Buch der Menschen streicht, gefallen -- machte sich bittre Vorwürfe. Ich bin Schuld an seinem Tode, schrie sie mahl auf mahl! Ich legt' ihm mehr auf, als er tragen konnte. Mine war so von Mitleiden und Kummer durchdrungen, daß sie nichts mehr, als ein erbarm dich Gott! über das andre ausrufen konnte. -- Sie fiel sich indessen selbst zur rech- ten Zeit ein. Stirbt er, sagte sie zu den be- wegten Leuten, die ihren Lehrling mit Thrä- nen in den Augen gebunden hatten. Stirbt er: werd ich ihn finden, wo man nicht rett sie! rett sie! mehr rufen darf. -- In den Wohnungen der Gerechten! -- Bald! bald werd' ich ihm folgen. -- Hilft ihm Gott, wie ich hoff' und bete; so bitt' ich ihm zu sagen, daß ein Frauenzimmer bey ihm gewesen, die ihre Hände zu Gott aufgehoben, da man die Seinigen gebunden hätte, die Kyrie Eleison gerufen. -- -- Sie konnte nicht ausreden -- so bewegt war sie. -- Sie gieng und kam wieder, faßt' ihn an und sagte Benjamin! -- Er sah sie mit starrem Blick an, wolte sich losreißen -- konnte nicht, und sie gieng be- trübt bis in den Tod! --
Benjamin hatte die Reise nach Mitau nicht bestelt. Mine dacht' aus dem: spannt
an,
Zweiter Th. B b
Buch der Menſchen ſtreicht, gefallen — machte ſich bittre Vorwuͤrfe. Ich bin Schuld an ſeinem Tode, ſchrie ſie mahl auf mahl! Ich legt’ ihm mehr auf, als er tragen konnte. Mine war ſo von Mitleiden und Kummer durchdrungen, daß ſie nichts mehr, als ein erbarm dich Gott! uͤber das andre ausrufen konnte. — Sie fiel ſich indeſſen ſelbſt zur rech- ten Zeit ein. Stirbt er, ſagte ſie zu den be- wegten Leuten, die ihren Lehrling mit Thraͤ- nen in den Augen gebunden hatten. Stirbt er: werd ich ihn finden, wo man nicht rett ſie! rett ſie! mehr rufen darf. — In den Wohnungen der Gerechten! — Bald! bald werd’ ich ihm folgen. — Hilft ihm Gott, wie ich hoff’ und bete; ſo bitt’ ich ihm zu ſagen, daß ein Frauenzimmer bey ihm geweſen, die ihre Haͤnde zu Gott aufgehoben, da man die Seinigen gebunden haͤtte, die Kyrie Eleiſon gerufen. — — Sie konnte nicht ausreden — ſo bewegt war ſie. — Sie gieng und kam wieder, faßt’ ihn an und ſagte Benjamin! — Er ſah ſie mit ſtarrem Blick an, wolte ſich losreißen — konnte nicht, und ſie gieng be- truͤbt bis in den Tod! —
Benjamin hatte die Reiſe nach Mitau nicht beſtelt. Mine dacht’ aus dem: ſpannt
an,
Zweiter Th. B b
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Buch der Menſchen ſtreicht, gefallen —
machte ſich bittre Vorwuͤrfe. Ich bin Schuld
an ſeinem Tode, ſchrie ſie mahl auf mahl!
Ich legt’ ihm mehr auf, als er tragen konnte.
Mine war ſo von Mitleiden und Kummer
durchdrungen, daß ſie nichts mehr, als ein
erbarm dich Gott! uͤber das andre ausrufen
konnte. — Sie fiel ſich indeſſen ſelbſt zur rech-
ten Zeit ein. Stirbt er, ſagte ſie zu den be-
wegten Leuten, die ihren Lehrling mit Thraͤ-
nen in den Augen gebunden hatten. Stirbt
er: werd ich ihn finden, wo man nicht rett
ſie! rett ſie! mehr rufen darf. — In den
Wohnungen der Gerechten! — Bald! bald
werd’ ich ihm folgen. — Hilft ihm Gott, wie
ich hoff’ und bete; ſo bitt’ ich ihm zu ſagen,
daß ein Frauenzimmer bey ihm geweſen, die
ihre Haͤnde zu Gott aufgehoben, da man die
Seinigen gebunden haͤtte, die Kyrie Eleiſon
gerufen. — — Sie konnte nicht ausreden —
ſo bewegt war ſie. — Sie gieng und kam
wieder, faßt’ ihn an und ſagte Benjamin! —
Er ſah ſie mit ſtarrem Blick an, wolte ſich
losreißen — konnte nicht, und ſie gieng be-
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Benjamin hatte die Reiſe nach Mitau
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/393>, abgerufen am 22.11.2024.
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