Guten, lieben Freunde, wenn eure Lehre unter den Haufen käme, was würde da aus der Welt werden? Gott schlägt euch mit Wortsblindheit, sonst müsten wir unsere Kirchen brechen, und Gefängniße draus ma- chen! -- und doch, lieben Leute, glaubt ihr die Wohlfarth des ganzen menschlichen Ge- schlechts durch eure Lehre zu befördern! Ihr! durch solche Lehren, die nichts denn Menschen- gebot sind? Freunde, das laßt dem Chri- stenthum über, oder der ganze Plan ist plato- nisch. Uns solt es gleich seyn, wie das Reich Gottes käme, wenn es nur käme! Nur eure Fahne scheint es nicht dazu anzulegen, das Verirrte zu sammlen! -- Damit eine Heer- de und ein Hirte werde! -- Doch! warum sollten wir mit euch rechten? Richtet nicht, sagt unser Herr und Meister, und es wird die Zeit kommen, da wir alle werden gerichtet werden! Wohl uns! wenn wir bestehen in der Wahrheit! Als gute Streiter im Reiche der Vorurtheile, nicht, die suchten das Ihre, sondern das, was der Wahrheit und Tugend ist, nicht, die über die Menschen herrschen, sondern die sie glücklich machen wollten. Wie oft kann es hier heißen: große Schulden er- halten bey Credit. Kleine schwächen ihn.
Der
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Guten, lieben Freunde, wenn eure Lehre unter den Haufen kaͤme, was wuͤrde da aus der Welt werden? Gott ſchlaͤgt euch mit Wortsblindheit, ſonſt muͤſten wir unſere Kirchen brechen, und Gefaͤngniße draus ma- chen! — und doch, lieben Leute, glaubt ihr die Wohlfarth des ganzen menſchlichen Ge- ſchlechts durch eure Lehre zu befoͤrdern! Ihr! durch ſolche Lehren, die nichts denn Menſchen- gebot ſind? Freunde, das laßt dem Chri- ſtenthum uͤber, oder der ganze Plan iſt plato- niſch. Uns ſolt es gleich ſeyn, wie das Reich Gottes kaͤme, wenn es nur kaͤme! Nur eure Fahne ſcheint es nicht dazu anzulegen, das Verirrte zu ſammlen! — Damit eine Heer- de und ein Hirte werde! — Doch! warum ſollten wir mit euch rechten? Richtet nicht, ſagt unſer Herr und Meiſter, und es wird die Zeit kommen, da wir alle werden gerichtet werden! Wohl uns! wenn wir beſtehen in der Wahrheit! Als gute Streiter im Reiche der Vorurtheile, nicht, die ſuchten das Ihre, ſondern das, was der Wahrheit und Tugend iſt, nicht, die uͤber die Menſchen herrſchen, ſondern die ſie gluͤcklich machen wollten. Wie oft kann es hier heißen: große Schulden er- halten bey Credit. Kleine ſchwaͤchen ihn.
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Guten, lieben Freunde, wenn eure Lehre
unter den Haufen kaͤme, was wuͤrde da aus
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Wortsblindheit, ſonſt muͤſten wir unſere
Kirchen brechen, und Gefaͤngniße draus ma-
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die Wohlfarth des ganzen menſchlichen Ge-
ſchlechts durch eure Lehre zu befoͤrdern! Ihr!
durch ſolche Lehren, die nichts denn Menſchen-
gebot ſind? Freunde, das laßt dem Chri-
ſtenthum uͤber, oder der ganze Plan iſt plato-
niſch. Uns ſolt es gleich ſeyn, wie das Reich
Gottes kaͤme, wenn es nur kaͤme! Nur eure
Fahne ſcheint es nicht dazu anzulegen, das
Verirrte zu ſammlen! — Damit eine Heer-
de und ein Hirte werde! — Doch! warum
ſollten wir mit euch rechten? Richtet nicht,
ſagt unſer Herr und Meiſter, und es wird die
Zeit kommen, da wir alle werden gerichtet
werden! Wohl uns! wenn wir beſtehen in
der Wahrheit! Als gute Streiter im Reiche
der Vorurtheile, nicht, die ſuchten das Ihre,
ſondern das, was der Wahrheit und Tugend
iſt, nicht, die uͤber die Menſchen herrſchen,
ſondern die ſie gluͤcklich machen wollten. Wie
oft kann es hier heißen: große Schulden er-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/235>, abgerufen am 22.11.2024.
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