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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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so nahe, als man es mit einem Engländer
seyn kann, der noch nicht Freund ist. Sei-
ne Ungeselligkeit blieb mir kein Geheimnis,
das ist der einzige Umstand, wo die Englän-
der ohne Rückhalt sind. Wir waren immer,
wilt du zur Rechten, will ich zur Lin-
ken
, obgleich er den Teutschen die Ehre that,
sich mit ihnen wider die Franzosen in Bünd-
niß einzulaßen. Ich lies es mir merken,
(bitten hätt ich ihn um vieles nicht können,
kein Engländer läßt sich bitten) daß ich es
gern sehen würde, wenn er noch acht Tage
bliebe, wie ich. -- Den andern Morgen
war er weg, und, um ganz englisch zu seyn,
ohne Abschied. Ohnfehlbar stand in seinem
Reisekalender Geh ich ab, und da hätt ihn
keine Observation der Venus durch die Son-
ne gehalten. Gott gleit' ihn, den guten
Jungen! Ich wünschte wohl, wenn er sei-
nen Lebenslauf schriebe, daß er an mich däch-
te. In dieser Welt glaub ich, werd ich ihn
so wenig wiedersehen, als den Alten mit dem
Einen Handschuh, der auf ein sanftes Ende
mit dem Herrn v. G -- trank, und der nur
höchstens noch acht Tage zu leben hatte, da

er

ſo nahe, als man es mit einem Englaͤnder
ſeyn kann, der noch nicht Freund iſt. Sei-
ne Ungeſelligkeit blieb mir kein Geheimnis,
das iſt der einzige Umſtand, wo die Englaͤn-
der ohne Ruͤckhalt ſind. Wir waren immer,
wilt du zur Rechten, will ich zur Lin-
ken
, obgleich er den Teutſchen die Ehre that,
ſich mit ihnen wider die Franzoſen in Buͤnd-
niß einzulaßen. Ich lies es mir merken,
(bitten haͤtt ich ihn um vieles nicht koͤnnen,
kein Englaͤnder laͤßt ſich bitten) daß ich es
gern ſehen wuͤrde, wenn er noch acht Tage
bliebe, wie ich. — Den andern Morgen
war er weg, und, um ganz engliſch zu ſeyn,
ohne Abſchied. Ohnfehlbar ſtand in ſeinem
Reiſekalender Geh ich ab, und da haͤtt ihn
keine Obſervation der Venus durch die Son-
ne gehalten. Gott gleit’ ihn, den guten
Jungen! Ich wuͤnſchte wohl, wenn er ſei-
nen Lebenslauf ſchriebe, daß er an mich daͤch-
te. In dieſer Welt glaub ich, werd ich ihn
ſo wenig wiederſehen, als den Alten mit dem
Einen Handſchuh, der auf ein ſanftes Ende
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[450/0458] ſo nahe, als man es mit einem Englaͤnder ſeyn kann, der noch nicht Freund iſt. Sei- ne Ungeſelligkeit blieb mir kein Geheimnis, das iſt der einzige Umſtand, wo die Englaͤn- der ohne Ruͤckhalt ſind. Wir waren immer, wilt du zur Rechten, will ich zur Lin- ken, obgleich er den Teutſchen die Ehre that, ſich mit ihnen wider die Franzoſen in Buͤnd- niß einzulaßen. Ich lies es mir merken, (bitten haͤtt ich ihn um vieles nicht koͤnnen, kein Englaͤnder laͤßt ſich bitten) daß ich es gern ſehen wuͤrde, wenn er noch acht Tage bliebe, wie ich. — Den andern Morgen war er weg, und, um ganz engliſch zu ſeyn, ohne Abſchied. Ohnfehlbar ſtand in ſeinem Reiſekalender Geh ich ab, und da haͤtt ihn keine Obſervation der Venus durch die Son- ne gehalten. Gott gleit’ ihn, den guten Jungen! Ich wuͤnſchte wohl, wenn er ſei- nen Lebenslauf ſchriebe, daß er an mich daͤch- te. In dieſer Welt glaub ich, werd ich ihn ſo wenig wiederſehen, als den Alten mit dem Einen Handſchuh, der auf ein ſanftes Ende mit dem Herrn v. G — trank, und der nur hoͤchſtens noch acht Tage zu leben hatte, da er

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/458>, abgerufen am 04.05.2024.