selbst vom Verstande nichts; allein sie lehret uns von Dingen, die wir gar nicht kennen viel, und, was noch mehr ist, gelehrt -- reden. Von Dingen, die man weiß, von denen man überzeugt ist, spricht man nur wenig. Man handelt wie oben gezeigt wor- den. Dingen aber, von denen man nicht überzeugt ist, legt man durch eine gewisse Hitze einen Grund bey. Man legt es recht dazu an, sich dadurch, daß man den an- dern überzeugt, auch selbst zu überzeugen, und oft ist man hiebey glücklich, so daß man in der That auch hier durchs Lehren lernt. Es kann eine allgemeine Grammatik aller Spra- chen geben, so auch eine des Denkens, die nemlich allgemeine Regeln des Denkens ent- halten müßte. Was thun Wörter zur Gram- matik! Allgemeine Regeln der Sprachen würd' eine allgemeine Grammatik seyn. Vielleicht hätte die lateinische dazu all' Anlage. Die Dialektik ist die Logik des Scheins. Wahrheit ist der Inhalt der Erkenntnisse, mithin kann sie durch die Dialektik nicht erkannt werden. Die Dialektik trägt die Liverey des Verstan- des, sie ist die Kunst des Scheins, die Wis- senschaft der Sachwalter und der Sceptiker. -- Die Römer waren nicht speculativisch in
der
ſelbſt vom Verſtande nichts; allein ſie lehret uns von Dingen, die wir gar nicht kennen viel, und, was noch mehr iſt, gelehrt — reden. Von Dingen, die man weiß, von denen man uͤberzeugt iſt, ſpricht man nur wenig. Man handelt wie oben gezeigt wor- den. Dingen aber, von denen man nicht uͤberzeugt iſt, legt man durch eine gewiſſe Hitze einen Grund bey. Man legt es recht dazu an, ſich dadurch, daß man den an- dern uͤberzeugt, auch ſelbſt zu uͤberzeugen, und oft iſt man hiebey gluͤcklich, ſo daß man in der That auch hier durchs Lehren lernt. Es kann eine allgemeine Grammatik aller Spra- chen geben, ſo auch eine des Denkens, die nemlich allgemeine Regeln des Denkens ent- halten muͤßte. Was thun Woͤrter zur Gram- matik! Allgemeine Regeln der Sprachen wuͤrd’ eine allgemeine Grammatik ſeyn. Vielleicht haͤtte die lateiniſche dazu all’ Anlage. Die Dialektik iſt die Logik des Scheins. Wahrheit iſt der Inhalt der Erkenntniſſe, mithin kann ſie durch die Dialektik nicht erkannt werden. Die Dialektik traͤgt die Liverey des Verſtan- des, ſie iſt die Kunſt des Scheins, die Wiſ- ſenſchaft der Sachwalter und der Sceptiker. — Die Roͤmer waren nicht ſpeculativiſch in
der
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ſelbſt vom Verſtande nichts; allein ſie lehret
uns von Dingen, die wir gar nicht kennen
viel, und, was noch mehr iſt, gelehrt —
reden. Von Dingen, die man weiß, von
denen man uͤberzeugt iſt, ſpricht man nur
wenig. Man handelt wie oben gezeigt wor-
den. Dingen aber, von denen man nicht
uͤberzeugt iſt, legt man durch eine gewiſſe
Hitze einen Grund bey. Man legt es recht
dazu an, ſich dadurch, daß man den an-
dern uͤberzeugt, auch ſelbſt zu uͤberzeugen, und
oft iſt man hiebey gluͤcklich, ſo daß man in
der That auch hier durchs Lehren lernt. Es
kann eine allgemeine Grammatik aller Spra-
chen geben, ſo auch eine des Denkens, die
nemlich allgemeine Regeln des Denkens ent-
halten muͤßte. Was thun Woͤrter zur Gram-
matik! Allgemeine Regeln der Sprachen wuͤrd’
eine allgemeine Grammatik ſeyn. Vielleicht
haͤtte die lateiniſche dazu all’ Anlage. Die
Dialektik iſt die Logik des Scheins. Wahrheit
iſt der Inhalt der Erkenntniſſe, mithin kann
ſie durch die Dialektik nicht erkannt werden.
Die Dialektik traͤgt die Liverey des Verſtan-
des, ſie iſt die Kunſt des Scheins, die Wiſ-
ſenſchaft der Sachwalter und der Sceptiker.
— Die Roͤmer waren nicht ſpeculativiſch in
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/240>, abgerufen am 15.10.2024.
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