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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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er hielte dieses alles für Folgen seiner schwar-
zen West und Beinkleider und des Flors um
den linken Arm, ob gleich die Weste begossen
war. Gern hätt' er, in der ersten Hitze sei-
ner Erkenntlichkeit, das Gartengespräch mit
Herrn Herrmann über den Herrn v. G.
öffentlich wiederrufen: allein dieses würde sich
nicht geschickt haben. Die Worte: "Traget
die Groben
, weil ihr höflich seid, waren ihm
unerträglich geworden, so erkenntlich war er,
und diese Anlage zur Erkenntlichkeit werden
sich meine Leser schon bei dem Feste der Deut-
schen angezeichnet haben.

Die Frau v. W. und die übrigen schrie-
ben die heilige Schwermuth des Herrn
v. G. auf die Rechnung des Sterbenden,
dem mein Vater in die andre Welt zu leuch-
ten gegangen war.

Ich hatte den Hauptschlüssel zu dem Her-
zen des Herrn v. G., den er bis dahin hin-
terhalten hatte. Jezt erzählt' er der Frau
v. W., was mit ihm und dem alten Manne
vorgefallen war, doch so, daß es alle hören
konnten. Wem hätt' er diese Geschicht' auch
besser dediciren können, als der Frau v. W.?
Der Herr v. G. sah es mir an, daß mir
diese Geschichte nicht neu wäre und ich fand

keine
B 2

er hielte dieſes alles fuͤr Folgen ſeiner ſchwar-
zen Weſt und Beinkleider und des Flors um
den linken Arm, ob gleich die Weſte begoſſen
war. Gern haͤtt’ er, in der erſten Hitze ſei-
ner Erkenntlichkeit, das Gartengeſpraͤch mit
Herrn Herrmann uͤber den Herrn v. G.
oͤffentlich wiederrufen: allein dieſes wuͤrde ſich
nicht geſchickt haben. Die Worte: „Traget
die Groben
, weil ihr hoͤflich ſeid, waren ihm
unertraͤglich geworden, ſo erkenntlich war er,
und dieſe Anlage zur Erkenntlichkeit werden
ſich meine Leſer ſchon bei dem Feſte der Deut-
ſchen angezeichnet haben.

Die Frau v. W. und die uͤbrigen ſchrie-
ben die heilige Schwermuth des Herrn
v. G. auf die Rechnung des Sterbenden,
dem mein Vater in die andre Welt zu leuch-
ten gegangen war.

Ich hatte den Hauptſchluͤſſel zu dem Her-
zen des Herrn v. G., den er bis dahin hin-
terhalten hatte. Jezt erzaͤhlt’ er der Frau
v. W., was mit ihm und dem alten Manne
vorgefallen war, doch ſo, daß es alle hoͤren
konnten. Wem haͤtt’ er dieſe Geſchicht’ auch
beſſer dediciren koͤnnen, als der Frau v. W.?
Der Herr v. G. ſah es mir an, daß mir
dieſe Geſchichte nicht neu waͤre und ich fand

keine
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[19/0025] er hielte dieſes alles fuͤr Folgen ſeiner ſchwar- zen Weſt und Beinkleider und des Flors um den linken Arm, ob gleich die Weſte begoſſen war. Gern haͤtt’ er, in der erſten Hitze ſei- ner Erkenntlichkeit, das Gartengeſpraͤch mit Herrn Herrmann uͤber den Herrn v. G. oͤffentlich wiederrufen: allein dieſes wuͤrde ſich nicht geſchickt haben. Die Worte: „Traget die Groben, weil ihr hoͤflich ſeid, waren ihm unertraͤglich geworden, ſo erkenntlich war er, und dieſe Anlage zur Erkenntlichkeit werden ſich meine Leſer ſchon bei dem Feſte der Deut- ſchen angezeichnet haben. Die Frau v. W. und die uͤbrigen ſchrie- ben die heilige Schwermuth des Herrn v. G. auf die Rechnung des Sterbenden, dem mein Vater in die andre Welt zu leuch- ten gegangen war. Ich hatte den Hauptſchluͤſſel zu dem Her- zen des Herrn v. G., den er bis dahin hin- terhalten hatte. Jezt erzaͤhlt’ er der Frau v. W., was mit ihm und dem alten Manne vorgefallen war, doch ſo, daß es alle hoͤren konnten. Wem haͤtt’ er dieſe Geſchicht’ auch beſſer dediciren koͤnnen, als der Frau v. W.? Der Herr v. G. ſah es mir an, daß mir dieſe Geſchichte nicht neu waͤre und ich fand keine B 2

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/25>, abgerufen am 23.11.2024.