Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

sehen hatte, allein zu singen an: Sie stand
dicht am Sarge -- --

Gehabt euch wohl, ihr meine Freund'
die ihr aus Liebe um mich weint -- --

Die ganze Gemeine antwortete mit dem Liede:

Nun laßt uns den Leib begraben!

und so giengs durchs ganze Lied hindurch.
Es waren zwey Gehabt euch wohl Sänger,
und zwey Gehabt euch wohl Sängerinnen
in der L -- Gemeine,
die bey dieser Cere-
monie weiß gekleidet waren, ein Alter, eine
Alte, ein Jüngling, ein Mädchen.

Ich will sehr gern zugeben, daß nicht
alle, sagte mir der Prediger, nachdem wir
Minen in ihre Schlafkammer begleitet hatten,
die Art billigen werden, einen Todten redend
einzuführen, und ihm Abschiedsworte in den
Mund zu legen; wenn wir aber hoffen, daß
die Seel' in Gottes Hand sey und lebe, war-
um nicht?

So viel weiß ich, daß mich dieser Ueber-
fall anfangs erschüttert, nachhero sanft be-
wegt hat.

Die Strophe:

Mein Elend, wie auch mein Beschwerd,
wird nun verscharrt mit kühler Erd.
Was
R r 4

ſehen hatte, allein zu ſingen an: Sie ſtand
dicht am Sarge — —

Gehabt euch wohl, ihr meine Freund’
die ihr aus Liebe um mich weint — —

Die ganze Gemeine antwortete mit dem Liede:

Nun laßt uns den Leib begraben!

und ſo giengs durchs ganze Lied hindurch.
Es waren zwey Gehabt euch wohl Saͤnger,
und zwey Gehabt euch wohl Saͤngerinnen
in der L — Gemeine,
die bey dieſer Cere-
monie weiß gekleidet waren, ein Alter, eine
Alte, ein Juͤngling, ein Maͤdchen.

Ich will ſehr gern zugeben, daß nicht
alle, ſagte mir der Prediger, nachdem wir
Minen in ihre Schlafkammer begleitet hatten,
die Art billigen werden, einen Todten redend
einzufuͤhren, und ihm Abſchiedsworte in den
Mund zu legen; wenn wir aber hoffen, daß
die Seel’ in Gottes Hand ſey und lebe, war-
um nicht?

So viel weiß ich, daß mich dieſer Ueber-
fall anfangs erſchuͤttert, nachhero ſanft be-
wegt hat.

Die Strophe:

Mein Elend, wie auch mein Beſchwerd,
wird nun verſcharrt mit kuͤhler Erd.
Was
R r 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0645" n="631"/>
&#x017F;ehen hatte, allein zu &#x017F;ingen an: Sie &#x017F;tand<lb/>
dicht am Sarge &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l> <hi rendition="#fr">Gehabt euch wohl, ihr meine Freund&#x2019;</hi> </l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">die ihr aus Liebe um mich weint</hi> &#x2014; &#x2014;</l>
        </lg><lb/>
        <p>Die ganze Gemeine antwortete mit dem Liede:</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l> <hi rendition="#fr">Nun laßt uns den Leib begraben!</hi> </l>
        </lg><lb/>
        <p>und &#x017F;o giengs durchs ganze Lied hindurch.<lb/>
Es waren zwey <hi rendition="#fr">Gehabt euch wohl Sa&#x0364;nger,</hi><lb/>
und zwey <hi rendition="#fr">Gehabt euch wohl Sa&#x0364;ngerinnen<lb/>
in der L &#x2014; Gemeine,</hi> die bey die&#x017F;er Cere-<lb/>
monie weiß gekleidet waren, ein Alter, eine<lb/>
Alte, ein Ju&#x0364;ngling, ein Ma&#x0364;dchen.</p><lb/>
        <p>Ich will &#x017F;ehr gern zugeben, daß nicht<lb/>
alle, &#x017F;agte mir der Prediger, nachdem wir<lb/>
Minen in ihre Schlafkammer begleitet hatten,<lb/>
die Art billigen werden, einen Todten redend<lb/>
einzufu&#x0364;hren, und ihm Ab&#x017F;chiedsworte in den<lb/>
Mund zu legen; wenn wir aber hoffen, daß<lb/>
die Seel&#x2019; in Gottes Hand &#x017F;ey und lebe, war-<lb/>
um nicht?</p><lb/>
        <p>So viel weiß ich, daß mich die&#x017F;er Ueber-<lb/>
fall anfangs er&#x017F;chu&#x0364;ttert, nachhero &#x017F;anft be-<lb/>
wegt hat.</p><lb/>
        <p>Die Strophe:</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l> <hi rendition="#fr">Mein Elend, wie auch mein Be&#x017F;chwerd,</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">wird nun ver&#x017F;charrt mit ku&#x0364;hler Erd.</hi> </l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">R r 4</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Was</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[631/0645] ſehen hatte, allein zu ſingen an: Sie ſtand dicht am Sarge — — Gehabt euch wohl, ihr meine Freund’ die ihr aus Liebe um mich weint — — Die ganze Gemeine antwortete mit dem Liede: Nun laßt uns den Leib begraben! und ſo giengs durchs ganze Lied hindurch. Es waren zwey Gehabt euch wohl Saͤnger, und zwey Gehabt euch wohl Saͤngerinnen in der L — Gemeine, die bey dieſer Cere- monie weiß gekleidet waren, ein Alter, eine Alte, ein Juͤngling, ein Maͤdchen. Ich will ſehr gern zugeben, daß nicht alle, ſagte mir der Prediger, nachdem wir Minen in ihre Schlafkammer begleitet hatten, die Art billigen werden, einen Todten redend einzufuͤhren, und ihm Abſchiedsworte in den Mund zu legen; wenn wir aber hoffen, daß die Seel’ in Gottes Hand ſey und lebe, war- um nicht? So viel weiß ich, daß mich dieſer Ueber- fall anfangs erſchuͤttert, nachhero ſanft be- wegt hat. Die Strophe: Mein Elend, wie auch mein Beſchwerd, wird nun verſcharrt mit kuͤhler Erd. Was R r 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/645
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 631. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/645>, abgerufen am 23.11.2024.