hier ihr Erbbegräbnis gehabt, ausgestorben, sie in einem Herbst alle drey ausgegangen wären. Das ist nichts neues, setzte der Tod- tengräber hinzu. Es haben sich viel Hunde um ihren Herrn zu Tode gegrämt, und die Stiere, die in dieser Geschichte vorkommen, sind ein neuer Beweis, daß die Bäume ge- wust, wenn es Zeit zum Ausgehen war. Ich bat den Todtengräber, diese Mordgeschichte dem Grafen zu übersenden, welches er mir aber abschlug, "ich muß so etwas aufbewah- "ren, um es ihm hier vorzusetzen."
Ich schließe den Kirchhof, ehe das Stadt- thor für mich geschlossen wird. Wer mir aber dergleichen Vorgriffe übel nimmt, kann mir mehr übel nehmen, wenn es ihm so beliebt. -- So sehr mir diese Geschichte auffiel; so war ich doch nicht im Stande, Greten im Irhause zu besuchen, um ihren schrecklichen Scharf- richter-Handgrif zu sehen! --
Wenn es ausgemacht ist, (und nichts ist gewisser, als dies,) daß die wahre Philoso- phie eine Sterbkunst sey; so legt' ich mich mehr auf die Philosophie, als auf irgend et- was. Um reich zu seyn, braucht man nicht Geld nicht Gut, sondern Mäßigkeit. Gute Führung beehrt uns, nicht Würde. Wer
lang
hier ihr Erbbegraͤbnis gehabt, ausgeſtorben, ſie in einem Herbſt alle drey ausgegangen waͤren. Das iſt nichts neues, ſetzte der Tod- tengraͤber hinzu. Es haben ſich viel Hunde um ihren Herrn zu Tode gegraͤmt, und die Stiere, die in dieſer Geſchichte vorkommen, ſind ein neuer Beweis, daß die Baͤume ge- wuſt, wenn es Zeit zum Ausgehen war. Ich bat den Todtengraͤber, dieſe Mordgeſchichte dem Grafen zu uͤberſenden, welches er mir aber abſchlug, „ich muß ſo etwas aufbewah- „ren, um es ihm hier vorzuſetzen.”
Ich ſchließe den Kirchhof, ehe das Stadt- thor fuͤr mich geſchloſſen wird. Wer mir aber dergleichen Vorgriffe uͤbel nimmt, kann mir mehr uͤbel nehmen, wenn es ihm ſo beliebt. — So ſehr mir dieſe Geſchichte auffiel; ſo war ich doch nicht im Stande, Greten im Irhauſe zu beſuchen, um ihren ſchrecklichen Scharf- richter-Handgrif zu ſehen! —
Wenn es ausgemacht iſt, (und nichts iſt gewiſſer, als dies,) daß die wahre Philoſo- phie eine Sterbkunſt ſey; ſo legt’ ich mich mehr auf die Philoſophie, als auf irgend et- was. Um reich zu ſeyn, braucht man nicht Geld nicht Gut, ſondern Maͤßigkeit. Gute Fuͤhrung beehrt uns, nicht Wuͤrde. Wer
lang
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0304"n="298"/>
hier ihr Erbbegraͤbnis gehabt, ausgeſtorben,<lb/>ſie in einem Herbſt alle drey ausgegangen<lb/>
waͤren. Das iſt nichts neues, ſetzte der Tod-<lb/>
tengraͤber hinzu. Es haben ſich viel Hunde<lb/>
um ihren Herrn zu Tode gegraͤmt, und die<lb/>
Stiere, die in dieſer Geſchichte vorkommen,<lb/>ſind ein neuer Beweis, daß die Baͤume ge-<lb/>
wuſt, wenn es Zeit zum Ausgehen war. Ich<lb/>
bat den Todtengraͤber, dieſe Mordgeſchichte<lb/>
dem Grafen zu uͤberſenden, welches er mir<lb/>
aber abſchlug, „ich muß ſo etwas aufbewah-<lb/>„ren, um es ihm hier vorzuſetzen.”</p><lb/><p>Ich ſchließe den Kirchhof, ehe das Stadt-<lb/>
thor fuͤr mich geſchloſſen wird. Wer mir aber<lb/>
dergleichen Vorgriffe uͤbel nimmt, kann mir<lb/>
mehr uͤbel nehmen, wenn es ihm ſo beliebt. —<lb/>
So ſehr mir dieſe Geſchichte auffiel; ſo war ich<lb/>
doch nicht im Stande, Greten im Irhauſe<lb/>
zu beſuchen, um ihren ſchrecklichen Scharf-<lb/>
richter-Handgrif zu ſehen! —</p><lb/><p>Wenn es ausgemacht iſt, (und nichts iſt<lb/>
gewiſſer, als dies,) daß die wahre Philoſo-<lb/>
phie eine Sterbkunſt ſey; ſo legt’ ich mich<lb/>
mehr auf die Philoſophie, als auf irgend et-<lb/>
was. Um reich zu ſeyn, braucht man nicht<lb/>
Geld nicht Gut, ſondern Maͤßigkeit. Gute<lb/>
Fuͤhrung beehrt uns, nicht Wuͤrde. Wer<lb/><fwplace="bottom"type="catch">lang</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[298/0304]
hier ihr Erbbegraͤbnis gehabt, ausgeſtorben,
ſie in einem Herbſt alle drey ausgegangen
waͤren. Das iſt nichts neues, ſetzte der Tod-
tengraͤber hinzu. Es haben ſich viel Hunde
um ihren Herrn zu Tode gegraͤmt, und die
Stiere, die in dieſer Geſchichte vorkommen,
ſind ein neuer Beweis, daß die Baͤume ge-
wuſt, wenn es Zeit zum Ausgehen war. Ich
bat den Todtengraͤber, dieſe Mordgeſchichte
dem Grafen zu uͤberſenden, welches er mir
aber abſchlug, „ich muß ſo etwas aufbewah-
„ren, um es ihm hier vorzuſetzen.”
Ich ſchließe den Kirchhof, ehe das Stadt-
thor fuͤr mich geſchloſſen wird. Wer mir aber
dergleichen Vorgriffe uͤbel nimmt, kann mir
mehr uͤbel nehmen, wenn es ihm ſo beliebt. —
So ſehr mir dieſe Geſchichte auffiel; ſo war ich
doch nicht im Stande, Greten im Irhauſe
zu beſuchen, um ihren ſchrecklichen Scharf-
richter-Handgrif zu ſehen! —
Wenn es ausgemacht iſt, (und nichts iſt
gewiſſer, als dies,) daß die wahre Philoſo-
phie eine Sterbkunſt ſey; ſo legt’ ich mich
mehr auf die Philoſophie, als auf irgend et-
was. Um reich zu ſeyn, braucht man nicht
Geld nicht Gut, ſondern Maͤßigkeit. Gute
Fuͤhrung beehrt uns, nicht Wuͤrde. Wer
lang
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/304>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.