sehen hatte, allein zu singen an: Sie stand dicht am Sarge -- --
Gehabt euch wohl, ihr meine Freund' die ihr aus Liebe um mich weint -- --
Die ganze Gemeine antwortete mit dem Liede:
Nun laßt uns den Leib begraben!
und so giengs durchs ganze Lied hindurch. Es waren zwey Gehabt euch wohl Sänger, und zwey Gehabt euch wohl Sängerinnen in der L -- Gemeine, die bey dieser Cere- monie weiß gekleidet waren, ein Alter, eine Alte, ein Jüngling, ein Mädchen.
Ich will sehr gern zugeben, daß nicht alle, sagte mir der Prediger, nachdem wir Minen in ihre Schlafkammer begleitet hatten, die Art billigen werden, einen Todten redend einzuführen, und ihm Abschiedsworte in den Mund zu legen; wenn wir aber hoffen, daß die Seel' in Gottes Hand sey und lebe, war- um nicht?
So viel weiß ich, daß mich dieser Ueber- fall anfangs erschüttert, nachhero sanft be- wegt hat.
Die Strophe:
Mein Elend, wie auch mein Beschwerd, wird nun verscharrt mit kühler Erd.
Was
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ſehen hatte, allein zu ſingen an: Sie ſtand dicht am Sarge — —
Gehabt euch wohl, ihr meine Freund’ die ihr aus Liebe um mich weint — —
Die ganze Gemeine antwortete mit dem Liede:
Nun laßt uns den Leib begraben!
und ſo giengs durchs ganze Lied hindurch. Es waren zwey Gehabt euch wohl Saͤnger, und zwey Gehabt euch wohl Saͤngerinnen in der L — Gemeine, die bey dieſer Cere- monie weiß gekleidet waren, ein Alter, eine Alte, ein Juͤngling, ein Maͤdchen.
Ich will ſehr gern zugeben, daß nicht alle, ſagte mir der Prediger, nachdem wir Minen in ihre Schlafkammer begleitet hatten, die Art billigen werden, einen Todten redend einzufuͤhren, und ihm Abſchiedsworte in den Mund zu legen; wenn wir aber hoffen, daß die Seel’ in Gottes Hand ſey und lebe, war- um nicht?
So viel weiß ich, daß mich dieſer Ueber- fall anfangs erſchuͤttert, nachhero ſanft be- wegt hat.
Die Strophe:
Mein Elend, wie auch mein Beſchwerd, wird nun verſcharrt mit kuͤhler Erd.
Was
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ſehen hatte, allein zu ſingen an: Sie ſtand
dicht am Sarge — —
Gehabt euch wohl, ihr meine Freund’
die ihr aus Liebe um mich weint — —
Die ganze Gemeine antwortete mit dem Liede:
Nun laßt uns den Leib begraben!
und ſo giengs durchs ganze Lied hindurch.
Es waren zwey Gehabt euch wohl Saͤnger,
und zwey Gehabt euch wohl Saͤngerinnen
in der L — Gemeine, die bey dieſer Cere-
monie weiß gekleidet waren, ein Alter, eine
Alte, ein Juͤngling, ein Maͤdchen.
Ich will ſehr gern zugeben, daß nicht
alle, ſagte mir der Prediger, nachdem wir
Minen in ihre Schlafkammer begleitet hatten,
die Art billigen werden, einen Todten redend
einzufuͤhren, und ihm Abſchiedsworte in den
Mund zu legen; wenn wir aber hoffen, daß
die Seel’ in Gottes Hand ſey und lebe, war-
um nicht?
So viel weiß ich, daß mich dieſer Ueber-
fall anfangs erſchuͤttert, nachhero ſanft be-
wegt hat.
Die Strophe:
Mein Elend, wie auch mein Beſchwerd,
wird nun verſcharrt mit kuͤhler Erd.
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 631. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/645>, abgerufen am 23.11.2024.
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