ich bey ihr seyn! Die vier Nägel, wovon meine Mutter sechse für einen Vierding kaufte, glänzten mir schrecklich in meinem vierzehnten Jahre. Das Blad aber, wo ich in der Capelle eben am Ende meinen Namen verzeichnete, wie trostreich für mich! Es war eine sichere Verschreibung, bald! bald! bald! bey Minen zu seyn. In meinem vierzehnten Jahre ließ ich sie zurück; hier sah ich das vor- gesteckte Kleinod. Es war mir ein Licht auf- gegangen; ich empfand den ganzen heiligen Busch einer Gottgefälligen, Gottgeheiligten, Himmelklaren, Engelreinen Liebe -- ich hatte Lust abzuscheiden. Ein Paar Schauer, womit dieser Leib und dies Gebein seine Rechte sich vorbehält, abgerechnet. Ists Wunder, dacht' ich, eine so hochgeadelte Erde soll wie- der zurückkommen, wovon sie genommen ist! Ein solch Gefäß zu Ehren zum Wurmge- hecke! -- Doch schnell gab ich meinem See- lengefehrten den Segen: gehe hin in Frieden, es soll dir alles wohl belohnet werden! Du solst auferstehen in Kraft, und Minens Leib, und ihr Gebein, und dieser Leib, und dies Gebein -- -- Halleluja blieb mein Haupt- wort; in meinem vierzehnten Jahr war es das Amen fein, Amen, das ich meiner Mut-
ter
K 2
ich bey ihr ſeyn! Die vier Naͤgel, wovon meine Mutter ſechſe fuͤr einen Vierding kaufte, glaͤnzten mir ſchrecklich in meinem vierzehnten Jahre. Das Blad aber, wo ich in der Capelle eben am Ende meinen Namen verzeichnete, wie troſtreich fuͤr mich! Es war eine ſichere Verſchreibung, bald! bald! bald! bey Minen zu ſeyn. In meinem vierzehnten Jahre ließ ich ſie zuruͤck; hier ſah ich das vor- geſteckte Kleinod. Es war mir ein Licht auf- gegangen; ich empfand den ganzen heiligen Buſch einer Gottgefaͤlligen, Gottgeheiligten, Himmelklaren, Engelreinen Liebe — ich hatte Luſt abzuſcheiden. Ein Paar Schauer, womit dieſer Leib und dies Gebein ſeine Rechte ſich vorbehaͤlt, abgerechnet. Iſts Wunder, dacht’ ich, eine ſo hochgeadelte Erde ſoll wie- der zuruͤckkommen, wovon ſie genommen iſt! Ein ſolch Gefaͤß zu Ehren zum Wurmge- hecke! — Doch ſchnell gab ich meinem See- lengefehrten den Segen: gehe hin in Frieden, es ſoll dir alles wohl belohnet werden! Du ſolſt auferſtehen in Kraft, und Minens Leib, und ihr Gebein, und dieſer Leib, und dies Gebein — — Halleluja blieb mein Haupt- wort; in meinem vierzehnten Jahr war es das Amen fein, Amen, das ich meiner Mut-
ter
K 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0153"n="147"/>
ich bey ihr ſeyn! Die vier Naͤgel, wovon<lb/>
meine Mutter ſechſe fuͤr einen Vierding<lb/>
kaufte, glaͤnzten mir ſchrecklich in meinem<lb/>
vierzehnten Jahre. Das Blad aber, wo ich<lb/>
in der Capelle eben am Ende meinen Namen<lb/>
verzeichnete, wie troſtreich fuͤr mich! Es war<lb/>
eine ſichere Verſchreibung, bald! bald! bald!<lb/>
bey Minen zu ſeyn. In meinem vierzehnten<lb/>
Jahre ließ ich ſie zuruͤck; hier ſah ich das vor-<lb/>
geſteckte Kleinod. Es war mir ein Licht auf-<lb/>
gegangen; ich empfand den ganzen heiligen<lb/>
Buſch einer Gottgefaͤlligen, Gottgeheiligten,<lb/>
Himmelklaren, Engelreinen Liebe — ich<lb/>
hatte Luſt abzuſcheiden. Ein Paar Schauer,<lb/>
womit dieſer Leib und dies Gebein ſeine Rechte<lb/>ſich vorbehaͤlt, abgerechnet. Iſts Wunder,<lb/>
dacht’ ich, eine ſo hochgeadelte Erde ſoll wie-<lb/>
der zuruͤckkommen, wovon ſie genommen iſt!<lb/>
Ein ſolch Gefaͤß zu Ehren zum Wurmge-<lb/>
hecke! — Doch ſchnell gab ich meinem See-<lb/>
lengefehrten den Segen: gehe hin in Frieden,<lb/>
es ſoll dir alles wohl belohnet werden! Du<lb/>ſolſt auferſtehen in Kraft, und Minens Leib,<lb/>
und ihr Gebein, und dieſer Leib, und dies<lb/>
Gebein —— Halleluja blieb mein Haupt-<lb/>
wort; in meinem vierzehnten Jahr war es<lb/>
das Amen fein, Amen, das ich meiner Mut-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">K 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">ter</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[147/0153]
ich bey ihr ſeyn! Die vier Naͤgel, wovon
meine Mutter ſechſe fuͤr einen Vierding
kaufte, glaͤnzten mir ſchrecklich in meinem
vierzehnten Jahre. Das Blad aber, wo ich
in der Capelle eben am Ende meinen Namen
verzeichnete, wie troſtreich fuͤr mich! Es war
eine ſichere Verſchreibung, bald! bald! bald!
bey Minen zu ſeyn. In meinem vierzehnten
Jahre ließ ich ſie zuruͤck; hier ſah ich das vor-
geſteckte Kleinod. Es war mir ein Licht auf-
gegangen; ich empfand den ganzen heiligen
Buſch einer Gottgefaͤlligen, Gottgeheiligten,
Himmelklaren, Engelreinen Liebe — ich
hatte Luſt abzuſcheiden. Ein Paar Schauer,
womit dieſer Leib und dies Gebein ſeine Rechte
ſich vorbehaͤlt, abgerechnet. Iſts Wunder,
dacht’ ich, eine ſo hochgeadelte Erde ſoll wie-
der zuruͤckkommen, wovon ſie genommen iſt!
Ein ſolch Gefaͤß zu Ehren zum Wurmge-
hecke! — Doch ſchnell gab ich meinem See-
lengefehrten den Segen: gehe hin in Frieden,
es ſoll dir alles wohl belohnet werden! Du
ſolſt auferſtehen in Kraft, und Minens Leib,
und ihr Gebein, und dieſer Leib, und dies
Gebein — — Halleluja blieb mein Haupt-
wort; in meinem vierzehnten Jahr war es
das Amen fein, Amen, das ich meiner Mut-
ter
K 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/153>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.