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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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heißt bey mir ein Einfall. Wer hat nicht al-
les Einfälle! Schade, daß der gute Grosva-
ter so wenig gesellig war! Ich glaube, seine
Schlafmütze war schuld daran. Ein großer
Kopf ist indeßen gewöhnlich ungesellig. Ge-
selligkeit hat nur was Gemeines, was Unvoll-
ständiges. Man ist sich nicht selbst genug.
Diese Größe hatt' unser Grosvater nicht.
Man sah es ihm an, daß Umgang sein Be-
dürfnis sey. Er war frölich und guter Din-
ge, wenn seine Hausmütze ihm die Erlaubnis
ertheilte, in Gesellschaft zu gehen. Beim
Königlichen Rath hätte er in alle Wege ein
ordentliches Mitglied werden sollen. -- -- --
Das Schreyen, sagt man, befreyt den Au-
genblick vom Schreck. Es treibt das zu-
sammen gezogene Blut aus einander, und die
Natur selbst hat dieses Hausmittel dem schö-
nen Geschlechte verliehen. Das war ein
Glück, sagte der Professor Grosvater, daß
ich schrie: nun ists über. Er hatte die Büste
des Homers auf einem seiner Repositorien,
die herabstürzte, da er zu heftig aufstand; ich
fieng sie auf, und dünkte mich gros, diesen
Kopf in meiner Hand zu haben. Schnell
faßt' ich ihn auch mit der andern an, und
wahrlich solch ein Kopf verdient beyde Hände.

Der
D d

heißt bey mir ein Einfall. Wer hat nicht al-
les Einfaͤlle! Schade, daß der gute Grosva-
ter ſo wenig geſellig war! Ich glaube, ſeine
Schlafmuͤtze war ſchuld daran. Ein großer
Kopf iſt indeßen gewoͤhnlich ungeſellig. Ge-
ſelligkeit hat nur was Gemeines, was Unvoll-
ſtaͤndiges. Man iſt ſich nicht ſelbſt genug.
Dieſe Groͤße hatt’ unſer Grosvater nicht.
Man ſah es ihm an, daß Umgang ſein Be-
duͤrfnis ſey. Er war froͤlich und guter Din-
ge, wenn ſeine Hausmuͤtze ihm die Erlaubnis
ertheilte, in Geſellſchaft zu gehen. Beim
Koͤniglichen Rath haͤtte er in alle Wege ein
ordentliches Mitglied werden ſollen. — — —
Das Schreyen, ſagt man, befreyt den Au-
genblick vom Schreck. Es treibt das zu-
ſammen gezogene Blut aus einander, und die
Natur ſelbſt hat dieſes Hausmittel dem ſchoͤ-
nen Geſchlechte verliehen. Das war ein
Gluͤck, ſagte der Profeſſor Grosvater, daß
ich ſchrie: nun iſts uͤber. Er hatte die Buͤſte
des Homers auf einem ſeiner Repoſitorien,
die herabſtuͤrzte, da er zu heftig aufſtand; ich
fieng ſie auf, und duͤnkte mich gros, dieſen
Kopf in meiner Hand zu haben. Schnell
faßt’ ich ihn auch mit der andern an, und
wahrlich ſolch ein Kopf verdient beyde Haͤnde.

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[417/0425] heißt bey mir ein Einfall. Wer hat nicht al- les Einfaͤlle! Schade, daß der gute Grosva- ter ſo wenig geſellig war! Ich glaube, ſeine Schlafmuͤtze war ſchuld daran. Ein großer Kopf iſt indeßen gewoͤhnlich ungeſellig. Ge- ſelligkeit hat nur was Gemeines, was Unvoll- ſtaͤndiges. Man iſt ſich nicht ſelbſt genug. Dieſe Groͤße hatt’ unſer Grosvater nicht. Man ſah es ihm an, daß Umgang ſein Be- duͤrfnis ſey. Er war froͤlich und guter Din- ge, wenn ſeine Hausmuͤtze ihm die Erlaubnis ertheilte, in Geſellſchaft zu gehen. Beim Koͤniglichen Rath haͤtte er in alle Wege ein ordentliches Mitglied werden ſollen. — — — Das Schreyen, ſagt man, befreyt den Au- genblick vom Schreck. Es treibt das zu- ſammen gezogene Blut aus einander, und die Natur ſelbſt hat dieſes Hausmittel dem ſchoͤ- nen Geſchlechte verliehen. Das war ein Gluͤck, ſagte der Profeſſor Grosvater, daß ich ſchrie: nun iſts uͤber. Er hatte die Buͤſte des Homers auf einem ſeiner Repoſitorien, die herabſtuͤrzte, da er zu heftig aufſtand; ich fieng ſie auf, und duͤnkte mich gros, dieſen Kopf in meiner Hand zu haben. Schnell faßt’ ich ihn auch mit der andern an, und wahrlich ſolch ein Kopf verdient beyde Haͤnde. Der D d

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/425>, abgerufen am 25.11.2024.