Wohnung zu. Der Graf und ich waren beym Hingang ein Paar. Beym Rückwege schloß sich der Prediger uns an. Ich bückte mich tief gegen den Haufen Begleiter und Begleiterin- nen. -- Jedes, das mich ansahe, bedaurte mei- nen Verlust, und schien es zu empfinden, was ich verloren hatte, ohne daß es jemand, aus- ser dem Pfarrhause eigentlich wuste.
Der Graf wolte mir seine Einrichtung (wie er bemerkte, mich zu zerstreuen,) noch näher eröfnen, und fieng schon an, daß sein Bette wie ein Gewölbe gestaltet, und daß in den Zimmern, die er selbst unmittelbar inhätte, Urnen und Särger der Zierrath wären; al- lein ich weiß selbst nicht, wie er auf einmal auf die unverbrennliche Lampe, das ewi- ge Grabesfeur, fiel. Er versicherte mich, daß er schon sehr lange auf diese Art Lampen ge- dacht hätte, welche man zuweilen in den alten Gräbern angetroffen haben will, die ohne Oel- zuguß eine so lange Zeit gebrannt hätten. Der gute Graf hatte noch manches von diesem ewigen Grabesfeur, wie ers nannte, zu sa- gen. Wie's mir vorkam, hatte der Graf Lust die Sache zu Künsten zu rechnen, die durch die Zeit verloren gegangen, (si fabula vera) -- und siehe da! Ein keichender Bote mit
einem
Wohnung zu. Der Graf und ich waren beym Hingang ein Paar. Beym Ruͤckwege ſchloß ſich der Prediger uns an. Ich buͤckte mich tief gegen den Haufen Begleiter und Begleiterin- nen. — Jedes, das mich anſahe, bedaurte mei- nen Verluſt, und ſchien es zu empfinden, was ich verloren hatte, ohne daß es jemand, auſ- ſer dem Pfarrhauſe eigentlich wuſte.
Der Graf wolte mir ſeine Einrichtung (wie er bemerkte, mich zu zerſtreuen,) noch naͤher eroͤfnen, und fieng ſchon an, daß ſein Bette wie ein Gewoͤlbe geſtaltet, und daß in den Zimmern, die er ſelbſt unmittelbar inhaͤtte, Urnen und Saͤrger der Zierrath waͤren; al- lein ich weiß ſelbſt nicht, wie er auf einmal auf die unverbrennliche Lampe, das ewi- ge Grabesfeur, fiel. Er verſicherte mich, daß er ſchon ſehr lange auf dieſe Art Lampen ge- dacht haͤtte, welche man zuweilen in den alten Graͤbern angetroffen haben will, die ohne Oel- zuguß eine ſo lange Zeit gebrannt haͤtten. Der gute Graf hatte noch manches von dieſem ewigen Grabesfeur, wie ers nannte, zu ſa- gen. Wie’s mir vorkam, hatte der Graf Luſt die Sache zu Kuͤnſten zu rechnen, die durch die Zeit verloren gegangen, (ſi fabula vera) — und ſiehe da! Ein keichender Bote mit
einem
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0648"n="634"/><hirendition="#fr">Wohnung zu.</hi> Der Graf und ich waren beym<lb/>
Hingang ein Paar. Beym Ruͤckwege ſchloß<lb/>ſich der Prediger uns an. Ich buͤckte mich tief<lb/>
gegen den Haufen Begleiter und Begleiterin-<lb/>
nen. — Jedes, das mich anſahe, bedaurte mei-<lb/>
nen Verluſt, und ſchien es zu empfinden, was<lb/>
ich verloren hatte, ohne daß es jemand, auſ-<lb/>ſer dem Pfarrhauſe <hirendition="#fr">eigentlich</hi> wuſte.</p><lb/><p>Der Graf wolte mir ſeine <hirendition="#fr">Einrichtung</hi><lb/>
(wie er bemerkte, mich zu zerſtreuen,) noch<lb/>
naͤher eroͤfnen, und fieng ſchon an, daß ſein<lb/>
Bette wie ein Gewoͤlbe geſtaltet, und daß in<lb/>
den Zimmern, die er ſelbſt unmittelbar inhaͤtte,<lb/><hirendition="#fr">Urnen</hi> und <hirendition="#fr">Saͤrger</hi> der Zierrath waͤren; al-<lb/>
lein ich weiß ſelbſt nicht, wie er auf einmal<lb/>
auf die <hirendition="#fr">unverbrennliche Lampe,</hi> das <hirendition="#fr">ewi-<lb/>
ge Grabesfeur,</hi> fiel. Er verſicherte mich, daß<lb/>
er ſchon ſehr lange auf dieſe Art Lampen ge-<lb/>
dacht haͤtte, welche man zuweilen in den alten<lb/>
Graͤbern angetroffen haben will, die ohne Oel-<lb/>
zuguß eine ſo lange Zeit gebrannt haͤtten. Der<lb/>
gute Graf hatte noch manches von dieſem<lb/><hirendition="#fr">ewigen Grabesfeur,</hi> wie ers nannte, zu ſa-<lb/>
gen. Wie’s mir vorkam, hatte der Graf Luſt<lb/>
die Sache zu Kuͤnſten zu rechnen, die durch<lb/>
die Zeit verloren <choice><sic>gegangnn</sic><corr>gegangen</corr></choice>, (<hirendition="#aq">ſi fabula vera</hi>)<lb/>— und ſiehe da! Ein keichender Bote mit<lb/><fwplace="bottom"type="catch">einem</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[634/0648]
Wohnung zu. Der Graf und ich waren beym
Hingang ein Paar. Beym Ruͤckwege ſchloß
ſich der Prediger uns an. Ich buͤckte mich tief
gegen den Haufen Begleiter und Begleiterin-
nen. — Jedes, das mich anſahe, bedaurte mei-
nen Verluſt, und ſchien es zu empfinden, was
ich verloren hatte, ohne daß es jemand, auſ-
ſer dem Pfarrhauſe eigentlich wuſte.
Der Graf wolte mir ſeine Einrichtung
(wie er bemerkte, mich zu zerſtreuen,) noch
naͤher eroͤfnen, und fieng ſchon an, daß ſein
Bette wie ein Gewoͤlbe geſtaltet, und daß in
den Zimmern, die er ſelbſt unmittelbar inhaͤtte,
Urnen und Saͤrger der Zierrath waͤren; al-
lein ich weiß ſelbſt nicht, wie er auf einmal
auf die unverbrennliche Lampe, das ewi-
ge Grabesfeur, fiel. Er verſicherte mich, daß
er ſchon ſehr lange auf dieſe Art Lampen ge-
dacht haͤtte, welche man zuweilen in den alten
Graͤbern angetroffen haben will, die ohne Oel-
zuguß eine ſo lange Zeit gebrannt haͤtten. Der
gute Graf hatte noch manches von dieſem
ewigen Grabesfeur, wie ers nannte, zu ſa-
gen. Wie’s mir vorkam, hatte der Graf Luſt
die Sache zu Kuͤnſten zu rechnen, die durch
die Zeit verloren gegangen, (ſi fabula vera)
— und ſiehe da! Ein keichender Bote mit
einem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 634. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/648>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.