gen. Sie ist eingegangen zu ihres Herrn Freude! -- Mir fielen, sagt' er, da er mir diesen Sterbenslauf und den Umstand, daß sie ihr Haupt gehoben, erzählte, die Wort' ein:
Wenn dieses anfähet zu geschehen, so sehet auf, und hebet eure Häupter auf, darum daß sich eure Erlösung nahet. Die Predigerin, als ob es ihr jemand gesagt hätte, empfand, daß ein Todter in ihrem Hause wäre, und ward so unruhig, daß der gute Prediger Mühe hatte, ihr alles auf eine für sie erträgliche Art beyzubringen. Er, und seine Tochter, konnten nicht von der Leiche kommen! --
Gretchen nahm, um den lezten Willen der Seligen zu erfüllen, ihren Brief an sich, die sie neben ihr fand. Sie küßte sie, und bat ihren Vater, sie zu versiegeln. -- Sie lasen beide keine Sylbe. --
Der Prediger schrieb an seinen Bruder in Königsberg, mich zu erfragen, und mich zu allem vorzubereiten. Er bat ihn, Sorge zu tragen, daß ich wohlbehalten nach L -- käme. Wagen, Pferde, und Vorlegpferde, alles war von dem Testamentsvollstrecker be- forgt. Den Bruder bat er nur halb mit zu kommen; denn er wuste nicht, daß ich ihn
kannte
gen. Sie iſt eingegangen zu ihres Herrn Freude! — Mir fielen, ſagt’ er, da er mir dieſen Sterbenslauf und den Umſtand, daß ſie ihr Haupt gehoben, erzaͤhlte, die Wort’ ein:
Wenn dieſes anfaͤhet zu geſchehen, ſo ſehet auf, und hebet eure Haͤupter auf, darum daß ſich eure Erloͤſung nahet. Die Predigerin, als ob es ihr jemand geſagt haͤtte, empfand, daß ein Todter in ihrem Hauſe waͤre, und ward ſo unruhig, daß der gute Prediger Muͤhe hatte, ihr alles auf eine fuͤr ſie ertraͤgliche Art beyzubringen. Er, und ſeine Tochter, konnten nicht von der Leiche kommen! —
Gretchen nahm, um den lezten Willen der Seligen zu erfuͤllen, ihren Brief an ſich, die ſie neben ihr fand. Sie kuͤßte ſie, und bat ihren Vater, ſie zu verſiegeln. — Sie laſen beide keine Sylbe. —
Der Prediger ſchrieb an ſeinen Bruder in Koͤnigsberg, mich zu erfragen, und mich zu allem vorzubereiten. Er bat ihn, Sorge zu tragen, daß ich wohlbehalten nach L — kaͤme. Wagen, Pferde, und Vorlegpferde, alles war von dem Teſtamentsvollſtrecker be- forgt. Den Bruder bat er nur halb mit zu kommen; denn er wuſte nicht, daß ich ihn
kannte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0526"n="516"/>
gen. Sie iſt eingegangen zu ihres Herrn<lb/>
Freude! — Mir fielen, ſagt’ er, da er mir<lb/>
dieſen Sterbenslauf und den Umſtand, daß<lb/>ſie ihr Haupt gehoben, erzaͤhlte, die Wort’ ein:</p><lb/><p><hirendition="#fr">Wenn dieſes anfaͤhet zu geſchehen, ſo<lb/>ſehet auf, und hebet eure Haͤupter auf,<lb/>
darum daß ſich eure Erloͤſung nahet.</hi> Die<lb/>
Predigerin, als ob es ihr jemand geſagt haͤtte,<lb/>
empfand, daß ein Todter in ihrem Hauſe<lb/>
waͤre, und ward ſo unruhig, daß der gute<lb/>
Prediger Muͤhe hatte, ihr alles auf eine fuͤr<lb/>ſie ertraͤgliche Art beyzubringen. Er, und<lb/>ſeine Tochter, konnten nicht von der Leiche<lb/>
kommen! —</p><lb/><p>Gretchen nahm, um den lezten Willen<lb/>
der Seligen zu erfuͤllen, ihren Brief an ſich,<lb/>
die ſie neben ihr fand. Sie kuͤßte ſie, und<lb/>
bat ihren Vater, ſie zu verſiegeln. — Sie<lb/>
laſen beide keine Sylbe. —</p><lb/><p>Der Prediger ſchrieb an ſeinen Bruder<lb/>
in Koͤnigsberg, mich zu erfragen, und mich<lb/>
zu allem vorzubereiten. Er bat ihn, Sorge<lb/>
zu tragen, daß ich wohlbehalten nach L —<lb/>
kaͤme. Wagen, Pferde, und Vorlegpferde,<lb/>
alles war von dem Teſtamentsvollſtrecker be-<lb/>
forgt. Den Bruder bat er nur <hirendition="#fr">halb</hi> mit zu<lb/>
kommen; denn er wuſte nicht, daß ich ihn<lb/><fwplace="bottom"type="catch">kannte</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[516/0526]
gen. Sie iſt eingegangen zu ihres Herrn
Freude! — Mir fielen, ſagt’ er, da er mir
dieſen Sterbenslauf und den Umſtand, daß
ſie ihr Haupt gehoben, erzaͤhlte, die Wort’ ein:
Wenn dieſes anfaͤhet zu geſchehen, ſo
ſehet auf, und hebet eure Haͤupter auf,
darum daß ſich eure Erloͤſung nahet. Die
Predigerin, als ob es ihr jemand geſagt haͤtte,
empfand, daß ein Todter in ihrem Hauſe
waͤre, und ward ſo unruhig, daß der gute
Prediger Muͤhe hatte, ihr alles auf eine fuͤr
ſie ertraͤgliche Art beyzubringen. Er, und
ſeine Tochter, konnten nicht von der Leiche
kommen! —
Gretchen nahm, um den lezten Willen
der Seligen zu erfuͤllen, ihren Brief an ſich,
die ſie neben ihr fand. Sie kuͤßte ſie, und
bat ihren Vater, ſie zu verſiegeln. — Sie
laſen beide keine Sylbe. —
Der Prediger ſchrieb an ſeinen Bruder
in Koͤnigsberg, mich zu erfragen, und mich
zu allem vorzubereiten. Er bat ihn, Sorge
zu tragen, daß ich wohlbehalten nach L —
kaͤme. Wagen, Pferde, und Vorlegpferde,
alles war von dem Teſtamentsvollſtrecker be-
forgt. Den Bruder bat er nur halb mit zu
kommen; denn er wuſte nicht, daß ich ihn
kannte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/526>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.