das Gott allein weiß, das! das! erhoͤre Gott! Ja! Amen! Ich will nicht in der Kirche begraben werden, wie die Pfingſt- Mayen. Auch im Grabe will ich meinem Selig-

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/115>, abgerufen am 27.11.2024.