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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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-- Fasse dich! bedenke das Ende; so wirst
du auch in deinem Schmerz nicht übel thun.
Gott ist die Liebe! Das größte Ueberbleibsel
des göttlichen Ebenbildes ist die Liebe. Liebe
ist der Funke, den Gott anschlug, da er die
Welt schuf. Du weißt das Sinnbild Feur,
Liebe, Wasser, Haß! Wo Feur ist, ist Licht --
wo Licht ist, ist Wahrheit. Das Licht der
Vernunft ist Liebe, die Luft der Geister ist
Liebe. Suche deinen Trost in der Liebe! --
Du sollst Gott lieben, den du nicht gesehen
hast, und nicht siehest. Sieh! ein Hülfs-
ein Hausmittel, dich zu dieser Gottes Liebe
hinauf zu schwingen, da du Minen liebest,
die du gesehen hast, und nicht siehest. Um
diese Welt gleichgültiger zu finden, ists gut,
einem geliebten Gegenstand in der andern
Welt zu haben. Wahrlich! es warten noch
Stunden auf dich, wo es dir in dieser Welt
nicht gefallen wird. -- Du liebst Minen
und wünschest sie nicht glücklicher, als du
bist? -- Ist die Liebe nicht stärker, als der
Tod? Sind wir nicht am geneigtesten, allent-
halben eine Aehnlichkeit von Menschen zu ent-
decken? Ein Baum in der Entfernung dünkt
uns ein Mensch. Wir geben ihm alle Glied-
maaßen, und alles dünkt uns so. An der

Wand,

— Faſſe dich! bedenke das Ende; ſo wirſt
du auch in deinem Schmerz nicht uͤbel thun.
Gott iſt die Liebe! Das groͤßte Ueberbleibſel
des goͤttlichen Ebenbildes iſt die Liebe. Liebe
iſt der Funke, den Gott anſchlug, da er die
Welt ſchuf. Du weißt das Sinnbild Feur,
Liebe, Waſſer, Haß! Wo Feur iſt, iſt Licht —
wo Licht iſt, iſt Wahrheit. Das Licht der
Vernunft iſt Liebe, die Luft der Geiſter iſt
Liebe. Suche deinen Troſt in der Liebe! —
Du ſollſt Gott lieben, den du nicht geſehen
haſt, und nicht ſieheſt. Sieh! ein Huͤlfs-
ein Hausmittel, dich zu dieſer Gottes Liebe
hinauf zu ſchwingen, da du Minen liebeſt,
die du geſehen haſt, und nicht ſieheſt. Um
dieſe Welt gleichguͤltiger zu finden, iſts gut,
einem geliebten Gegenſtand in der andern
Welt zu haben. Wahrlich! es warten noch
Stunden auf dich, wo es dir in dieſer Welt
nicht gefallen wird. — Du liebſt Minen
und wuͤnſcheſt ſie nicht gluͤcklicher, als du
biſt? — Iſt die Liebe nicht ſtaͤrker, als der
Tod? Sind wir nicht am geneigteſten, allent-
halben eine Aehnlichkeit von Menſchen zu ent-
decken? Ein Baum in der Entfernung duͤnkt
uns ein Menſch. Wir geben ihm alle Glied-
maaßen, und alles duͤnkt uns ſo. An der

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[362/0370] — Faſſe dich! bedenke das Ende; ſo wirſt du auch in deinem Schmerz nicht uͤbel thun. Gott iſt die Liebe! Das groͤßte Ueberbleibſel des goͤttlichen Ebenbildes iſt die Liebe. Liebe iſt der Funke, den Gott anſchlug, da er die Welt ſchuf. Du weißt das Sinnbild Feur, Liebe, Waſſer, Haß! Wo Feur iſt, iſt Licht — wo Licht iſt, iſt Wahrheit. Das Licht der Vernunft iſt Liebe, die Luft der Geiſter iſt Liebe. Suche deinen Troſt in der Liebe! — Du ſollſt Gott lieben, den du nicht geſehen haſt, und nicht ſieheſt. Sieh! ein Huͤlfs- ein Hausmittel, dich zu dieſer Gottes Liebe hinauf zu ſchwingen, da du Minen liebeſt, die du geſehen haſt, und nicht ſieheſt. Um dieſe Welt gleichguͤltiger zu finden, iſts gut, einem geliebten Gegenſtand in der andern Welt zu haben. Wahrlich! es warten noch Stunden auf dich, wo es dir in dieſer Welt nicht gefallen wird. — Du liebſt Minen und wuͤnſcheſt ſie nicht gluͤcklicher, als du biſt? — Iſt die Liebe nicht ſtaͤrker, als der Tod? Sind wir nicht am geneigteſten, allent- halben eine Aehnlichkeit von Menſchen zu ent- decken? Ein Baum in der Entfernung duͤnkt uns ein Menſch. Wir geben ihm alle Glied- maaßen, und alles duͤnkt uns ſo. An der Wand,

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/370>, abgerufen am 25.11.2024.