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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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unausstehlich. -- So wie es in der Welt
geht, so muß es auch in der Geschichte ge-
hen. -- Bald so, bald so. -- Der Hörer,
der Leser, mag sich hieraus ein Miniatur-
stückchen auf theophrastisch, brüyerisch zeich-
nen, wenn er will. --

Beläge zu dieser Bemerkung die Menge
in meinem Lebenslauf, und um meine Leser
auf der Stelle zu überzeugen --

Herr v. G. erzählte, daß mein Vater
nicht die mindeste Wirthschaftskenntniße be-
sessen hätte, da er Pastor geworden.

Jetzt weiß er so gut, wie Einer, wenn
Zeit zu säen und Zeit zu erndten ist, wenn
man dreschen, malzen, Haus- Acker- Gar-
ten- und Fischergeräthe bessern muß. Er
versteht sich auf die Eisfischerey, auf die
Nachtfröste, Holz und Mistfuhren, Flachs-
und Hanfbrechen.

Wie er anzog, wolte der gute Pastor,
fuhr Herr v. G. fort, den Pastoratsbauern
seine Schwäche nicht verrathen, und was
that er? Eh' er durch Gesicht und Ohr so weit
gebracht war, als er jetzt ist? Er visitirte
sein Inventarium. Das Register in der
Hand frug er:

Neun

unausſtehlich. — So wie es in der Welt
geht, ſo muß es auch in der Geſchichte ge-
hen. — Bald ſo, bald ſo. — Der Hoͤrer,
der Leſer, mag ſich hieraus ein Miniatur-
ſtuͤckchen auf theophraſtiſch, bruͤyeriſch zeich-
nen, wenn er will. —

Belaͤge zu dieſer Bemerkung die Menge
in meinem Lebenslauf, und um meine Leſer
auf der Stelle zu uͤberzeugen —

Herr v. G. erzaͤhlte, daß mein Vater
nicht die mindeſte Wirthſchaftskenntniße be-
ſeſſen haͤtte, da er Paſtor geworden.

Jetzt weiß er ſo gut, wie Einer, wenn
Zeit zu ſaͤen und Zeit zu erndten iſt, wenn
man dreſchen, malzen, Haus- Acker- Gar-
ten- und Fiſchergeraͤthe beſſern muß. Er
verſteht ſich auf die Eisfiſcherey, auf die
Nachtfroͤſte, Holz und Miſtfuhren, Flachs-
und Hanfbrechen.

Wie er anzog, wolte der gute Paſtor,
fuhr Herr v. G. fort, den Paſtoratsbauern
ſeine Schwaͤche nicht verrathen, und was
that er? Eh’ er durch Geſicht und Ohr ſo weit
gebracht war, als er jetzt iſt? Er viſitirte
ſein Inventarium. Das Regiſter in der
Hand frug er:

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[79/0085] unausſtehlich. — So wie es in der Welt geht, ſo muß es auch in der Geſchichte ge- hen. — Bald ſo, bald ſo. — Der Hoͤrer, der Leſer, mag ſich hieraus ein Miniatur- ſtuͤckchen auf theophraſtiſch, bruͤyeriſch zeich- nen, wenn er will. — Belaͤge zu dieſer Bemerkung die Menge in meinem Lebenslauf, und um meine Leſer auf der Stelle zu uͤberzeugen — Herr v. G. erzaͤhlte, daß mein Vater nicht die mindeſte Wirthſchaftskenntniße be- ſeſſen haͤtte, da er Paſtor geworden. Jetzt weiß er ſo gut, wie Einer, wenn Zeit zu ſaͤen und Zeit zu erndten iſt, wenn man dreſchen, malzen, Haus- Acker- Gar- ten- und Fiſchergeraͤthe beſſern muß. Er verſteht ſich auf die Eisfiſcherey, auf die Nachtfroͤſte, Holz und Miſtfuhren, Flachs- und Hanfbrechen. Wie er anzog, wolte der gute Paſtor, fuhr Herr v. G. fort, den Paſtoratsbauern ſeine Schwaͤche nicht verrathen, und was that er? Eh’ er durch Geſicht und Ohr ſo weit gebracht war, als er jetzt iſt? Er viſitirte ſein Inventarium. Das Regiſter in der Hand frug er: Neun

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/85>, abgerufen am 23.11.2024.