mich ohngerechnet! -- Ich fühlt' jeden Her- zensstich, den er ausstand, den er überwand, und den lezten, lezten Todesstich, der ihm das Leben nahm! Ach! noch dehnet sich dieser Stich in meinem Busen -- Franz ist todt! todt! todt, todt! Rufe laut, überlaut, al- les was rufen kann: todt! -- und was nicht Sprache hat, halle nach: todt! -- Für mich alles todt, die ganze Welt todt -- mein Geliebter hin, alles hin -- Leben hin, Tod hin, ach selbst der Tod hin. Luise soll nicht in Franzens Arm sterben, o des schönen Todes in seinem Arm! So treflich soll Luise nicht sterben, so lebendig nicht gen Himmel kommen! Ha, schreckliche Nacht, die ich überstand! Ich fühl' es, keine werd' ich mehr überstehen -- ich träumte, was ich sang! Ahndungsvoll sprang ich auf im Traum, und Ahndung bestätigt diesen Todestraum: Franz ist todt! -- Ich rief im Walde, wo das Echo so oft Franz nachgerufen! Ich rief in den Wald: Franz -- keine Antwort. Nichts auf mein Franz, auf mein wiederholtes Franz! Echo bist du verstummt? Du rufst alles, nur Franz nicht -- kannst du den süssen leichten Namen Franz nicht mehr nachsprechen? Oder liegt es an mir, daß ich mir nicht getrau,
ihn
mich ohngerechnet! — Ich fuͤhlt’ jeden Her- zensſtich, den er ausſtand, den er uͤberwand, und den lezten, lezten Todesſtich, der ihm das Leben nahm! Ach! noch dehnet ſich dieſer Stich in meinem Buſen — Franz iſt todt! todt! todt, todt! Rufe laut, uͤberlaut, al- les was rufen kann: todt! — und was nicht Sprache hat, halle nach: todt! — Fuͤr mich alles todt, die ganze Welt todt — mein Geliebter hin, alles hin — Leben hin, Tod hin, ach ſelbſt der Tod hin. Luiſe ſoll nicht in Franzens Arm ſterben, o des ſchoͤnen Todes in ſeinem Arm! So treflich ſoll Luiſe nicht ſterben, ſo lebendig nicht gen Himmel kommen! Ha, ſchreckliche Nacht, die ich uͤberſtand! Ich fuͤhl’ es, keine werd’ ich mehr uͤberſtehen — ich traͤumte, was ich ſang! Ahndungsvoll ſprang ich auf im Traum, und Ahndung beſtaͤtigt dieſen Todestraum: Franz iſt todt! — Ich rief im Walde, wo das Echo ſo oft Franz nachgerufen! Ich rief in den Wald: Franz — keine Antwort. Nichts auf mein Franz, auf mein wiederholtes Franz! Echo biſt du verſtummt? Du rufſt alles, nur Franz nicht — kannſt du den ſuͤſſen leichten Namen Franz nicht mehr nachſprechen? Oder liegt es an mir, daß ich mir nicht getrau,
ihn
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mich ohngerechnet! — Ich fuͤhlt’ jeden Her-
zensſtich, den er ausſtand, den er uͤberwand,
und den lezten, lezten Todesſtich, der ihm das
Leben nahm! Ach! noch dehnet ſich dieſer
Stich in meinem Buſen — Franz iſt todt!
todt! todt, todt! Rufe laut, uͤberlaut, al-
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nicht Sprache hat, halle nach: todt! —
Fuͤr mich alles todt, die ganze Welt todt —
mein Geliebter hin, alles hin — Leben hin,
Tod hin, ach ſelbſt der Tod hin. Luiſe ſoll
nicht in Franzens Arm ſterben, o des ſchoͤnen
Todes in ſeinem Arm! So treflich ſoll Luiſe
nicht ſterben, ſo lebendig nicht gen Himmel
kommen! Ha, ſchreckliche Nacht, die ich
uͤberſtand! Ich fuͤhl’ es, keine werd’ ich mehr
uͤberſtehen — ich traͤumte, was ich ſang!
Ahndungsvoll ſprang ich auf im Traum, und
Ahndung beſtaͤtigt dieſen Todestraum: Franz
iſt todt! — Ich rief im Walde, wo das
Echo ſo oft Franz nachgerufen! Ich rief in
den Wald: Franz — keine Antwort. Nichts
auf mein Franz, auf mein wiederholtes Franz!
Echo biſt du verſtummt? Du rufſt alles, nur
Franz nicht — kannſt du den ſuͤſſen leichten
Namen Franz nicht mehr nachſprechen? Oder
liegt es an mir, daß ich mir nicht getrau,
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 596. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/608>, abgerufen am 27.11.2024.
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