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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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beym Examen bestand, den Candidatentitel
zu entziehen. Ich weiß nicht, ob ich schon
wo bemerkt habe, daß er kein Curländer von
Geburt war, und daß man ihm seine Litte-
ratenwürde aus der ersten Hand nicht wider-
legen konnte.

Ich merkt' aus meiner Munterkeit, daß
ich diese Nacht Minchens wegen eben so we-
nig schlafen würde, als ich die vorige Nacht
des neuen Bettes halber geschlafen; indessen
sah ich dem Herrn Candidaten, meinem sehr
werthen Herrn Collegen, der seine Bouteille
Wein ausgetrunken und seinen Teller mit
Tobak bis auf eine halbe Pfeife ausgeraucht
hatte, an, daß er schlaftrunken war. Wein
und Tobak hatten hiebey, wie es mir vorkam,
nicht den mindesten Einfluß. Er fieng mit
mir zu complimentiren an, in welchem Bett
ich schlafen wolte und verlangte durchaus das
Bette, wo das Depositum lag, weil das, so
ich ihm bestimmt hatte, und in welchem mein
Vater geschlafen, mit einem Gesimse war.
Vorhänge konnten in dem Hause des Herrn
v. G. an dem Bette nicht seyn. Ich glaube,
sagte der Herr Candidat, da wir über diesen
Umstand sprachen, Herr v. G. hätte, wenn
er Adam im Paradiese gewesen, sich keine

Schürze

beym Examen beſtand, den Candidatentitel
zu entziehen. Ich weiß nicht, ob ich ſchon
wo bemerkt habe, daß er kein Curlaͤnder von
Geburt war, und daß man ihm ſeine Litte-
ratenwuͤrde aus der erſten Hand nicht wider-
legen konnte.

Ich merkt’ aus meiner Munterkeit, daß
ich dieſe Nacht Minchens wegen eben ſo we-
nig ſchlafen wuͤrde, als ich die vorige Nacht
des neuen Bettes halber geſchlafen; indeſſen
ſah ich dem Herrn Candidaten, meinem ſehr
werthen Herrn Collegen, der ſeine Bouteille
Wein ausgetrunken und ſeinen Teller mit
Tobak bis auf eine halbe Pfeife ausgeraucht
hatte, an, daß er ſchlaftrunken war. Wein
und Tobak hatten hiebey, wie es mir vorkam,
nicht den mindeſten Einfluß. Er fieng mit
mir zu complimentiren an, in welchem Bett
ich ſchlafen wolte und verlangte durchaus das
Bette, wo das Depoſitum lag, weil das, ſo
ich ihm beſtimmt hatte, und in welchem mein
Vater geſchlafen, mit einem Geſimſe war.
Vorhaͤnge konnten in dem Hauſe des Herrn
v. G. an dem Bette nicht ſeyn. Ich glaube,
ſagte der Herr Candidat, da wir uͤber dieſen
Umſtand ſprachen, Herr v. G. haͤtte, wenn
er Adam im Paradieſe geweſen, ſich keine

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[50/0056] beym Examen beſtand, den Candidatentitel zu entziehen. Ich weiß nicht, ob ich ſchon wo bemerkt habe, daß er kein Curlaͤnder von Geburt war, und daß man ihm ſeine Litte- ratenwuͤrde aus der erſten Hand nicht wider- legen konnte. Ich merkt’ aus meiner Munterkeit, daß ich dieſe Nacht Minchens wegen eben ſo we- nig ſchlafen wuͤrde, als ich die vorige Nacht des neuen Bettes halber geſchlafen; indeſſen ſah ich dem Herrn Candidaten, meinem ſehr werthen Herrn Collegen, der ſeine Bouteille Wein ausgetrunken und ſeinen Teller mit Tobak bis auf eine halbe Pfeife ausgeraucht hatte, an, daß er ſchlaftrunken war. Wein und Tobak hatten hiebey, wie es mir vorkam, nicht den mindeſten Einfluß. Er fieng mit mir zu complimentiren an, in welchem Bett ich ſchlafen wolte und verlangte durchaus das Bette, wo das Depoſitum lag, weil das, ſo ich ihm beſtimmt hatte, und in welchem mein Vater geſchlafen, mit einem Geſimſe war. Vorhaͤnge konnten in dem Hauſe des Herrn v. G. an dem Bette nicht ſeyn. Ich glaube, ſagte der Herr Candidat, da wir uͤber dieſen Umſtand ſprachen, Herr v. G. haͤtte, wenn er Adam im Paradieſe geweſen, ſich keine Schuͤrze

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/56>, abgerufen am 27.04.2024.