Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

Wagen und vier Pferde zu verkaufen, um
auszulangen. --

Vierzig Gulden war alles, was unser
Selige erübrigte, und ein Paar Füße, die
seine schwermüthige Seele mit genauer Noth
tragen konnten. Sein Leib wog nicht vier
Pfunde.

"Vierzig Gulden" sagt' er zu sich selbst,
und sah seinen ledig gewordenen Geldbeutel
an! Er hob' ihn und fühlt' es, daß auch er
noch zu schwer für seine Füße war. -- Wenn
sich doch Gott erbarmen wolte! rief er! hier
in der Welt ist's mit der Erbarmung aus!
Wenn doch Gott sich erbarmen wolte! --
Wenn er doch meine Thränen so zählen wolte,
wie die Schlucker mein Geld! Er hatt' auf
diesen sauren Tag eine angenehme Nacht; es
träumt' ihm, daß das Lusthäuschen und das
Gärtchen, welches wie er verarmte subhastirt
ward, ihm wieder zufielen, und alles so
grün, so schön, daß es ihn dünkte, als hör'
er die Stimme: Ey du frommer und ge-
treuer Knecht, du bist über wenig treu ge-
wesen, ich will dich über viel setzen, gehe
ein zu deines Herrn Freude
.

Was das für eine Freud' im Traum
war, schreibt' er, ist unaussprechlich! So

was

Wagen und vier Pferde zu verkaufen, um
auszulangen. —

Vierzig Gulden war alles, was unſer
Selige eruͤbrigte, und ein Paar Fuͤße, die
ſeine ſchwermuͤthige Seele mit genauer Noth
tragen konnten. Sein Leib wog nicht vier
Pfunde.

„Vierzig Gulden„ ſagt’ er zu ſich ſelbſt,
und ſah ſeinen ledig gewordenen Geldbeutel
an! Er hob’ ihn und fuͤhlt’ es, daß auch er
noch zu ſchwer fuͤr ſeine Fuͤße war. — Wenn
ſich doch Gott erbarmen wolte! rief er! hier
in der Welt iſt’s mit der Erbarmung aus!
Wenn doch Gott ſich erbarmen wolte! —
Wenn er doch meine Thraͤnen ſo zaͤhlen wolte,
wie die Schlucker mein Geld! Er hatt’ auf
dieſen ſauren Tag eine angenehme Nacht; es
traͤumt’ ihm, daß das Luſthaͤuschen und das
Gaͤrtchen, welches wie er verarmte ſubhaſtirt
ward, ihm wieder zufielen, und alles ſo
gruͤn, ſo ſchoͤn, daß es ihn duͤnkte, als hoͤr’
er die Stimme: Ey du frommer und ge-
treuer Knecht, du biſt uͤber wenig treu ge-
weſen, ich will dich uͤber viel ſetzen, gehe
ein zu deines Herrn Freude
.

Was das fuͤr eine Freud’ im Traum
war, ſchreibt’ er, iſt unausſprechlich! So

was
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0195" n="187"/>
Wagen und vier Pferde zu verkaufen, um<lb/>
auszulangen. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Vierzig Gulden war alles, was un&#x017F;er<lb/>
Selige eru&#x0364;brigte, und ein Paar Fu&#x0364;ße, die<lb/>
&#x017F;eine &#x017F;chwermu&#x0364;thige Seele mit genauer Noth<lb/>
tragen konnten. Sein Leib wog nicht vier<lb/>
Pfunde.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Vierzig Gulden&#x201E; &#x017F;agt&#x2019; er zu &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
und &#x017F;ah &#x017F;einen ledig gewordenen Geldbeutel<lb/>
an! Er hob&#x2019; ihn und fu&#x0364;hlt&#x2019; es, daß auch er<lb/>
noch zu &#x017F;chwer fu&#x0364;r &#x017F;eine Fu&#x0364;ße war. &#x2014; Wenn<lb/>
&#x017F;ich doch Gott erbarmen wolte! rief er! hier<lb/>
in der Welt i&#x017F;t&#x2019;s mit der Erbarmung aus!<lb/>
Wenn doch Gott &#x017F;ich erbarmen wolte! &#x2014;<lb/>
Wenn er doch meine Thra&#x0364;nen &#x017F;o za&#x0364;hlen wolte,<lb/>
wie die Schlucker mein Geld! Er hatt&#x2019; auf<lb/>
die&#x017F;en &#x017F;auren Tag eine angenehme Nacht; es<lb/>
tra&#x0364;umt&#x2019; ihm, daß das Lu&#x017F;tha&#x0364;uschen und das<lb/>
Ga&#x0364;rtchen, welches wie er verarmte &#x017F;ubha&#x017F;tirt<lb/>
ward, ihm wieder zufielen, und alles &#x017F;o<lb/>
gru&#x0364;n, &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n, daß es ihn du&#x0364;nkte, als ho&#x0364;r&#x2019;<lb/>
er die Stimme: <hi rendition="#fr">Ey du frommer und ge-<lb/>
treuer Knecht, du bi&#x017F;t u&#x0364;ber wenig treu ge-<lb/>
we&#x017F;en, ich will dich u&#x0364;ber viel &#x017F;etzen, gehe<lb/>
ein zu deines Herrn Freude</hi>.</p><lb/>
          <p>Was das fu&#x0364;r eine Freud&#x2019; im Traum<lb/>
war, &#x017F;chreibt&#x2019; er, i&#x017F;t unaus&#x017F;prechlich! So<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">was</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[187/0195] Wagen und vier Pferde zu verkaufen, um auszulangen. — Vierzig Gulden war alles, was unſer Selige eruͤbrigte, und ein Paar Fuͤße, die ſeine ſchwermuͤthige Seele mit genauer Noth tragen konnten. Sein Leib wog nicht vier Pfunde. „Vierzig Gulden„ ſagt’ er zu ſich ſelbſt, und ſah ſeinen ledig gewordenen Geldbeutel an! Er hob’ ihn und fuͤhlt’ es, daß auch er noch zu ſchwer fuͤr ſeine Fuͤße war. — Wenn ſich doch Gott erbarmen wolte! rief er! hier in der Welt iſt’s mit der Erbarmung aus! Wenn doch Gott ſich erbarmen wolte! — Wenn er doch meine Thraͤnen ſo zaͤhlen wolte, wie die Schlucker mein Geld! Er hatt’ auf dieſen ſauren Tag eine angenehme Nacht; es traͤumt’ ihm, daß das Luſthaͤuschen und das Gaͤrtchen, welches wie er verarmte ſubhaſtirt ward, ihm wieder zufielen, und alles ſo gruͤn, ſo ſchoͤn, daß es ihn duͤnkte, als hoͤr’ er die Stimme: Ey du frommer und ge- treuer Knecht, du biſt uͤber wenig treu ge- weſen, ich will dich uͤber viel ſetzen, gehe ein zu deines Herrn Freude. Was das fuͤr eine Freud’ im Traum war, ſchreibt’ er, iſt unausſprechlich! So was

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/195
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/195>, abgerufen am 03.10.2024.