Also auch für eine alte Familie: Ein neuer Edelmann, setzte sie, um es noch ein- drücklicher zu machen, hinzu, ist ein Baum, der noch nicht die Blattern gehabt, der noch nicht oculirt ist. -- Weiter lies sie ihr Ge- mahl nicht, das paßt, sagt' er, wie die Faust aufs Auge, und in Wahrheit, du weißt nicht, wer Koch oder Kellner ist. --
Von der Frau v. W. wieder einen Blick -- von ihrer liebenswürdigen Tochter ein Lächeln. Leben Sie wohl und glücklich, sagte die Frau v. W., -- und glücklich! hall'te die liebe Kleine nach. -- Die Worte fielen auf den jungen Herrn v. G.; allein das Aug' auf mich. --
Ich weiß nicht, wer auf den Gedanken kam, daß mein Reisegefehrt' seiner kleinen Braut einen Kuß geben solte. Ihrem Ret- ter auch einen, sagte Herr v. G., und die Frau v. W. als wenn sie darauf gewartet hätte, freylich kleine Undankbare, das soltest du von selbst thun -- ich nahm mich sehr un- geschickt dabey. Die arme Kleine ward roth über roth -- und da ich mich zum letzten- mal gegen sie beugte, trat ihr eine Thrän' in ihr blaues schönes Auge, welches so durch- schimmerte, wie ein Veilchen durch ein Thau-
tröpf-
Alſo auch fuͤr eine alte Familie: Ein neuer Edelmann, ſetzte ſie, um es noch ein- druͤcklicher zu machen, hinzu, iſt ein Baum, der noch nicht die Blattern gehabt, der noch nicht oculirt iſt. — Weiter lies ſie ihr Ge- mahl nicht, das paßt, ſagt’ er, wie die Fauſt aufs Auge, und in Wahrheit, du weißt nicht, wer Koch oder Kellner iſt. —
Von der Frau v. W. wieder einen Blick — von ihrer liebenswuͤrdigen Tochter ein Laͤcheln. Leben Sie wohl und gluͤcklich, ſagte die Frau v. W., — und gluͤcklich! hall’te die liebe Kleine nach. — Die Worte fielen auf den jungen Herrn v. G.; allein das Aug’ auf mich. —
Ich weiß nicht, wer auf den Gedanken kam, daß mein Reiſegefehrt’ ſeiner kleinen Braut einen Kuß geben ſolte. Ihrem Ret- ter auch einen, ſagte Herr v. G., und die Frau v. W. als wenn ſie darauf gewartet haͤtte, freylich kleine Undankbare, das ſolteſt du von ſelbſt thun — ich nahm mich ſehr un- geſchickt dabey. Die arme Kleine ward roth uͤber roth — und da ich mich zum letzten- mal gegen ſie beugte, trat ihr eine Thraͤn’ in ihr blaues ſchoͤnes Auge, welches ſo durch- ſchimmerte, wie ein Veilchen durch ein Thau-
troͤpf-
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Alſo auch fuͤr eine alte Familie: Ein
neuer Edelmann, ſetzte ſie, um es noch ein-
druͤcklicher zu machen, hinzu, iſt ein Baum,
der noch nicht die Blattern gehabt, der noch
nicht oculirt iſt. — Weiter lies ſie ihr Ge-
mahl nicht, das paßt, ſagt’ er, wie die
Fauſt aufs Auge, und in Wahrheit, du
weißt nicht, wer Koch oder Kellner iſt. —
Von der Frau v. W. wieder einen
Blick — von ihrer liebenswuͤrdigen Tochter
ein Laͤcheln. Leben Sie wohl und gluͤcklich,
ſagte die Frau v. W., — und gluͤcklich!
hall’te die liebe Kleine nach. — Die Worte
fielen auf den jungen Herrn v. G.; allein
das Aug’ auf mich. —
Ich weiß nicht, wer auf den Gedanken
kam, daß mein Reiſegefehrt’ ſeiner kleinen
Braut einen Kuß geben ſolte. Ihrem Ret-
ter auch einen, ſagte Herr v. G., und die
Frau v. W. als wenn ſie darauf gewartet
haͤtte, freylich kleine Undankbare, das ſolteſt
du von ſelbſt thun — ich nahm mich ſehr un-
geſchickt dabey. Die arme Kleine ward roth
uͤber roth — und da ich mich zum letzten-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/162>, abgerufen am 13.10.2024.
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