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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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Aufruhr in jeder Ader, das Blut schien alle
Aderdämme brechen zu wollen. -- Doch!
sie selbst --

Gott sey gelobt und gebenedeyt! Ich hab'
überwunden! Ich bin wieder ruhig, und wieder
gut! -- O lieber Mann, man hat mir erzählt,
daß eh' die lezte Todesangst eintritt, jeder Ster-
bende entsetzlich unruhig sey, da er nichts
weiter kann, soll er das Deckbette reißen --
unsere Mutter riß es nicht. -- So, lieber
Mann, war ich gestern! ich riß das Deck-
bett' und warf mich gräslich, bald zur Rech-
ten, bald zur Linken. -- Allein nach dieser
Unruhe folgt bey Sterbenden was -- der
Name des Herrn sey gelobt! Bey mir folgte
-- sanfte, sanfte Ergebung. -- Ich gieng
noch mit einem aufgewiegelten Herzen, mit
siedendem Blut. -- Alle Adern schienen mir
den Dienst aufzusagen, und wolten springen
-- so gieng ich in die Kirche -- zum lezten-
mal, dacht' ich! Gewiß ein rührender Ge-
danke; mir war ers nicht. -- Ich fieng an
zu beten, ich drückte die Augen dicht zum
Gebet zu; allein konnt' ich? -- Die Augen
rissen sich los. Sie hielten nicht zusammen,
und ich mußte das Kirchengestühl ansehen,
wo der Verführer mich zur allgemeinen Stöh-

rung
Z 5

Aufruhr in jeder Ader, das Blut ſchien alle
Aderdaͤmme brechen zu wollen. — Doch!
ſie ſelbſt —

Gott ſey gelobt und gebenedeyt! Ich hab’
uͤberwunden! Ich bin wieder ruhig, und wieder
gut! — O lieber Mann, man hat mir erzaͤhlt,
daß eh’ die lezte Todesangſt eintritt, jeder Ster-
bende entſetzlich unruhig ſey, da er nichts
weiter kann, ſoll er das Deckbette reißen —
unſere Mutter riß es nicht. — So, lieber
Mann, war ich geſtern! ich riß das Deck-
bett’ und warf mich graͤslich, bald zur Rech-
ten, bald zur Linken. — Allein nach dieſer
Unruhe folgt bey Sterbenden was — der
Name des Herrn ſey gelobt! Bey mir folgte
— ſanfte, ſanfte Ergebung. — Ich gieng
noch mit einem aufgewiegelten Herzen, mit
ſiedendem Blut. — Alle Adern ſchienen mir
den Dienſt aufzuſagen, und wolten ſpringen
— ſo gieng ich in die Kirche — zum lezten-
mal, dacht’ ich! Gewiß ein ruͤhrender Ge-
danke; mir war ers nicht. — Ich fieng an
zu beten, ich druͤckte die Augen dicht zum
Gebet zu; allein konnt’ ich? — Die Augen
riſſen ſich los. Sie hielten nicht zuſammen,
und ich mußte das Kirchengeſtuͤhl anſehen,
wo der Verfuͤhrer mich zur allgemeinen Stoͤh-

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[361/0369] Aufruhr in jeder Ader, das Blut ſchien alle Aderdaͤmme brechen zu wollen. — Doch! ſie ſelbſt — Gott ſey gelobt und gebenedeyt! Ich hab’ uͤberwunden! Ich bin wieder ruhig, und wieder gut! — O lieber Mann, man hat mir erzaͤhlt, daß eh’ die lezte Todesangſt eintritt, jeder Ster- bende entſetzlich unruhig ſey, da er nichts weiter kann, ſoll er das Deckbette reißen — unſere Mutter riß es nicht. — So, lieber Mann, war ich geſtern! ich riß das Deck- bett’ und warf mich graͤslich, bald zur Rech- ten, bald zur Linken. — Allein nach dieſer Unruhe folgt bey Sterbenden was — der Name des Herrn ſey gelobt! Bey mir folgte — ſanfte, ſanfte Ergebung. — Ich gieng noch mit einem aufgewiegelten Herzen, mit ſiedendem Blut. — Alle Adern ſchienen mir den Dienſt aufzuſagen, und wolten ſpringen — ſo gieng ich in die Kirche — zum lezten- mal, dacht’ ich! Gewiß ein ruͤhrender Ge- danke; mir war ers nicht. — Ich fieng an zu beten, ich druͤckte die Augen dicht zum Gebet zu; allein konnt’ ich? — Die Augen riſſen ſich los. Sie hielten nicht zuſammen, und ich mußte das Kirchengeſtuͤhl anſehen, wo der Verfuͤhrer mich zur allgemeinen Stoͤh- rung Z 5

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/369>, abgerufen am 22.11.2024.