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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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derlich und dienstlich gewesen. Wie das?
Schönheit gefällt unmittelbar; die Wissen-
schaften mittelbar -- ich hatte des Weges
nichts zu bestellen. Der Professor merkt' es
mir ab und umarmte mich! -- Wir nahmen
sehr rührend Abschied. Allem Vermuthen
nach, sagt' er, werd' ich so wenig einen neuen
Beweis meiner Grosvaterschaft erleben, als
ihre Zurückkunft. (Seine Tochter war heck-
tisch.) -- Mir schon recht, setzt' er hinzu, ich
habe gelehrt, und will gern lernen, der Schat-
ten des Todes enthält, wenn er sich enthüllt,
Klarheit des Lebens. -- Die gröste Unvoll-
kommenheit der Natur, den Weg zum ewi-
gen Leben. Der Professor empfahl mir Auf-
munterungen, weil es auch in Wüsten Ver-
suchungen gebe, und nahm so Abschied, als
wenn er unter Minens Leichenbegleitern ge-
wesen. -- Schlüßlich bat der Grosvater,
dem Junker Gotthard für die richtige Zah-
lung zu danken, wenn er nicht die Ehre haben
sollte, diesen Dank selbst zu sagen. Das ba-
ten alle academische Lehrer, denen ich mich
empfahl. Man bemerkte, daß selten ein
Curländer so richtig Zahlungstermin gehal-
ten, wie Junker Gotthard. Gern, das weiß
ich, hätte Gotthard den Professor Grosvater

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derlich und dienſtlich geweſen. Wie das?
Schoͤnheit gefaͤllt unmittelbar; die Wiſſen-
ſchaften mittelbar — ich hatte des Weges
nichts zu beſtellen. Der Profeſſor merkt’ es
mir ab und umarmte mich! — Wir nahmen
ſehr ruͤhrend Abſchied. Allem Vermuthen
nach, ſagt’ er, werd’ ich ſo wenig einen neuen
Beweis meiner Grosvaterſchaft erleben, als
ihre Zuruͤckkunft. (Seine Tochter war heck-
tiſch.) — Mir ſchon recht, ſetzt’ er hinzu, ich
habe gelehrt, und will gern lernen, der Schat-
ten des Todes enthaͤlt, wenn er ſich enthuͤllt,
Klarheit des Lebens. — Die groͤſte Unvoll-
kommenheit der Natur, den Weg zum ewi-
gen Leben. Der Profeſſor empfahl mir Auf-
munterungen, weil es auch in Wuͤſten Ver-
ſuchungen gebe, und nahm ſo Abſchied, als
wenn er unter Minens Leichenbegleitern ge-
weſen. — Schluͤßlich bat der Grosvater,
dem Junker Gotthard fuͤr die richtige Zah-
lung zu danken, wenn er nicht die Ehre haben
ſollte, dieſen Dank ſelbſt zu ſagen. Das ba-
ten alle academiſche Lehrer, denen ich mich
empfahl. Man bemerkte, daß ſelten ein
Curlaͤnder ſo richtig Zahlungstermin gehal-
ten, wie Junker Gotthard. Gern, das weiß
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[419/0427] derlich und dienſtlich geweſen. Wie das? Schoͤnheit gefaͤllt unmittelbar; die Wiſſen- ſchaften mittelbar — ich hatte des Weges nichts zu beſtellen. Der Profeſſor merkt’ es mir ab und umarmte mich! — Wir nahmen ſehr ruͤhrend Abſchied. Allem Vermuthen nach, ſagt’ er, werd’ ich ſo wenig einen neuen Beweis meiner Grosvaterſchaft erleben, als ihre Zuruͤckkunft. (Seine Tochter war heck- tiſch.) — Mir ſchon recht, ſetzt’ er hinzu, ich habe gelehrt, und will gern lernen, der Schat- ten des Todes enthaͤlt, wenn er ſich enthuͤllt, Klarheit des Lebens. — Die groͤſte Unvoll- kommenheit der Natur, den Weg zum ewi- gen Leben. Der Profeſſor empfahl mir Auf- munterungen, weil es auch in Wuͤſten Ver- ſuchungen gebe, und nahm ſo Abſchied, als wenn er unter Minens Leichenbegleitern ge- weſen. — Schluͤßlich bat der Grosvater, dem Junker Gotthard fuͤr die richtige Zah- lung zu danken, wenn er nicht die Ehre haben ſollte, dieſen Dank ſelbſt zu ſagen. Das ba- ten alle academiſche Lehrer, denen ich mich empfahl. Man bemerkte, daß ſelten ein Curlaͤnder ſo richtig Zahlungstermin gehal- ten, wie Junker Gotthard. Gern, das weiß ich, haͤtte Gotthard den Profeſſor Grosvater ge- D d 2

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/427>, abgerufen am 22.11.2024.