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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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bald gesagt, ohne daß uns die Einigkeit (das,
glaub' ich, kann ich auch nicht sagen) lang
wird. -- Auferstehung des Todten, des in
alle Welt zerstreueten Leibes? Dergleichen
Fragzeichen schien der Mann auf dem Gesicht
zu haben, und auch sein Nachbar, auch der
hier, auch jener dort, o! der an der Thür am
deutlichsten: das ganze Gesicht ein Fragzei-
chen! allein bey alle dem, mit einer Art von
Vertraulichkeit gegen Gott. Nicht Dumdrei-
stigkeit, nicht Christenstolz, wie die Feinde der
christlichen Religion es zu benennen belieben,
sondern kindliche Zudringlichkeit, höchstens
Vorschnelligkeit, höchstens Kinderfrage. Sind
Kinderfragen Zweifel? Sind es Knoten? die
der Deist heroisch statt zu lösen entzwey haut?
Werdet wie die Kinder! Wer kann das genug
lehren und lernen, und beym Capittel der
Rücksicht, o! mein Gott, welche richtige
Rechnung! Wie stimmig die Balance! keine
Schuld im Rückstande, nichts zum Uebertra-
gen, alles thut wie oben. Alles rein ab-
geschlossen! ohne Bruch, ohne --

Der Kalte da! die wenigsten Zweifel! im
linken Auge ein halbes Aber, kaum halb, das
rechte glaubt -- beyde christlich neugierig, ist
das Wunder? Aber wie ruhig wegen des

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bald geſagt, ohne daß uns die Einigkeit (das,
glaub’ ich, kann ich auch nicht ſagen) lang
wird. — Auferſtehung des Todten, des in
alle Welt zerſtreueten Leibes? Dergleichen
Fragzeichen ſchien der Mann auf dem Geſicht
zu haben, und auch ſein Nachbar, auch der
hier, auch jener dort, o! der an der Thuͤr am
deutlichſten: das ganze Geſicht ein Fragzei-
chen! allein bey alle dem, mit einer Art von
Vertraulichkeit gegen Gott. Nicht Dumdrei-
ſtigkeit, nicht Chriſtenſtolz, wie die Feinde der
chriſtlichen Religion es zu benennen belieben,
ſondern kindliche Zudringlichkeit, hoͤchſtens
Vorſchnelligkeit, hoͤchſtens Kinderfrage. Sind
Kinderfragen Zweifel? Sind es Knoten? die
der Deiſt heroiſch ſtatt zu loͤſen entzwey haut?
Werdet wie die Kinder! Wer kann das genug
lehren und lernen, und beym Capittel der
Ruͤckſicht, o! mein Gott, welche richtige
Rechnung! Wie ſtimmig die Balance! keine
Schuld im Ruͤckſtande, nichts zum Uebertra-
gen, alles thut wie oben. Alles rein ab-
geſchloſſen! ohne Bruch, ohne —

Der Kalte da! die wenigſten Zweifel! im
linken Auge ein halbes Aber, kaum halb, das
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das Wunder? Aber wie ruhig wegen des

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[83/0089] bald geſagt, ohne daß uns die Einigkeit (das, glaub’ ich, kann ich auch nicht ſagen) lang wird. — Auferſtehung des Todten, des in alle Welt zerſtreueten Leibes? Dergleichen Fragzeichen ſchien der Mann auf dem Geſicht zu haben, und auch ſein Nachbar, auch der hier, auch jener dort, o! der an der Thuͤr am deutlichſten: das ganze Geſicht ein Fragzei- chen! allein bey alle dem, mit einer Art von Vertraulichkeit gegen Gott. Nicht Dumdrei- ſtigkeit, nicht Chriſtenſtolz, wie die Feinde der chriſtlichen Religion es zu benennen belieben, ſondern kindliche Zudringlichkeit, hoͤchſtens Vorſchnelligkeit, hoͤchſtens Kinderfrage. Sind Kinderfragen Zweifel? Sind es Knoten? die der Deiſt heroiſch ſtatt zu loͤſen entzwey haut? Werdet wie die Kinder! Wer kann das genug lehren und lernen, und beym Capittel der Ruͤckſicht, o! mein Gott, welche richtige Rechnung! Wie ſtimmig die Balance! keine Schuld im Ruͤckſtande, nichts zum Uebertra- gen, alles thut wie oben. Alles rein ab- geſchloſſen! ohne Bruch, ohne — Der Kalte da! die wenigſten Zweifel! im linken Auge ein halbes Aber, kaum halb, das rechte glaubt — beyde chriſtlich neugierig, iſt das Wunder? Aber wie ruhig wegen des voll- F 2

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/89>, abgerufen am 23.11.2024.