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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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auf, der wider Denken und Vermuthen eine
Empfindung über den Umstand merken lies,
daß er auf dem Staube aller Seinigen stünde.

Man hatte zu aller Zeit Familienbegräb-
niße, Familiengewölbe, Hypogaea, wo jeder
sein Kämmerlein besaß, jeder Topf sein Plätz-
chen und sein Apotheker-Etiket! --

Recht, sagte der Graf, die Urnen und
Grabhäuser der Alten verrathen indeßen viel
Geschmack. Man findet in diesen galanten
Zeiten Tassen, fügt' er hinzu, Potspouries,
was weis ich mehr, auf diese weise, und
manches Weibsbild sollte nur wißen, wor-
aus es trinkt, woraus es Geruch ziehet, sie
würde --

Daß ich, fuhr der Graf fort, meine Tas-
sen in der Art habe, ist kein Wunder; da ich
indeßen ein Christ bin, habe ich was christ-
liches dabey angebracht, ein Kreuz. Ich bin
kein Heide, sehender oder blinder! Heide ist
Heide! Nicht wahr, Gevatter Prediger?

Der Gevatter Prediger, der des Grafen
Toleranz kannte, obgleich er auch wußte, wie
ächtchristlich der Graf sey, gab kein Wort
darauf, sondern ließ sich bey dieser Gelegen-
heit mit der Anmerkung hören, daß Seefah-
rer, wenn sie in Lebensgefahr gewesen, sich

Kost-

auf, der wider Denken und Vermuthen eine
Empfindung uͤber den Umſtand merken lies,
daß er auf dem Staube aller Seinigen ſtuͤnde.

Man hatte zu aller Zeit Familienbegraͤb-
niße, Familiengewoͤlbe, Hypogaea, wo jeder
ſein Kaͤmmerlein beſaß, jeder Topf ſein Plaͤtz-
chen und ſein Apotheker-Etiket! —

Recht, ſagte der Graf, die Urnen und
Grabhaͤuſer der Alten verrathen indeßen viel
Geſchmack. Man findet in dieſen galanten
Zeiten Taſſen, fuͤgt’ er hinzu, Potspouries,
was weis ich mehr, auf dieſe weiſe, und
manches Weibsbild ſollte nur wißen, wor-
aus es trinkt, woraus es Geruch ziehet, ſie
wuͤrde —

Daß ich, fuhr der Graf fort, meine Taſ-
ſen in der Art habe, iſt kein Wunder; da ich
indeßen ein Chriſt bin, habe ich was chriſt-
liches dabey angebracht, ein Kreuz. Ich bin
kein Heide, ſehender oder blinder! Heide iſt
Heide! Nicht wahr, Gevatter Prediger?

Der Gevatter Prediger, der des Grafen
Toleranz kannte, obgleich er auch wußte, wie
aͤchtchriſtlich der Graf ſey, gab kein Wort
darauf, ſondern ließ ſich bey dieſer Gelegen-
heit mit der Anmerkung hoͤren, daß Seefah-
rer, wenn ſie in Lebensgefahr geweſen, ſich

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[36/0042] auf, der wider Denken und Vermuthen eine Empfindung uͤber den Umſtand merken lies, daß er auf dem Staube aller Seinigen ſtuͤnde. Man hatte zu aller Zeit Familienbegraͤb- niße, Familiengewoͤlbe, Hypogaea, wo jeder ſein Kaͤmmerlein beſaß, jeder Topf ſein Plaͤtz- chen und ſein Apotheker-Etiket! — Recht, ſagte der Graf, die Urnen und Grabhaͤuſer der Alten verrathen indeßen viel Geſchmack. Man findet in dieſen galanten Zeiten Taſſen, fuͤgt’ er hinzu, Potspouries, was weis ich mehr, auf dieſe weiſe, und manches Weibsbild ſollte nur wißen, wor- aus es trinkt, woraus es Geruch ziehet, ſie wuͤrde — Daß ich, fuhr der Graf fort, meine Taſ- ſen in der Art habe, iſt kein Wunder; da ich indeßen ein Chriſt bin, habe ich was chriſt- liches dabey angebracht, ein Kreuz. Ich bin kein Heide, ſehender oder blinder! Heide iſt Heide! Nicht wahr, Gevatter Prediger? Der Gevatter Prediger, der des Grafen Toleranz kannte, obgleich er auch wußte, wie aͤchtchriſtlich der Graf ſey, gab kein Wort darauf, ſondern ließ ſich bey dieſer Gelegen- heit mit der Anmerkung hoͤren, daß Seefah- rer, wenn ſie in Lebensgefahr geweſen, ſich Koſt-

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/42>, abgerufen am 25.04.2024.